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“Dialog” ist ungleich “Debatte”, “niederschlagen” nicht synonym zu “Zwiegespräch”. Es ist nicht Aufgabe von Philosophie, etwas “durchzusetzen”, sondern zu “erörtern”, im Sinne von “abwägen”. Sie kann sich daher der “Debatte” enthalten, muss es aber nicht. Mündet diese in eine “Kontroverse”, demnach nur noch “entgegen gerichtet”, stelle sich die Frage, welcher “Zweck” darüber erfüllt werde. Ein “Argument” ist “Veranschaulichung”, “Darstellung”, zur “Begründung” einer anderen “Aussage” gebraucht. Es dient dem “Beweis” einer “These” oder “Kernaussage”. Wo keine “These” vertreten, kann es folglich nur zwei “Argumente” geben. Jenes, welches beweise, dass dennoch eine “These” vertreten werde, oder jenes, welches beweise, dass keine “Aussage” ohne “These” möglich. Dann wäre aber “Satz” synonym zu “Behauptung”. Und sollte dem so sein, wozu dann noch “Sätze”, “reden”?

Falschmeldung

Ónytjungur: “Was bringst du Neues von deiner Reise? Ich frage nur, da ich diesen Winter  jeden Tag hier ein seltsames Ereignis beobachte.”

Tilvera: “Und was soll deiner Ansicht nach seltsam sein?”

Ónytjungur: “Hast du keine Augen mehr im Kopf? Die Berge ringsum weinen jeden Tag schwarze Tränen auf ihr weißes Kleid!”

Tilvera: “In der Tat. Seit die Wissenschaftler das Klima hier aufzeichnen, so ist zu hören, war es zu keiner Zeit hier um diese Zeit so warm. Stürme lassen das Mittagsland, das sich aus welchen unerfindlichen Gründen auch immer selbst Abendland nennt, nun schon das zweite Jahr rechts liegen, und pusten die warme Luft im Winter lieber in den Norden. Und so ist es nun am Nordpol gerade mal so kalt wie in den Städten des Mittagslandes.”

Ónytjungur: “Du treibst üblen Schabernack mit mir.”

Tilvera: “Keineswegs. Es ist aber nichts, worüber du dir Sorgen machen solltest.”

Ónytjungur: “Soso. Glaube, mich daran erinnern zu können, dass ich dich dahingehend nicht um Rat gebeten hatte.”

Tilvera: “Nun, er ist auch kostenfrei. Ich bringe dir frohe Kunde. Ein Heiland ist uns geboren, er trat aus der Bedeutungslosigkeit hervor, von jubelndem Volk empor getragen in den Olymp. Nun sitzet er zu Rechten der Wissenschaftler, und lehrt sie. Es ist endlich das Ende des Zeitalters angebrochen, in welchem renomierte Forscher  ungerechtfertigterweise ihre Forschungsergebnisse aus langjähriger und akribischer Forschung als ermittelte Fakten ausgeben durften.”

Ónytjungur: “Forschung ist Betrug, deren Ergebnisse eine Lüge? Hirngespinste?”

Tilvera: “Nun, es verhält sich so, dass auch das geozentrische System damals besser mit jenem übereinstimmte, was  damals als gesunder Menschenverstand angesehen.”

Ónytjungur: “So ist also den Professoren ein Professor entwachsen, der nun Professor der Professoren?”

Tilvera: “Nicht ganz. Missgünstige Rivalen hatten zu seinem großen Leidwesen nichts unversucht gelassen,  um zu verhindern, dass er zeitlebens sein Genie durch Lehre und Studium erprobe. Und so war er verurteilt, sich mit dem Titel eines Bachelors abspeisen zu lassen, nicht einmal zu einem Masterstudiengang wurde er zugelassen.”

Ónytjungur: “Es kann der Klügste nicht studieren, was arge Missgunst ihm verweigert. Gibt es den Grad eines Bachelors in der Klimaforschung?”

Tilvera: “Nun, der Forschungsbereich, in dem er studierte, war mehr im Bereich Immobilienwirtschaft.”

Ónytjungur: “Dann dürfte er Kenntnisse erworben haben, wie die Häuser in Zukunft zu bauen sind, damit sie den starken Stürmen standhalten, mit denen hier auf Grund des Rückgangs des arktischen Eises gerechnet wird.”

Tilvera: “Nicht ganz. Bei seiner Forschungsarbeit ging es mehr um den Kauf und Verkauf von Immobilien.”

Ónytjungur: “Also darum, mit welcher Methode einer eine Immobilie am besten kauft, solange diese noch intakt ist, …”

Tilvera: “… und mit welcher Methode er sie am gewinnbringendsten verkauft, bevor sie zerstört ist. So ungefähr.”

Ónytjungur: “Und diese Person wurde nun in den Rang eines Professors der Professoren berufen?”

Tilvera: “Nicht ganz. Du kennst ja die Missgunst, die Genies Allerortens entgegenschlägt. Aber es bekümmert ihn nicht.”

Ónytjungur: “Darin zeigt sich wahre Größe.  So ist also über kurz oder lang damit zu rechnen, dass die Berge hier ringsum im Winter nicht mehr schwarze Tränen auf ihr weißes Kleid weinen, und der Winter eines Tages wieder zurückkehrt, so wie ihn die Einheimischen bisher gewohnt waren.”

Tilvera: “Nun, es gibt Verdachtsmomente, die besagen, dass es durchaus ein anderes Ende nehmen könnte.”

Ónytjungur: “Inwiefern?”

Tilvera: “Das Genie schätzt Golfplätze und Luxus-Ressorts.”

Ónytjungur: “Und?”

Tilvera: “Es ist folglich durchaus denkbar, dass seine überwältigende Weisheit dazu führt, dass deine Enkelkinder eines Tages aus diesem Grund nicht mehr im Winter auf die Kanaren zu fliegen brauchen, sondern gleich hier bleiben können.”

Ónytjungur: “Was hat das eine mit dem anderen zu schaffen?”

Tilvera: “Ich erinnere dich daran, dass sein Forschungsbereich der Kauf und Verkauf von Immobilien ist. Ein Luxus-Ressort mit Golfplatz ist eine Immobilie. Hast du schon jemals Golf auf einer Schneedecke gespielt?”

Ónytjungur: “Du weißt, dass ich im Falle, mich überfiele die Langeweile, bereits vollständig damit ausgelastet bin, faustgroße Steine mit meinem rechten Fuß in den See dort drüben zu kicken. Wozu sollte ich mir dann anderes Spielzeug zulegen wollen?”

Tilvera: “Steht dein Stein, den du dein Zuhause nennst, nicht an einem malerischen Plätzchen Erde?”

Ónytjungur: “Schon seit der Landnahme. Unwissende erzählen, hier würden sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Dabei gibt es hier gar keine Hasen, sondern nur Füchse.”

Tilvera: “Dann kann ich dir einen Bericht aus Schottland empfehlen. Aber Vorsicht, es gibt Leute, die behaupten, es würde sich um eine Falschmeldung handeln. Bei jenem, was Deine Augen dort sehen, könnte es sich durchaus auch um eine Fata Morgana handeln. Also um ein Trugbild.”

Ónytjungur: “Ich soll meinen Augen nicht mehr trauen können?”

Tilvera: “Es wurde ex cathedra verkündet. Er ist die Wahrheit und das Licht. Jenseits davon ist seitdem nur noch Lügenpresse, und  der Feind des Volkes möglich.”

Ónytjungur: “Lass mich raten, wer das Volk ist, und wer nicht, weiß er auch.”

Tilvera: “Das lässt sich in solchen Fällen immer leicht feststellen. Wer seine Stiefel leckt, gehört zum Volk, und wer sich weigert, ist der Feind des Volkes.”

Ónytjungur: “Da ist es doch gut, dass wir beide Trolle sind.”

Tilvera: “Was soll daran gut sein?”

Ónytjungur: “Trolle tragen gar keine Stiefel. Und wenn sie etwas lecken, dann nur leckere Eiscreme.”

Das Bier-Dilemma

troll-imadeWEB-1Ónytjungur: “Siehst Du dort diesen SUV, der gerade derart stümperhaft  in die Furt einfährt, dass ihn die Leute von ICE-SAR wieder herausziehen werden müssen? Was würdest du mir antworten, wenn ich dir sage, der Motor sei der Fahrer, und der Fahrer nur ein Trugbild deiner Phantasie?”

Tilvera: “Dass du, nachdem du so alt geworden bist,  wohl nicht mehr alle Tassen im Schrank hast, oder gestern Abend bei dem Live-Konzert im Enski Barinn etwas zu oft die Nase in die  Gläser  der Gäste gesteckt haben musst, die mit  Guinness gefüllt. Sonst würdest du dich noch daran erinnern, dass der Motor nur das Werkzeug ist, dessen sich der Fahrer bedient, der Fahrer hingegen nur dies tun kann, was ihm der Motor erlaubt. Oder hast du schon einen Motor gesehen, der von sich aus fährt, oder einen Autofahrer, der mit seinem Auto taucht oder fliegt?”

Ónytjungur: “Nur dort, wo der Fahrer in der Kurve zu schnell unterwegs, oder der Wasserstand des Flusses zu hoch.  Das war dann in aller Regel auch das Ende einer solchen spezifischen Fahrgemeinschaft. Nehme ich nun das Auto als Referenzgegenstand, so bewegen sich beide, wie du mir wohl eingestehen wirst, sowohl der Fahrer, als auch der Motor. Auch scheinst du mir vertraut zu sein mit dem Prinzip der Erklärungsebene.”

Tilvera: “Kann es sein, dass du gestern Abend deine Nase auch noch in eine Flasche Svarti dauði  gesteckt hast?”

Ónytjungur: “Keineswegs. Zumindest erinnere ich mich nicht mehr daran.  Können wir beide uns darauf einigen, dass es sowohl das Teil wie auch das Ganze gibt?”

Tilvera: “Es waren wohl auch noch härtere Sachen dabei, wie käme sonst eine solche dumme Frage zustande. Jedes Kind da unten in der Dorfschule weiß, dass Teil und Ganzes sich einander bedingen.”

Ónytjungur: “Schön.  Wie steht es mit den Begriffen Ursache und Eigenschaft? Bezogen sowohl auf das Auto dort als Ganzes, wie auch auf dessen Teile, also dem Fahrer und dem Motor.”

Tilvera: “Da werde ich wohl nicht darum herumkommen, das Teil vom Ganzen getrennt betrachten zu müssen, wie auch das Ganze getrennt von dessen Teilen.”

Ónytjungur: “Wie kommst du auf eine derart seltsame Idee, solch ein Vorgehen zu wählen?”

Tilvera: “Da das Ergebnis, so es ein logisches sein solle, und kein ideologisches, einzig und allein davon abhängt, was ich betrachte, also das Ganze, oder das Teil. Betrachte ich das Ganze, so ist der Fahrer eine Eigenschaft des Autos, welche dem Auto erst ermöglicht, sich zu  bewegen, betrachte ich das Teil, so ist der Fahrer jedoch die Ursache, die dazu führt, dass sich das Auto bewegt. Was ist nun der Fahrer, Eigenschaft oder Ursache?”

Ónytjungur: “Ich sehe, du bist mit dem Prinzip der Erklärungsebenen durchaus vertraut, wie auch mit der damit vorhandenen Logik. Allerdings wirst du wohl einräumen, dass da etwas widersprüchlich sein muss, denn es ist ein Unding, dass ein und dasselbe sowohl Eigenschaft als auch Ursache sein kann.”

Tilvera: “Das hängt davon ab, was du unter dem Wort Wissen verstehst, und was nicht.”

Ónytjungur: “Stecktest du deine Nase gestern Abend auch in die besagten Gläser?”

Tilvera: “Keineswegs.  Denn du kannst die Wirklichkeit als Wissen bezeichnen, also jenes, was ist. Du kannst aber auch die Wahrnehmung als Wissen bezeichnen, also jenes, was wird.  Alles nur eine Frage der Terminologie. Und der angewandten Methode.”

Ónytjungur: “Kann es sein, dass bei dir gestern Abend zufällig auch eine Flasche Svarti dauði  deinen Weg kreuzte?”

Tilvera: “Weil ich empirisch und naturwissenschaftlich vorgehe, und nicht idealistisch? Muss ich bei dir nun erst Platoniker werden, oder Neuplatoniker, fahrender Scholast, oder gar Philosoph?”

Ónytjungur: “Nun wirst du aber unvernünftig.”

Tilvera: “Bleib mir mit dem Wort Vernunft vom Leib. Es gibt wohl wenig Wörter, die mit einem solchen Umfang sich widersprechender oder undeutlicher Beschreibungen daherkommen. Ist es nicht seltsam, dass je undeutlicher eine Beschreibung, desto umfangreicher deren Gebrauch?”

Ónytjungur: “Nun, es dient der Erarbeitung dessen, was mit dem Wort gemeint, und was nicht.”

Tilvera: “Wohl eher zum Zwecke, anderen vorhandene Unvernunft zu unterstellen.  Oder willst du etwa behaupten, es wäre Ausdruck von Vernunft gewesen, als Menschen damals im Land der Biodeutschen dennoch einen Mitbürger jüdischen Glaubens heirateten, oder bei ihm einkauften, ihn gar verstecken? Es war nicht die Vernunft, die solche zu solchem Tun veranlasste, auch nicht die Moral, und schon gar nicht ein Gesetz, erst recht nicht eine Erziehung oder eine Ideologie.”

Ónytjungur: “Sondern?”

Tilvera: “Deren Selbst, über welches seit jeher jedes konkrete Individuum verfügte bis zu dessen Tod, in diesem Augenblick verfügt, so es denn lebe, und über ein solches auch in Zukunft jedes konkrete Individuum verfügen wird. Und kein einziges davon ist einem anderen gleich.”

Ónytjungur: “Soso. Und was ist dieses Selbst?”

Tilvera: “Das kann nur der jeweilige Eigentümer selbst herausfinden.”

Ónytjungur: “Und worauf begründet sich dann deine Behauptung, es gäbe so etwas?”

Tilvera: “Verhält es sich bei dir nicht so, dass es dein Selbst ist, mit dem du dein Ich identifizierst? Oder ist es etwa das eines Anderen? Und verhält es sich bei dir nicht so, dass du zwischen deinem Körper und deinem Ich unterscheidest? Und hat dieses dein Selbst eine Länge, eine Breite, eine Tiefe? Und falls nicht, hat es dann nicht andere Eigenschaften als dein Körper?”

Ónytjungur: “Bei dir waren wohl gestern Abend auch noch härtere Sachen dabei, als es ein Svarti dauði sein kann. Zu deiner Beruhigung, bei mir verhält es sich so, dass mein Selbst bei meinen Nachforschungen immer dasselbe war, sooft ich auch danach forschte, es folglich bereits mein ganzes Leben lang unverändert  bis jetzt existierte. Oder glaubst du etwa, ich wäre durch dein Geschwätz du geworden?”

Tilvera: “Das fehlte mir noch. Als wäre mein Unglück nicht bereits ohne dich schon groß genug. Könnte es demnach sein, dass auch das Gedachte nicht gedacht sein kann wie auch das Allgemeine nicht allgemein sein kann, ohne es zuerst vom Raum oder aus materiellen Eigenschaften zu abstrahieren? “

maltÓnytjungur: “Die Eigenschaften physikalischer Phänomene, also räumliche und zeitliche, sind bestimmten physikalischen Gesetzen untergeordnet, das kann dir jeder Physiker dort unten in der Dorfschule erklären, solltest du dahingehend noch Nachhilfe nötig haben. Und das bei deinem Alter!”

Tilvera: “Wie kommt es dann, dass du dir einbildest, du hättest ein Selbst, das ja – da du mir diesbezüglich nicht widersprachst – weder eine Länge, eine Breite, noch eine Tiefe hat?”

Ónytjungur: “Was hältst du davon, wenn wir beide uns  heute Abend ausnahmsweise mal im Cafe Hresso treffen, und ein  alkoholfreies Malt zischen?”

Menschen sind nicht als Untertanen anderer geboren

troll-imadeWEB-1Tilvera: „Es hat auch sein Gutes, unsichtbar zu sein.“

Ónytjungur: „Inwiefern?“

Tilvera: „Nun, es erspart anderen, zu glotzen, und mir das Schuldgefühl.“

Ónytjungur: „Inwiefern? Du sprichst immer noch in Rätseln. Dass gerne geglotzt wird, da solche dies irrtümlich mit Aufmerksamkeit verwechseln, ist hinlänglich bekannt. Allerdings ist dies noch kein Anlass, deswegen in sich Schuldgefühle zu entdecken, denn der Glotzer ist dazu unfähig, und das Objekt der Begierde des Glotzers daran unschuldig.“

Tilvera: „Es geht um jene, die mich nach Europa mitnahmen. Seitdem es zur Festung erklärt, ist sowohl unterlassene Hilfeleistung wie auch getane Hilfeleistung ein Straftatbestand. Unterblieb die Hilfeleistung, so drohen bis zu sechs Monate Gefängnis, führt die Unterlassung der Hilfeleistung zum Tod des Hilfsbedürftigen, drohen sogar bis zu einen Jahr Gefängnis.“

Ónytjungur: „Und im Falle, die Hilfeleistung werde getan?“

Tilvera: „Dann drohen bis zu 16 Jahre Gefängnis.“

Ónytjungur: „Dieser Unfug scheitert doch spätestens bei jedem Richter.“

Tilvera: „Das Gegenteil ist der Fall. Es ist dort nicht so, dass Gesetze erst durch Rechtsentscheid zu vorliegendem Rechtsstreit entstehen.”

Ónytjungur: „Und wozu beschäftigen sie dann dort noch Richter, und überlassen das Urteil nicht gleich Vollzugsbeamten? Sie ersparten sich damit wenigstens eine Menge Geld.”

Tilvera: „Die Mehrheit hat dort nun die Rolle des absolutistischen Monarchen inne, und die Mehrheit will auf Richter nicht verzichten. Sie nennen es Gewaltenteilung.”

Ónytjungur: „Wäre eine Teilung nach Kompetenz nicht sinnvoller gewesen? Ich erinnere mich da an jenen Richter, dem ein Bettler vorgeführt wurde, der seine Scheibe Brot, die ihm ein aufmerksamer Mensch überlassen hatte, in einer Gastwirtschaft über einen dampfenden Fleischtopf hielt, auf dass sich die Scheibe mit dem Geruch des Fleisches vollsauge.“

Tilvera: „Und?”

Ónytjungur: „Der Wirt bestand auf Bezahlung, und da der Bettler kein Geld hatte, zerrte er ihn vor den Richter.“

Tilvera: „Wie ging die Sache aus?“

Ónytjungur: „Der Richter hörte sich die Klage an, und gab daraufhin dem Kläger recht.“

Tilvera: „Der Bettler wurde wegen Zechprellerei verurteilt?“

Ónytjungur: „Nicht ganz. Der Richter teilte dem Kläger mit, dass er selbst für den Schaden aufkommen werde, da der Bettler offensichtlich über keine Barmittel oder Rücklagen verfüge. Er griff also in seine Hosentasche, und warf ein paar Münzen auf den Richtertisch.“

Tilvera: „Eine noble Geste.“

Ónytjungur: „In der Tat. Denn er sagte dem Kläger, der Klang dieses Geldes sei die gerechte Bezahlung für den Geruch seines Fleisches. Sammelte daraufhin die Münzen wieder ein, und ließ sie wieder in seiner Hosentasche verschwinden. Du verstehst nun, weswegen eine Teilung nach Kompetenz sinnvoller ist, und brauchbare Gesetze erst durch Rechtsentscheid zu vorliegendem Rechtsstreit entstehen?“

Tilera: „Sie sagen, sie hätten sich Regeln des Zusammenlebens gegeben, die einer einhalten sollte, wenn er dort leben wolle, sonst werde er ausgegrenzt oder sogar bestraft, denn so würden Gesellschaften funktionieren.“

Tilvera: „Nun, da wird von Gesellschaften gesprochen, nicht von Gemeinschaften, was ja nicht dasselbe ist, wie wir beide wissen. Da haben sie wohl etwas zu viel in einen Satz gepackt. Lass mich raten: Ex cathedra? Von einem unfehlbaren Papst gemäß seiner Vollmacht verkündet und damit wahr?“

Tilvera: „Weit gefehlt. Bereits Johannes XXIII hat damals zu Beginn seiner Amtszeit erklärt, er werde von dem Dogma keinen weiteren Gebrauch mehr machen. An dessen Stelle sind nun Päpste getreten, die zwar keine Päpste sind, aber nicht die Finger davon lassen wollen, sich für Päpste zu halten, auch noch für unfehlbare. Fühlt einer ihnen dann etwas auf den Zahn, pochen sie in aller Regel auf ihr Recht, frei die Meinung äußern zu dürfen, um die Antwort schuldig bleiben zu dürfen.“

Ónytjungur: „Was hoffentlich solchen nicht zum Vorwurf gemacht werde. Jeder hat schließlich das Recht, vor sich hin zu monologisieren. Zudem wird da ohnehin nur Behauptung und Belehrung mit Meinung verwechselt. In aller Regel kleine Machiavellis, ständig mit der Schlechtigkeit des Menschen rechnend, wovon sie selbstverständlich sich selbst ausnehmen. Der Enttheologisierung folgte die Entmoralisierung, und dieser die Blasierheit.“

Tilvera: „Wie kommst du auf Hochmut?“

Ónytjungur: „Wie sollte ich nicht. Ist es doch eine Frage des Kontrakts. Der Gemeinschaft, die hier an den Küsten siedelt, ist zum Beispiel die Pflicht zu Gehorsam und Unterordnung ein fremder Gedanke geblieben, nicht so aber bei den Gesellschaften draußen, wo verbesserte Gesundheit und höhere Lebenserwartung offensichtlich dazu führten, zur Zerstörung der Natur und der menschlichen Geisteshaltung den größten Anteil beizutragen. Sie haben sogar vergessen, dass Menschen nicht als Untertanen anderer geboren wurden.“

Tilvera: „Und was soll daran Hochmut sein?“

 Ónytjungur: „Ziehen sie nicht aus, damit die Welt an ihrem Wesen genese? Dabei merken sie noch nicht einmal, dass sie mittlerweile sogar hinter die spanischen Spätscholastiker zurückgefallen sind. Bereits vor 400 Jahren wurden die Sesshaften durch die Entdeckung, dass es neue Welten gebe, völlig unvorbereitet mit fremden Kulturen konfrontiert, und es war zu klären, wie sich gegen Indianern zu verhalten sei, was von Anfang an ein Rechtsproblem darstellte. Denn immerhin war zu klären, ob diese überhaupt Menschen waren, und ob sie gegebenenfalls Eigentumsrechte hätten. Das Ergebnis ist ja hinlänglich bekannt.“

Tilvera: „Nun, immerhin hat darauf aufbauend ein Bundesverfassungsgericht zur Vereinigungstheorie ausgeführt, im Falle, es sei das oberste Ziel des Strafens, die Gesellschaft vor sozialschädlichem Verhalten zu bewahren und die elementaren Werte des Gemeinschaftslebens zu schützen, müsse zunächst von dem Wert des verletzten Rechtsguts und dem Maß der Sozialschädlichkeit der Verletzungshandlung – auch im Vergleich mit anderen unter Strafe gestellten Handlungen – ausgegangen werden. Das Leben jedes einzelnen Menschen gehöre zu den höchsten Rechtsgütern, und die Pflicht des Staates, es zu schützen, ergebe sich bereits unmittelbar aus Artikel 2 des Grundgesetzes, sie folge darüber hinaus aus der ausdrücklichen Vorschrift des Artikel 1 des Grundgesetzes.“

Ónytjungur: „Und? Was hat es genutzt?“

Tilvera: „Nichts. Es sei denn, unter dem verwendeten Begriff des einzelnen Menschen sei nur der eigene Staatsbürger gemeint, tätige Hilfeleistung sei sozialschädlich, und im Vergleich zu anderen unter Strafe gestellte Handlungen – wie zum Beispiel unterlassene Hilfeleistung – sogar um ein Vielfaches sozialschädlicher.“

Ónytjungur: „Womit hinreichend über die dortigen elementaren Werte derer Gemeinschaftsleben ausgesagt.“

Kognitive Dissonanz

troll-imadeWEB-1Ónytjungur: „Was gibt es Neues von der wissenschaftsbasierten Informationsgesellschaft zu berichten? Die jüngsten Ereignisse hier verheißen nichts Gutes.“

Tilvera: „Die Zeit der Heroen ist endlich wieder angebrochen, die seit langem vermissten Dichter und Denker sind zurückgekehrt, erleben eine Renaissance.“

Ónytjungur: „Erfreulich, erfreulich. Du hast ihre Dichtung gelesen? Ist die Prosa gefällig?“

Tilvera: „Die eingesetzte Form der Prosa, obschon aufgewärmt, da dort schon einmal erfolgreich angewandt, findet nun immer mehr Anhänger, allerdings nennen sie diese dort nun Wissenschaft.“

Ónytjungur: „Ein Fortschritt. Sind es doch die Dichter, die Wissen besitzen, wie hier jeder weiß. Und was ist das Thema? Die Natur, die Liebe, der Mensch an sich, Innenleben, …?“

Tilvera: „Es dreht sich um Fragen des wahren Menschseins. Genau genommen um Wahrnehmungen, Gedanken, Meinungen, Einstellungen, Wünsche oder Absichten. Sie nennen es Kognitionen.“

Ónytjungur: „Interessant. Ein weites Feld.“

Tilvera: „Genau genommen, ein sehr begrenztes Feld. Es geht nur um die Frage, was zu tun ist, ob einem Menschen, der vor Mördern flieht, um nicht ermordet zu werden, dabei Hab und Gut verlor, Obdach zu gewähren sei, oder nicht.“

Ónytjungur: „Wie kommt’s? Die Frage ist seit Menschengedenken längst geklärt, von Generation zu Generation, in allen Kulturen, und unwidersprochen. Was gibt es da noch zu reden?“

Tilvera: „Da gab es die denkend abwägenden Psychologen noch nicht. Diese sagen nun, dass handeln falsch sei, denn es müsse vorher erst denkend abgewogen werden. Denn werde gehandelt, ohne vorher denkend abzuwägen, wäre eine Realitätsverweigerung zu diagnostizieren, und die Ursache wäre ein pathologischer Charakter. Entstanden aus Unwissenheit, Gedankenlosigkeit, schierer Angst, die Dinge an ihr Ende zu denken, Selbstbetrug, einer mentalen Schwäche. Verantwortlich dafür seien sogenannte Gesinnungsethiker, die unerfüllbare Maximalforderungen aufstellten, und abstrakte Ideale wie eine Monstranz vor sich her trügen. So sei der abwägend Denkende nun notwendig geworden, der Möglichkeiten an der Realität abgleiche.“

Ónytjungur: „Da hat wohl einer nicht verkraftet, dass die Wirklichkeit nicht hinter dem Display blieb, welches sogar hier jeder Besucher in der Einöde vor seine Nase hält, sondern plötzlich vor dem Display auftauchte. Aber da war sie doch immer, wie du und ich wissen, nur hat das offensichtlich von denen keiner bemerkt. Was kein Wunder ist, wenn die Nase ständig am Display klebt, und damit Wahrnehmungen, Gedanken, Wünsche und Absichten auf jenes ausgerichtet, was hinter dem Display sichtbar, und nicht vor dem Display gegeben.

Tilvera: „Nun, die denkend abwägenden Psychologen sehen sich selbst als ein dem Untergang geweihter Indianerstamm im Amazonasgebiet, und beanspruchen daher, geschützt zu werden wie Tibeter in China. Sie sehen sich selbst als indigenes Volk, und beanspruchen daher Schutz gemäß Resolution 61/295, der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte indigener Völker.“

Ónytjungur: „Lass mich raten: da diese Dichter Psychologen sind, die sich für Wissenschaftler halten, reden sie dabei keineswegs von sich, sondern selbstverständlich über andere. Ist es nicht so, dass Psychologen einmal als Beruf entstanden, um ein konkretes Individuum, das entweder für sich selbst oder für andere eine Gefahr für Leib und Leben darstellt, mit geeigneten Methoden zu therapieren, wozu  sich vordem niemand kompetent erklärte? Was haben die nun mit dem Plural zu schaffen?“

Tilvera: „Das war, bevor die denkend abwägenden Psychologen der wissenschaftsbasierten Informationsgesellschaft eine kollektive kognitive Dissonanz diagnostizierten.“

Ónytjungur: „Und was ist eine kognitive Dissonanz?“

Tilvera: „Ein unangenehm empfundenes Gefühl, das dadurch entsteht, dass ein Mensch mehrere Kognitionen hat, die nicht miteinander vereinbar sind. Sie ist situationsbedingt, und ist abhängig von getroffener Entscheidung, Gewahrwerdung, oder Verhalten.

Ónytjungur: „Ist dir eigentlich aufgefallen, dass diese Definition sich auf Einzahl bezieht, also auf ein konkretes Individuum, du aber vorher von Mehrzahl sprachst, also einem Kollektiv? Hast du auf deiner langen Reise die Fähigkeit zur Sprache verloren, fehlten dir unsere Dichter?“

Tilvera: „Ich berichte dir nur wahrheitsgetreu, bin daher auch nicht dafür verantwortlich.“

Ónytjungur: „Das hört sich alles sehr komplex an. Du machst mich neugierig. Nach derzeitigem Stand der Wissenschaft ist nur möglich, dass das Ergebnis aus Wahrnehmungen, Gedanken, Meinungen, Einstellungen, Wünsche und Absichten, das einer Person in ihrem  Leben als Summe widerfuhr, nur einzigartig sein kann, demnach nie mit einer anderen Person identisch. Du behauptest nun, dies sei nicht wahr.“

Tilvera: „Nicht ich bin es, der das behauptet. Ich bin nur derjenige, der davon berichtet. Wurdest du nie von einem Gefühl heimgesucht, dass du als unangenehm empfandst? Da du Unstimmigkeiten bei deinen Wahrnehmungen, Gedanken, Wünschen und Absichten entdecktest? Ich meine, bezogen auf deine Einstellungen und dein Verhalten.“

Ónytjungur: „Im Sommer jeden verdammten, langen Tag. Nicht aber im Winter.“

Tilvera: „Tatsächlich sind es aber nur fünf verschiedene Ereignisse, die zu einer kognitiven Dissonanz führen.“

Ónytjungur: „Dann könnte möglich sein, dass sogar ich es verstehe. Erzähl, nur keine Scheu!“

Tilvera: „Das Gefühl tritt zum Beispiel auf, wenn einer eine Entscheidung getroffen hat, obwohl die Alternativen ebenfalls attraktiv waren.“

Ónytjungur: „Mir ist ein solches Individuum schon begegnet. Es hatte sich für ein graues Auto entschieden, und war sein Leben lang totunglücklich darüber, dass es sich nicht für das rote Auto entschieden hatte. Oder der Mann, der eine Frau geheiratet hat, und dann … ich sehe aber keinen Zusammenhang …“

Tilvera: „Das Gefühl tritt auch auf, wenn einer eine Entscheidung getroffen hat, die sich als eine Fehlentscheidung herausstellte.“

Ónytjungur: „Auch das. Bei dem einen war aber die Ursache nicht die Farbe des Autos, sondern die Umgebung, die er damit aufsuchte, und bei dem anderen nicht die Ehefrau. Ich sehe immer noch keinen Zusammenhang …“

Tilvera: „Das Gefühl tritt auch dann auf, wenn einer gewahr wird, dass eine begonnene Sache anstrengender oder unangenehmer wird als erwartet.“

Ónytjungur: „Das stimmt. Der eine versuchte, mit seinem grauen Ford Fiesta die Krossa zu durchqueren, der andere jammerte darüber, dass seine Frau ihn vor die Alternative stelle, entweder wenigstens einmal in der Woche die Unterhose zu wechseln, oder auf kuscheln zu verzichten. Was hat das mit …“

Tilvera: „Das Gefühl tritt zum Beispiel auch dann auf, wenn einer große Anstrengungen auf sich genommen hat, nur um dann festzustellen, dass das Ziel den Erwartungen nicht gerecht wird.“

Ónytjungur: „Mir längst bekannt. Der eine schrie laut um Hilfe, in der Hoffnung, es höre einer die Hilferufe und eile herbei, denn das graue Auto war in der Krossa praktisch unsichtbar, wurde dadurch aber nur heiser, denn die Krossa war lauter, und der andere wechselte seine Unterhose, da war es aber schon zu spät, denn seine Frau war mittlerweile eingeschlafen. Du hast mir immer noch nicht gesagt …“

Tilvera: „Das Gefühl tritt zum Beispiel auf, wenn einer sich konträr zu seinen Überzeugungen verhält, ohne dass es dafür eine externe Rechtfertigung in Form von Nutzen bez. Belohnung oder Kosten bzw. Bestrafung gibt.“

Ónytjungur: „Auch das ist mir geläufig. Der eine war überzeugt, dass es in Italien Brücken gibt und warm ist, auch war er davon überzeugt, dass hier im Hochland Flüsse zu durchqueren sind, und er eigentlich ein geländegängiges Auto bräuchte, fuhr aber dennoch mit einem Ford Fiesta hierher, und der andere wechselte gegen seine Überzeugung jede Woche seines Lebens seine Unterhose, obschon es immer zu spät war. Was zum Teufel hat das alles damit zu tun, ob einem Menschen, der vor Mördern flieht, um nicht ermordet zu werden, dabei Hab und Gut verlor, Obdach zu gewähren ist, oder nicht?“

Tilvera: „Das Problem ist, dass dabei Einstellungen und Verhalten als widersprüchlich empfunden werden, und – da das Verhalten freiwillig geschah – eine körperliche Erregung eintrat, wofür dieses Verhalten verantwortlich ist.“

Ónytjungur: „Interessant. Gibt es eine Rettung aus dem, was da als Dilemma aufgefasst?“

Tilvera: „Die abwägend denkenden Psychologen gehen davon aus, dass dafür vier Schritte notwendig wären. Mit welchen der Schritte begonnen werde, sei unerheblich.“

Ónytjungur: „Als da sind?“

Tilvera: „Um das zugrunde liegende Problem zu lösen, wäre notwendig, den Blickwinkel zu ändern, damit neue Lösungswege erkannt werden können. Mit der Lösung verschwinde auch die Dissonanz.“

Ónytjungur: „Genial. Sobald die Menschen Kriegsflüchtlinge nicht für Kriegsflüchtlinge halten, die vor Mördern fliehen, um nicht ermordet zu werden, und dabei Hab und Gut verloren, eröffnen sich neue Lösungswege, die vordem ja deswegen nicht erkannt wurden, da ja noch die Kriegsflüchtlinge irrtümlich für Kriegsflüchtlinge gehalten wurden, die vor Mördern fliehen, um nicht ermordet zu werden, und dabei Hab und Gut verloren.“

Tilvera: „Ein anderer Schritt wäre, die Wünsche, Absichten oder Einstellungen aufzugeben.“

Ónytjungur: „Noch besser. Bieten die denkend abwägenden Psychologen auch Einrichtungen an, in denen sie Umschulungen anbieten, so dass Wünsche und Absichten, oder die Einstellung, Menschen Obdach zu gewähren, die vor Mördern fliehen, um nicht ermordet zu werden, und dabei Hab und Gut verloren, sich dahingehend verändern, diesen nicht mehr Obdach gewähren zu wollen?“

Tilvera: „Es wäre auch möglich, die körperliche Erregung zu dämpfen, was durch Sport, ausgleichende Aktivitäten, Ruhe, Vermeidung von vermeidbarem Stress, Meditation, aber auch durch Alkoholkonsum, Beruhigungsmittel, Tabak oder andere Drogen möglich wäre.

Ónytjungur: „Das bringt mich auf eine Idee. Gibt es nicht eventuell die Möglichkeit, an die abwägend denkenden Psychologen Gutscheine auszugeben, für das Fitness-Studio, oder Meditationskurse, oder Freibier bis zum abwinken? Immerhin würde dadurch erreicht werden, dass jene, die nicht von kognitiver Dissonanz befallen wie jene abwägend denkenden Psychologen, endlich von deren Geschwätz befreit werden, abwägend denkende Psychologen möglicherweise darüber sogar ihre Einstellung änderten, also eines fernen Tages Menschen in Not Obdach gewähren wollen.“

Tilvera: „Aber die abwägend denkenden Psychologen sind es doch nicht, die an kognitiver Dissonanz leiden, sondern jene, die Kriegsflüchtlingen Obdach gewähren, da die vor Mördern fliehen, um nicht ermordet zu werden, und dabei Hab und Gut verloren.“

Ónytjungur: „Soso, ist das so? Ist dir auf deinen Reisen schon einmal das Wort Gewissen begegnet?“

Tilvera: „Wo ich auch hin kam. Was aber hat das Wort mit kognitiver Dissonanz zu tun?“

Ónytjungur: „Nun, Gewissen ist das Gefühl der inneren Ruhe oder Unruhe, das in das Bewusstsein tritt, wenn eine vorgehabte, begangene oder unterlassene Tat im Einklang oder Widerspruch zu einem moralischen Grundsatz steht, der für eine Person verbindlich ist. Was wäre daraus zu schließen, ich meine, bezogen auf Psychologen, die dichten, da sie sich für Wissenschaftler halten?”

Tilvera: „Dass ein Esel ein Esel bleibt, auch wenn er eine Melone frisst?“

fr

Dissonance cognitive

Der Ball und die Verantwortung

troll-imadeWEB-1Tilvera: „Es ist davon zu lesen, der Ausgang der Abstimmung einer Nation hinsichtlich der Frage, ob sie in der EU bleiben soll oder nicht, zeige einen wesentlichen Unterschied zwischen plebiszitärer Demokratie und repräsentativer Demokratie.“

Ónytjungur: „Inwiefern?“

Tilvera: „Nun, er ist Philosoph, er weiß daher, wovon er redet. Er wirft das Argument in den Ring, dass Erstere zwar direkter erscheinen mag, denn es geschehe, was das Staatsvolk sage, tatsächlich würden in ihr aber die Verantwortlichkeiten verloren gehen. Dem gegenüber weise aber eine Wahl in einer repräsentativen Demokratie klar Verantwortung zu.“

Ónytjungur: „Es ist immer gut, Schein von Tatsachen unterscheiden zu können.“

Tilvera: „Demnach muss das, was das Staatsvolk sage, Schein sein, denn tatsächlich – folge ich der Behauptung – wolle es etwas ganz anderes sagen.“

Ónytjungur: „Und was es tatsächlich sagen wolle, wissen nur jene, die nicht so sagen.“

Tilvera: „Und wozu lassen diese dann das Staatsvolk überhaupt was sagen?“

Ónytjungur: „Vielleicht ist es die Großzügigkeit des Repräsentanten, die dem Staatsvolk das Recht auf freie Meinungsäußerung gewährt.“

Tilvera: „Wenn es nun so ist, dass das, was das Staatsvolk sage, nur Schein ist, und nur die Repräsentanten wissen, was das Staatsvolk tatsächlich sage, repräsentierten diese dann nicht nur den Schein?“

Ónytjungur: „Das hängt davon ab, was du mit dem Fremdwort repräsentieren meinst. Meinst du damit vertreten, dann repräsentieren sie nicht, mit der Begründung, dass dies notwendig sei, um zu repräsentieren, meinst du aber typisch sein für etwas, dann kannst du von repräsentieren sprechen, wäre dann aber von diesem etwas abhängig. Könntest du  dieses etwas eventuell etwas typisieren?“

Tilvera: „Das ist eine schwierige Aufgabe.“

Ónytjungur: „Interessant ist auch die Einzahl Verantwortung, auf Mehrzahl angewendet. Wie habe ich mir das vorzustellen? Ist damit nicht die Mehrzahl für nichts mehr verantwortlich, was ja für alle gelten müsse, da jeder von ihnen ja Element der Mehrzahl Verantwortlichkeiten, und keiner von diesen ja Repräsentant, an den Verantwortung abgegeben? Und wer ist dieser Repräsentant?“

Tilvera: „Da verhält es sich vermutlich so, wie es sich bei Gesellschaft verhält. Du erinnerst dich noch an die Worte des Dichters Halldór Laxness, die er in seinen Kindheitserinnerungen Í túninu heima festhielt?“

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Foto: ALGORITHMICS á Íslandi

Ónytjungur: „Sogar wörtlich: Die Gesellschaft existierte nicht einmal, als ich aufwuchs. Wir wollen hoffen, dass es sie heute gibt, damit man sie verbessern kann, obwohl ihre Anschrift unbekannt ist und es nicht möglich ist, sie vor Gericht zu belangen. Neulich fragte ich einen intelligenten Bekannten, ob er wisse, was die Gesellschaft für ein Verein sei: das Volk, die Regierung, das Alþing, oder vielleicht die Summe von all dem?“

Tilvera: „Nun, dem Philosophen zufolge kann das Staatsvolk schon mal nicht Repräsentant sein, bliebe noch die Regierung und das Parlament, denn wenn das Staatsvolk spreche, könne es in keinem interessanten Sinn von Verantwortung verantwortlich gemacht werden, so der Philosoph.“

Ónytjungur: „Lass mich raten: was ein interessanter Sinn ist, und was nicht, hat der Philosoph nicht angegeben.“

Tilvera: „Er sieht sich als Philosoph. Er ist auch einer.“

Ónytjungur: „Da ist es doch gut, dass du kein Philosoph bist, und auch noch gewillt bist, sorgfältig zu untersuchen, bevor du redest. Sage mir, wie war das damals, im Jahr 2009, als die Verantwortlichkeiten sprachen, den einzigen Baum vor dem Parlament verbrannten, der zur Verfügung stand, in welchem uninteressanten Sinn von Verantwortung können die Verantwortlichkeiten verantwortlich gemacht werden, denn in einem interessanten Sinn von Verantwortung können sie ja nicht verantwortlich gemacht werden?“

Tilvera: „Dazu müsste ich wissen, was in diesem Zusammenhang interessant wäre, und was uninteressant.“

Ónytjungur: „Wie war das damals, als die Repräsentanten in ihrer Not der Erpressung von Wucherern, die auch nur repräsentierten, zustimmen mussten, und die Verantwortlichkeiten den Repräsentanten die Möglichkeit zur Ratifizierung der Erpressung entzogen, in welchem uninteressanten Sinn von Verantwortung können da die Verantwortlichkeiten verantwortlich gemacht werden, denn in einem interessanten Sinn von Verantwortung können sie ja nicht verantwortlich gemacht werden?“

Tilvera: „Auch dazu müsste ich erst wissen, was in diesem Zusammenhang interessant wäre, und was uninteressant.“

Ónytjungur: „Und wie war das, als die Verantwortlichkeiten in diesem Jahr sich solange vor dem Alþingi versammelten, bis der Repräsentant endlich sich bequemte, seinen Schreibtisch zu räumen, in welchem uninteressanten Sinn von Verantwortung können hier die Verantwortlichkeiten verantwortlich gemacht werden, denn in einem interessanten Sinn von Verantwortung können sie ja nicht …“

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Foto: Bernhild Vögel

Tilvera: „Du kannst so viele Ereignisse aufzählen, wie du willst, es wird stets auf das Gleiche hinauslaufen, nämlich dass ich dir mitteile, dazu erst wissen zu müssen, was in diesem Zusammenhang interessant wäre, und was uninteressant.“

Ónytjungur: „Nimm all diese Ereignisse, und es gäbe noch mehr von diesen, ist es dann so, dass jenes, was darüber vermieden beziehungsweise herbeigeführt, denn  beide bedingen bekanntlich einander, jenes ist, was eine Entscheidung darüber zulasse, ob Verantwortlichkeiten durch Verantwortung  sinnvoll ersetzbar, oder nicht?

Tilvera: „Nun, das Argument kam aus einer großen Fußball-Nation, und dort gelten andere Regeln.“

Ónytjungur: „Und welche Regeln?“

Tilvera: „Nimm zwei Mengen, die sich uneins sind, in welches Tor der Ball soll, und sich deswegen bemühen – gegen die Widerstände der jeweils anderen Menge – den Ball in deren Tor zu bugsieren, und nicht in das eigene.“

Ónytjungur: „Und?“

Tilvera: „Einmal angenommen, der einen Menge wird die Rolle des Staatsvolkes zugewiesen, und der anderen Menge die Rolle der Repräsentanten, also Verantwortlichkeiten gegen Verantwortung, beziehungsweise Verantwortungslosigkeit gegen Verantwortung, da die eine Menge ja in keinem interessanten Sinn von Verantwortung verantwortlich gemacht werden könne, …“

Ónytjungur: „… dann erklärte diese Anordnung, dass es damals dort nur die Repräsentanten waren, da diese schließlich die Verantwortung trugen, also die Nazis, und keineswegs das Staatsvolk, denn in einem interessanten Sinn von Verantwortung könne dieses ja nicht verantwortlich gemacht werden.“

Tilvera: „Was schließt du daraus?“

Ónytjungur: „Dass der Ball die Rolle der Verantwortung übernommen hat? Das wäre eine feine Sache, denn am Ende hat sie keiner. Der Ball verweilt auch nicht im Tor, in welchem er auch immer gelandet sein mag, sondern wird immer wieder herausgeholt, und die ganze Prozedur beginnt erneut.“

Tilvera: „Und letztlich bleibt es auch nicht bei dem einen Spiel. Womit ich bei repräsentieren im Sinne von typisch sein für etwas angekommen, und ob ich dieses etwas, was noch undeutlich, typisieren könne oder nicht.“

Ónytjungur: „Und, kannst du?“

Tilvera: „Was auffällt, ist, dass die einen Leute mit der Pauschalisierung repräsentieren operieren, die anderen nicht. Die anderen Leute arbeiten nicht gerne mit Pauschalisierungen, die keine Generalisierungen sind, sind es daher gewohnt zu differenzieren, da sie lieber präzise sein wollen. Sie finden daher keine Verwendung für das Verb repräsentieren. Sie verwenden an dessen Stelle drei voneinander unterscheidbare Ausdrücke, als da sind vera í staðinn fyrir (im Sinne von: Ersatz für), oder hafa umboð fyrir (im Sinne von: jemanden in einer bestimmten Funktion anerkennen und zulassen), oder koma fram í nafni (im Sinne von: im Namen von). Es ist sozusagen typisch für jene. Habe ich damit den Ausdruck typisch sein für etwas für dich genügend typisiert?

Ónytjungur: „Mir genügt es. Setzt doch das Verb vertreten im Sinne von Ersatz für … voraus, dass im Namen von … gehandelt, und mit der Präposition von jeder Einzelne ohne jede Ausnahme genannt, und keineswegs eine Teilmenge. Denn wäre zugelassen, dass nur eine Teilmenge repräsentiert zu werden brauche, und diese bestimmte Funktion im Namen aller anzuerkennen und zuzulassen wäre, dann …“

Tilvera: „… wäre die Wahl damals am 5. März 1933 von allen dort hinzunehmen gewesen, da ja sonst tatsächlich – wie der Philosoph feststellt – die Verantwortlichkeiten verloren gegangen wären, wogegen eine Wahl in einer repräsentativen Demokratie – wie damals geschehen – dem gegenüber klar Verantwortung zuweise.“

Ónytjungur: „Moment … in einer plebiszitären Demokratie hingegen wäre an diesem Tag dem geiferndem Geschwätz eines großen Teils der Leute, die behaupteten, von einer arischen Großmutter abzustammen, die es in Wirklichkeit nie gab und auch nicht geben konnte, mit 56,1 % der Stimmen noch eine klare Absage erteilt worden, was ja – so einer rechnen kann – unweigerlich geschehen wäre, hätte es eine plebiszitäre Demokratie gegeben, …“

Tilvera: „… und müssten bei einer plebiszitären Demokratie dort nun die Rattenfänger, die behaupten, von einer biodeutschen Urgroßmutter abzustammen, die es auch in Wirklichkeit nie gab und auch nicht geben konnte, erst 50,01 % Wählerstimmen hinter sich scharen …“

Ónytjungur: „… und nicht nur eine Schar, die kleiner ist als 50 %, wie bei einer repräsentativen Demokratie, was ja viel leichter erreichbarEs wäre ein Lehrstück in Demokratie, denn es zeigte, was die plebiszitäre Demokratie leiste, die repräsentative Demokratie hingegen verfehle. Kann der Philosoph nicht rechnen?

Tilvera: „Der Philosoph wünscht sich  aber– ungeachtet dessen – die Zuweisung von Verantwortung für Entscheidungen, und die sieht er nur in repräsentativer Demokratie gegeben, nicht jedoch in einer plebiszitären Demokratie.“

Ónytjungur: „Interessant. Er hat wohl auch noch vergessen, dass der Wille zur Macht bekanntlich die Sinne vernebelt, auch ein Gedicht scheint er vergessen zu haben.

Tilvera: „Die Angelegenheit wird damals wie heute vom gleichen System getragen.

Ónytjungur: „Du meinst die repräsentative Demokratie?“

Tilvera: „Ich meine das System Ideologie: In aller Regel auf dem einen Auge blind, und auf dem anderen Ohr taub. Der Wille zur Macht führt zur Redseligkeit, und der kleine Kompromiss wird als weise Tat ausgegeben. Ich habe keine Ahnung, welcher Gewinn sich davon versprochen wird.

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Foto: Bernhild Vögel

Ónytjungur: „In der Tat. Es ist schon bemerkenswert, dass diese Gattung sich selbst Intelligenz zuschreibt, da sie im Gegensatz zu allen anderen Gattungen über die Fähigkeit verfügt, einen Rasenmäher zu erfinden und herzustellen, damit keine Blüten ihren Blick auf ein Heer abgesägter  Grashalme trübe.“

Tilvera: „Mir scheint, mein Freund, du bist für jegliche Kultur untauglich.“

Ónytjungur: „Dann hast du begriffen, warum ich hier diesen Stein in der Einöde bevorzuge.“

Abra Cadabra

troll-imadeWEB-1Ónytjungur: „Lass uns mit unseren Sprachübungen fortfahren. Oder ist dir die Lust an geheimnisvoll klingendem sinnlosen Geschwätz verloren gegangen, weil du möglicherweise abgehört wirst?“

Tilvera: „Keineswegs. Wie wäre es mit dem Unterschied zwischen Tätigkeitsform und Leideform? Verhält es sich bei diesen Formen doch so, dass die eine Form tätig beschreibe, wodurch ein Subjekt vonnöten, das durch tätige Handlung empfange, demnach untätig.“

Ónytjungur: „Es ist offensichtlich, dass für jede tätige Handlung ein Empfänger notwendig. Wie verhält es sich mit dem Gegenteil von tätig, mit untätig? Ist unterlassen nicht auch tätig, demnach handeln?“

Tilvera: „Auch unterlassen ist tätig. Tun und Unterlassen sind nur Mittel.“

Ónytjungur: „Wie verhält es sich bei reden und schweigen?“

Tilvera: „Auch reden und schweigen sind nur Mittel.“

Ónytjungur: „Worum-willen?“

Tilvera: „Einer Absicht folgend, einem Zweck dienend, um ein Ziel zu erreichen.“

Ónytjungur: „Und wo keine Absicht vorhanden? Ich frage nur, denn ich bin kein Scholastiker. Nicht von so genannten höherem Bildungswesen geprägt.“

Tilvera: „Jede Handlung wirkt sich auf den Handelnden unmittelbar selbst aus, sei diese nun Tun oder Unterlassen, sei diese mit Absicht, oder ohne diese. Ob einer das nun will, oder nicht will. Was soll deine Frage?“

Ónytjungur: „Es heißt, Handlungen würden sich aus drei Wirklichkeiten zusammensetzen, aus Mittel und Zweck, und einer Beziehung zwischen beiden solcher Art, dass diese Aussagen bereitstelle, ob das Mittel der Handlung dem Zweck entspreche oder nicht.“

Tilvera: „Ich verstehe immer noch nicht.“

Ónytjungur: „Wenn es so ist, dass Handlungen, also tun und unterlassen, nur dann Handlungen sind, wenn diese sich aus den genannten Wirklichkeiten zusammensetzten, wäre angesichts des Zustandes, in dem sich die Welt im Augenblick uns beiden zeigt, nicht danach zu fragen, welche Zwecke da eigentlich verfolgt wurden? Ich meine, bezogen auf reden und schweigen.“

Tilvera: „Die durch das Mittel reden und schweigen verfolgten Zwecke gehorchen den zugrunde liegenden Absichten.“

Ónytjungur: „Demnach beruht der Zustand, in dem sich die Welt im Augenblick uns beiden zeigt, allein auf Absicht. Wessen Absicht? Denn Absicht erfordere notwendig wenigstens einen, der Träger der Idee. Geht doch Idee jeder Absicht voraus, da Absicht ohne Idee nicht möglich.“

Tilvera: „Demnach fragst du nach den Ideen, die zu jenem Zustand führten, in dem sich die Welt im Augenblick uns beiden zeigt.“

Ónytjungur: „So ist es. Die durch das Mittel reden und schweigen verfolgten Ideen.“

Tilvera: „Wolltest du nicht über den Unterschied von Tätigkeitsform und Leideform sprechen?“

Ónytjungur: „So ist es. Diese Formen beziehen sich allerdings auf Sprache, demnach auf reden und schreiben, nicht jedoch auf schweigen. Nun gibt es neben Ideen auch noch Gedanken, und nicht jeder Gedanke ist Idee, es ist noch nicht einmal geklärt, ob Gedanken in Sprache stattfinden oder nicht. Oder ist dir die Frage unbekannt: Hast du den Gedanken, ehe du den Ausdruck hattest?“ Was könnte geantwortet werden? Und was auf die Frage: Worin bestand der Gedanke, wie er vor dem Ausdruck vorhanden war?“

Tilvera: „Erfolgten Gedanken in einer Sprache, wäre kein Aufwand erforderlich, das Erhaltene in adäquate Sätze zu quetschen. Wie wir beide wissen, ist es jedoch …“

Ónytjungur: „Und redete ich dann das in Sätze einer Sprache gequetschte, ist es dann so, dass ich erschaffen werde während ich rede, oder so, dass ich schaffe, während ich rede? Ich frage nur, denn das eine wäre ja die Leideform, das andere die Tätigkeitsform.

Tilvera: „Sowohl das eine, wie auch das andere.“

Ónytjungur: „Soso. Was konntest du feststellen auf deinen Reisen? Ich meine, in Bezug auf Sätze, die auf solche Art und Weise einer Öffentlichkeit zugänglich gemacht?“

Tilvera: „Ich stellte fest, dass in den letzten tausend Jahren auf diese Weise Texte in solchem Umfang entstanden, dass bei genauer Betrachtung dieser Entwicklung in Summe ein exponentieller Verlauf zu konstatieren ist.“

Ónytjungur: „Wenn es so ist, dass Texte die Eigenschaft besitzen, Wissen herzustellen, so frage ich mich, wie es dann dazu komme, dass sich nach solch exponentiellem Verlauf aneinandergereihter Sätze, Texte, Bücher, die einer Öffentlichkeit zugänglich gemacht, sich die Welt in dem Zustand befinde, in dem sie im Augenblick ist.“

Tilvera: „Es verhält sich so, dass schon während noch Satz an Satz zu reihen, diese zu Text verwebend, ungezählte Unterlassungen und deren Gegenteil geschehen, die noch unvollständigen Sätze den Fakten daher nur hinterher eilen, ohne diese jedoch jemals einholen zu können. Ziehen solche Texte dann auch noch bereits vorhandene Texte aus der Vergessenheit in die Erinnerung, im Glauben, darüber etwas am gegenwärtigen Zustand ändern zu können, so übersieht diese Handhabung die faktische Mitteilung, dass diese Texte vergessen wurden, da ihnen keine Beachtung in hinreichendem Maße zuteil wurde, und es einer gewissen Naivität bedarf, anzunehmen, dies werde sich nun anders verhalten.“

Ónytjungur: „Wie verhält es sich mit den Gegenständen, die auf solche Art und Weise einer Öffentlichkeit zugänglich gemacht?“

Tilvera: „War vor Entwicklung der Medien wie Zeitung, Buch, Radio, TV und Internet die umgebende Welt für den darin sich Aufhaltenden noch nachvollziehbar, zeigt diese sich nun komplex. Wo vordem nur Wissen über unmittelbar umgebende Welt, trat die gesamte Welt, bzw. das, worüber Informationen – in welcher Form und zu welchem Zweck auch immer – her- und bereitgestellt. Mit dem Ergebnis, dass die gesamte Welt als eine solche aufgefasst, die durch solch selektierten Informationen beschrieben, damit als bereits vollumfänglich bzw. wenigstens hinreichend von breiter Masse beurteilt und angesehen.“

Ónytjungur: „Wird darüber nicht ein Irrtum herstellt, mit fatalen Folgen? Werden doch darüber Vorstellungswelten generiert, die einzig das Beschriebene als das Gegebene auffassen, und das Nichtbeschriebene als Nichtgegebenes, somit als irrelevant vernachlässigen, da es nicht beschrieben, auf welche Art und Weise auch immer.“

Tivera: „Das Problem ist, dass bei dieser Gattung in der Masse stets nur jener Gockel gehört wird, der am lautesten kräht.“

Ónytjungur: „Wäre dann nicht zu sagen, dass vordem aus unmittelbar umgebender Welt, die nur aus jenem sich zusammensetzte, was die jeweils unmittelbar umgebende Welt abwarf, sich hinreichender Sinn für jene ergab, die sich darin aufhielten? Wogegen der Sinn, den nun die Völker draußen in der großen Welt mit ihrem ganzen internationalen Denken im Bildungskoffer herstellen, sich einem nicht erschließe, es sei denn, einer gehe davon aus, so etwas erfülle bereits an sich einen Sinn, oder führe zu einem?“

Tivera: „Du vergisst, dass diese Entwicklung dazu führte, dass nun jeder ein Selfie machen kann, was vorher nicht möglich war. Was zur Vermehrung des Glücksgefühls beitrug.“

Begriff-Essentielles-Wesen-VergleichÓnytjungur: „Und wie geht es jenen, die deren Ansicht nach durch das Nichtbeschriebene hinreichend umrissen, und nun mit dem Modalverb soll bearbeitet? Ich meine jene, die auf solche Art und Weise selektierter Informationen von breiter Masse nicht erfasst, also die Nichtbeschriebenen? Wären diese dann nicht das Opfer jener Beweggründe, die dazu führten, dass eben diese Informationen aus der Vielfalt der Informationen entnommen, und nicht die sonst noch vorhandenen?“

Tivera: „Was nicht beschrieben, ist irrelevant, sonst wäre es ja beschrieben.“

Ónytjungur: „Und was wäre gewonnen, würden auch diese sich beschreiben? Ich frage nur, da du feststelltest, dass die Texte, die einer Öffentlichkeit zugänglich gemacht, bereits einen solchen Umfang angenommen, dass bei genauer Betrachtung dieser Entwicklung in Summe ein exponentieller Verlauf zu konstatieren war.“

Tivera: „Nun, es wäre wenigstens geäußert. Vielleicht ließe sich darüber ein spezieller Dachschaden reparieren, von dem immer mehr Angehörige dieser Gattung befallen.“

Ónytjungur: „Von welchem Dachschaden redest du?“

Tivera: „Stell dir eine Promenadenmischung vor. Was würdest du sagen, wenn eine Promenadenmischung auf die Idee käme, sie sei eine ganz besondere Sorte, und gar keine Promenadenmischung, daher erhaltenswert wäre, sich abgrenzen müsse, koste es auch was es wolle, da sie keine Promenadenmischung werden wolle.“

Ónytjungur: „Dass diese Kreatur an einem erheblichen Dachschaden leidet. Was war die Promenadenmischung denn vorher, als sie noch keine Promenadenmischung war. Diese Kreatur hat vergessen, dass sie vorher nichts anderes war, als sie heute ist: ein Hund.“

Tivera: „Nun wäre anzumerken, dass ich nicht von der Gattung Hund spreche, sondern von einer anderen Gattung. Es leiden dort auch bei weitem noch nicht alle an solch einem Wahn, obschon festzustellen ist, dass der Anteil der davon Befallenen merklich zugenommen hat. Es ist davon zu hören, dass speziell solche davon befallen, die vor vielen Jahren aus Afrika einwanderten, die Wissenschaft hat da sieben Mütter ermittelt, und sich in Folge nun etwas darauf einbilden, etwas Besonderes zu sein, da sie mangels ausreichender Sonne mit der Zeit Farbstoffe verloren haben.“

Ónytjungur: „Nun, es reagieren nicht alle gleich auf mangelnde Sonnenbestrahlung der Haut. Vielleicht sollten die Befallenen mehr Fettfische essen. Hier essen sie Fettfische, wie du weißt, und mir ist hier noch keiner begegnet, der vom Wahn befallen wurde, er sei eine ganz besondere Sorte, und keine Promenadenmischung, er sich daher abgrenzen müsse, um keine Promenadenmischung zu werden, da er vergessen hat, dass er schon längst eine ist.“

Einsicht-und-Sinn
“Sinn” und “Einsicht”

Tivera: „Und gäbe es hier einen solchen Trottel, so scheiterte er an der Tatsache, dass ihm hier das Vokabular nur „við“ anböte, also nur ein wir beide, was nur bei einem Dialog sinnvoll, und für obskure kollektive Vereinnahmung zum Zwecke kollektiver Ausgrenzung völlig untauglich.“

Ónytjungur: „Was sinnvoll ist. Denn nur in diesem Rahmen gilt, dass einer sowohl erschaffen wird, während er redet, als auch schafft, während er redet. Alles andere beschleunigt ja nur den exponentiellen Verlauf von Texten, die einer Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Haben die dort keine Dichter, so wie bei uns hier? Ich habe davon gehört, dass sich die Kreaturen, von denen du sprachst, sich nun auch noch für gebildet halten, nur weil ihnen irgendeiner bestätigte, sie hätten studiert, und sich daher nun für Real-Philosophen halten, als Gegensatz zu Abstraktions-Philosophen.“

Tivera: „Übersehen solche nicht, dass im Falle, sie sagen, es gebe eine theoretische und eine reale Philosophie, es nur so ist, als hätten sie gesagt, Philosophie ist das, was ich unter Philosophie verstehe, und nichts anderes?

Bothius-Übersetzung-Essenz-und-SubstratÓnytjungur: „Du weißt ja: Aus einem Buch kann kein Philosoph herausschauen, wenn ein Affe hineinschaut. Womit zu sagen wäre: Angenommen, dass alles, was wir beide bisher gesagt haben, nicht davon überzeugt, ein logischer Beweis zu sein, dann ist es nur fair zu sagen, dass die Frage eine ist, in der wir uns einig darin sind, uns unterscheiden zu müssen.“

Tivera: „Du bist aber heute wieder sehr unhöflich.“

Ónytjungur: „Der Unterschied zwischen höflichen und freundlichen Wesen ist, dass freundliche Wesen niemals höflich sind, und höfliche Wesen niemals freundlich.“

Tivera: „Denn sind sie freundlich, brauchen sie nicht höflich sein, und sind sie unfreundlich, beinhaltet höflich ohnehin nur eine faustdicke Lüge.“

Ónytjungur: „Sie soll Zeichen für Respekt und Anstand sein, so ist zu lesen.“

Aufgeflogen

troll-imadeWEB-1Ónytjungur: „Was ist zu halten von einem, der Gespräche anderer belauscht, die nicht für ihn bestimmt, diese niederschreibt, und dann auch noch einer Öffentlichkeit zur Verfügung stellt?“

Tilvera: „Das lässt sich einfach beantworten, wo Verbrecher belauscht werden, da diese Verbrecher sind. Allerdings wird der Inhalt in solchen Fällen nicht einer Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt, sondern einem Richter, und es ist auch ein Richter notwendig, der vorab prüft, ob ein hinreichender Tatverdacht bestehe, dass es sich dabei um Verbrechen handeln könne, die da besprochen. Es ist davon zu hören, dass es auch Leute gebe, die zwar dafür bezahlt werden, dies aber nur unter der Voraussetzung, dass sie eben nicht den Inhalt einer Öffentlichkeit zugänglich machen, sondern nur gewissen Leuten, die keine Richter sind. Dann gibt es noch Leute, die nicht dafür bezahlt werden, dass sie den Inhalt einer Öffentlichkeit zugänglich machen, es aber dennoch tun, da sonst Verbrechen im Verborgenen blieben, mit Duldung der Richter. In diesem Fall führt es dazu, dass die Öffentlichkeit ausgesprochen dankbar dafür ist. Was seinen Ausdruck darin findet, sich über die vor ihnen verborgen gehaltene Wirklichkeit empören zu können, oder darüber, dass sie nun nicht mehr verborgen, sondern ans Tageslicht gebracht. Da aber in solchen Fällen kaum einer an der Wirklichkeit interessiert, sondern nur daran, sich über etwas empören zu können, entsteht keinem Einzigen daraus ein Schaden, ausgenommen eben jener Person, die da ohne Entgelt arbeitete, um den getäuschten Artgenossen von der Wirklichkeit zu erzählen. Es erinnert mich an den Satz eines Schweizer Dichters: Alles Gute geschieht nur durch die Not, das heißt die Freiwilligkeit, nicht durch den Zwang, das heißt die Nötigung.“

Ónytjungur: „Was das Resultat für die unentgeltliche Arbeit erkläre. Es entstand darüber Zwang, da die Öffentlichkeit damit genötigt wurde, die Wirklichkeit zu kennen, was dazu führt, dass sie sich – vor die Wahl gestellt – doch lieber für die Fiktion entscheidet, war diese doch aus Freiwilligkeit heraus angenommen. Das ganze Unterfangen also nur vergeblich, nur dazu führt, dass jene Leute, die auf Unterschied zwischen Wirklichkeit und Fiktion hinweisen, mit allen Mitteln gejagt werden, um sie einsperren zu können. Hatte dieser Dichter, an dessen Satz du dich erinnerst, nicht auch notiert: Dieser hielt sich ans Einzelne und änderte das All. Jener predigte das Universale und änderte weder das All noch das Einzelne?“

Tilvera: „Nun, ihm war damals vermutlich der mittlerweile bereits 800 Jahre alt gewordene Satz noch unbekannt: Da ich dem aufrichtigen Rat und den Einzelheiten anhänge, lassen diese beiden mir unter den Menschen keinen Freund.“

Ónytjungur: „Lass mich raten. Es erging dem Dichter wie denjenigen, die nun Whistleblower geheißen.“

Tilvera: „Was die Vergeblichkeit anbelangt, hinsichtlich der breiten Masse, liegst du nicht falsch. Dessen Erkenntnisfähigkeit wurde ihm ebenso zum Verhängnis wie diejenige der Hinweisgeber. Allerdings hatte er wie diese keine andere Wahl. Er hatte sogar festgehalten, dass er gar keine andere Wahl habe: Man kann nicht etwas voll erkennen und nicht tun. Das Erkennen geht unmerklich in die Tat über.“

Ónytjungur: „Wobei anzumerken wäre, dass die Enthüller wissen, dass einer der gebräuchlichsten Irrtümer jene Annahme ist, dass über Erkenntnisse sammeln notgedrungen auch die Erkenntnisfähigkeit zunehme. Ganz im Gegensatz zu solchen, die gegen Entgelt Gespräche belauschen, die nicht für sie bestimmt waren, deren Inhalt sie aber nicht einer Öffentlichkeit zugänglich machen, sondern nur gewissen Leuten.

Tilvera: „Wird doch mit dem Wort Erkenntnis benannt, was bloßes Kennen von Daten, unter dem Vorwand, darüber hinausgehende Einsicht und Verstehen erlangen zu wollen, was nicht der Fall ist.“

Ónytjungur: „Es daher in privatem Bereich, so in diesem keine Verbrechen besprochen, sowohl gute Gründe dafür gebe, dass ein Gespräch nur unter zwei   Gesprächspartnern erfolge, andere davon ausgeschlossen werden, als es auch gute Gründe für solche Gespräche gebe, von der eine Öffentlichkeit nicht ausgeschlossen. Und es jedes Einzelnen zustehendes natürliches Recht ist, zu entscheiden, was dem einen und dem anderen zugeordnet werde, und was nicht.“

Tilvera: „Nun, die Nicht-Enthüller vertreten den Standpunkt, dass es keinem konkreten Individuum zustünde darüber zu entscheiden, was dem einen und dem anderen zuzuordnen sei, und was nicht, da es zwingend notwendig, Menschen zu schützen. Wer nichts zu verbergen habe, brauche sich deswegen auch keine Sorgen zu machen.“

Ónytjungur: „Und wer von den Abgehörten etwas zu verbergen habe, auch nicht, denn die Verbrecher nutzen dann einfach andere Kommunikationskanäle.  Was sagt dir die Zahl 1984 ?“

Tilvera: “Dass der Verfasser des Textes ein hoffnungsloser Optimist war, bei der Betrachtung seiner Artgenossen.

Ónytjungur: „Wir haben nun zwar betrachtet, was von einem zu halten ist, der Gespräche anderer belauscht, die nicht für ihn bestimmt, diese niederschreibt, und dann auch noch einer Öffentlichkeit zur Verfügung stellt. Allerdings war dabei stets die Rede von wirklichen Geschehnissen, nicht aber von möglichen Geschehnissen, die es gar nicht gibt, die nur Fiktion, so wie wir beide.“

Tilvera: „Es hat sein Gutes, dass wir nur für Fiktion gehalten. Wir hatten dafür gute Gründe, wie du weißt. Es kann auch nichts Sinnvolles dabei herauskommen, wäre es anders. Es entstünde daraus auch für niemanden ein Nutzen, allerdings für uns beide ein erheblicher Schaden. Worauf willst du hinaus?“

Ónytjungur: „Wir werden abgehört.“

Tilvera: „Wie? Wo? Wann?

Ónytjungur: „Vielleicht gerade jetzt und hier.“

Tilvera: „Ich sehe niemand. Und zu welchem Zweck sollte das dienen?“

Ónytjungur: „Nun, die dahingehende Technik ist ja bereits sehr fortgeschritten, wie Du weißt. Es dürfte sich um einen Trottel handeln, dem nichts Besseres einfällt, als sein Leben damit zu vergeuden, sich hier herumzutreiben, unsere Gespräche abzuhören, die weder für ihn noch für andere bestimmt, und diese einer Öffentlichkeit zu präsentieren.“

Tilvera: „Welcher Beweggrund wäre es, der ihn zu solchem Unfug treibe?“

Ónytjungur: „Es ist nur einer denkbar. Wie dir bekannt sein dürfte, wird diesem Land immer mehr Wohlwollen entgegengebracht.“

Tilvera: „Nun, wir beide wissen, dass dieses Wohlwollen kein Wohlwollen ist, sondern vielmehr nur verwendet wird, um sich mit Hilfe dieses wenig bekannten Landes selbst durchzubringen. Hauptsächlich durch Reisen, die solchen selbst berühmt machen sollen, aber das Land hier fast so unbekannt lassen wie zuvor. Es muss schon ein ausgemachter Volltrottel sein, der glaubt, er könne dies ausgerechnet dadurch erreichen, dass er Erfundenes bzw. Erdachtes veröffentliche, das nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat.“

Ónytjungur: „So ist es. Ich sehe, du liest Texte isländischer Dichter, sonst hättest du Bergsson nicht gerade zitieren können. Und doch muss sich solch ein Schmarotzer hier herumtreiben, der mangels eigener Ideen uns abhört. Wogegen erst einmal nichts einzuwenden wäre, außer der Tatsache, dass unsere Gespräche eindeutig nur für uns beide bestimmt sind, nicht aber für andere. Zudem hätten wir nichts zu verbergen, außer der Antwort auf die Frage, ob wir Wirklichkeit oder Fiktion sind. Welcher Teufel hat ihn aber geritten, auf die Idee zu kommen, nicht für sich behalten zu wollen, was er sich durch Unverfrorenheit erschlichen? Dass dem so ist, konnte ich auf meiner letzten Reise feststellen. Ich fand unsere letzte Unterhaltung, Wort für Wort, in einem dieser Dinger, die sich die Menschen zulegten, um ihr eigenes immer mehr schwindendes Gedächtnis zu ersetzen, und nun glauben, darin wäre das gleiche aufzufinden, wie vordem in ihrem Gedächtnis noch möglich. Was nicht der Fall ist, wie wir beide wissen.“

Tilvera: „Fehlen doch dort all jene Informationen, die im Gedächtnis vorhanden, und Gedächtnis erst zu Gedächtnis machten. In diesen Dingern stehen jedoch nur noch Worte. Als wären Worte bereits Information.“

Ónytjungur: „Was sie nicht sind. Sie sind nur Konstrukt, noch nicht einmal Konzept. Dazu kommt, dass dort als Gegenwart ausgegeben, was Vergangenheit ist. Denn wer macht sich schon die Mühe, vorhandene Prozesse jedes Einzelnen angemessen abzubilden. Es sind demnach noch nicht einmal Worte, es sind nur Stempel.“

Tilvera: „Die mit Aussage verwechselt. Nun, sie glauben auch, dass sich Intelligenz messen lasse, obschon sie noch nicht mal über eine Definition verfügen, was sie da messen. In solchen Dingern sind die Worte unserer Unterhaltungen nun abgelegt?“

Ónytjungur: „Muss uns das tangieren? Der Dummkopf weiß noch nicht einmal, dass wir auch über eine eigene Sprache verfügen, die nur wir beide verstehen, er aber nie verstehen wird, da er sie zu keiner Zeit je erlernen wird, da unsere Diné bizaad, und nicht die seine. Er daher nur belauscht, wenn wir beide uns in seiner Sprache unterhalten, damit unsere Fähigkeit nicht einroste, um in Übung zu bleiben, da wir seine Sprache sonst verlieren würden.“

Tilvera: „Und dieser Einfallspinsel veröffentlicht daher nur unsere Sprachübungen, und nichts darüber hinaus. Lassen wir ihm also seine lächerliche Spielerei. Gut möglich, dass er sonst nichts mehr mit seinem Leben anzufangen wüsste, und wir wären dann auch noch dafür verantwortlich, wenn ihm auch das noch entzogen.“

Ónytjungur: „Nun, sollte er auch dieses Gespräch belauscht haben, so hoffe ich für ihn, dass ihm endlich bewusst werde, dass er nicht nur reine Sprachübungen aufzeichnet, und nichts darüber hinaus, sondern zudem auch noch solche, die keinen Flynn-Effekt enthalten, mangels vorhandener Grundlage. Wir beide würden auch keinen einzigen IQ-Test bestehen, mag er auch das aktuellste und empirisch am besten untersuchte Strukturmodell der Intelligenz sein.“

2.4 Compare words_ erfahren - verstehen
“skilja” und “greina”

Tilvera: „Verwechseln diese Modelle doch greina mit skilja, also erkennen, wahrnehmen, unterscheiden mit verstehen. So wird nur Umfang gemessen, der auch noch von Interesse abhängig. Da dem so ist, entstünde auch keinem ein Schaden dadurch, sollte dieser Schwachkopf unsere Gespräche, die weder für ihn und sonst irgendeinen bestimmt, ohne die gebotene Zurückhaltung auch noch Beifall heischend herumposaunen. Betreiben wir doch bei unseren Sprachübungen nur Schabernack, da die Übungen sonst einfach zu strohtrocken wären.“

Ónytjungur: „Und will einem der Schabernack nicht schmecken, aus welchen Gründen auch immer, mag dieser Trost darin finden, dass unser beider IQ sich erheblich unterscheide von dem seinen.“

Tilvera: „Was meinst du, hat er uns gerade wieder belauscht?“

Aufgeflogen

Mor(t)alität der Modalität

troll-imadeWEB-1Ónityungur: „Sind wir beide uns darin einig, dass es rationales und vorstellendes Begreifen geben kann, und die Beziehung zwischen beiden solcher Art ist, dass das eine Voraussetzung für das andere?“

Tilvera: „Wenn du die Fähigkeit meinst, im Vorgriff Anordnung von Synapsen dergestalt herzustellen, das diese jedes konkretes Individuum in die Lage versetzen, jede Sprache der Welt sich aneignen zu können, also jede dahingehende Abrichtung durch andere aufzunehmen, zu welchem Zweck die auch immer stattfinden mag, …“

Ónityungur: „Wäre es dann nicht sinnvoll, Modalitäten als Gegenstand einer Betrachtung zu erwägen? Sind diese doch mit Vorstellungen verbunden.“

Tilvera: „Welcher Art? Die Art und Weise, wie etwas ist, geschieht, oder gedacht wird? Oder Art und Weise an sich, Möglichkeit, Bedingung, Ausführungsart? Die der Sprachwissenschaft? Die der Philosophie?“

Ónityungur: „Da ich weder Sprachwissenschaftler noch Philosoph, wie wäre es, wenn wir beide nur einfach darüber redeten?“

Tilvera: „Auf einen Versuch ankommen lassen? Die Stille durch Geschnatter unterbrechend?“

Ónityungur: „Betrachte es als Abwechslung.“

Tilvera: „Die Angelegenheit ist schnell abgehandelt. Mir sind nur sechs Wörter bekannt: dürfen, können, mögen, müssen, sollen, wollen. Drei von diesen beziehen sich auf notwendig, drei auf möglich.“

Modalität-Grammatikalisierung
Modalität

Ónityungur: „Finden diese nicht bei realistischen und nicht-realistischen Hintergründen Anwendung?“

Tilvera: „So ist es. Zusätzlich zu ihren unterschiedlichen Funktionen, die sie in einer Sprache einnehmen, erfahren sie ihre Bedeutung auch abhängig von den Umständen.“

Ónityungur: „Lass uns von Umständen reden, anhand des Wortes wollen, im Sinne von krefjast, also fordern, und im Sinne von útheimta, also im Sinne von wie es sein Amt will.“

Tilvera: „Korrespondiert dieses Wort nicht mit dem Wort dürfen, im Sinne von erlaubt seingestattet, zugelassen?”

Ónityungur: „Das ist abhängig von dem Ort, an dem du dich aufhältst.“

Tilvera: „Gut, lass uns über das Wort wollen reden, da es demnach von den Umständen abhängig.“

Ónityungur: „Es würde schon genügen, über einen nicht-realistischen Hintergrund zu reden.“

Tilvera: „Und welchen?“

 Ónityungur: „Zum Beispiel dem deontischen Hintergrund.“

Tilvera: „Demnach darüber, was das Gesetz befiehlt. Also jener Bereich der Logik, in dem es um normative Begriffe wie Verpflichtung, Erlaubnis geht, in dem notwendig, was geboten, und möglich, was erlaubt. Mit Bezug auf ein System von juristischen Gesetzen, sozialen Regeln, moralischen Normen, individuellen Überzeugungen. Was hat es mit diesem Hintergrund auf sich?“

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Trolle, (c) Zen&Senf

Ónityungur: „Nun, zum Beispiel weist in dem einen Land das Strafgesetzbuch 273 Paragraphen auf 57 Seiten, in einem anderen Land hingegen 300 Seiten auf, und diese scheinen immer noch nicht zu genügen.“

Tilvera: „Demnach ist in einem Land etwas unter Strafandrohung verboten, was im anderen Land erlaubt.“

Ónityungur: „Keineswegs. Dann wäre es ja plausibel. Aber genau in diesem Punkt unterscheiden sich die fraglichen Länder eben nicht.“

Tilvera: „Dann gibt es in dem einen Land Straftaten, die in dem anderen Land noch nicht begangen, demnach kein Anlass gegeben.“

Ónityungur: „Auch das nicht. Die Spitzbuben sind in dem einen Land ebenso einfallsreich wie in dem anderen.“

Tilvera: „Dann wurde sicherlich das eine Strafgesetzbuch mit größeren Buchstaben aufgesetzt als das andere.“

Ónityungur: „Das Gegenteil ist der Fall. Der Text ist dort dermaßen klein gedruckt, dass eine Lupe erforderlich.“

Tilvera: „Du meinst, es wird das Gleiche ausgesagt, die einen benötigten dafür 57 Seiten mit lesbaren Buchstaben, die anderen 300 Seiten, bei denen einer zum Lesen eine Lupe benötigt, und das Ergebnis ist das Gleiche? Was steht denn dann in solchem Text“

Ónityungur: „Habe ich nichts wichtigeres zu tun als 300 Seiten auswendig zu lernen, da in diesen aufgelistet, was unter Strafandrohung verboten? Und dabei so umständlich formuliert, dass zu 300 Seiten klein Gedrucktem aufgeblasen, was bereits über 57 Seiten lesbar? Ich habe noch nicht einmal die Anzahl der Paragraphen gezählt.“

Tilvera: „Nun, es wird sich vermutlich so verhalten, dass die 300 Seiten in der Bevölkerung pro Kopf zu weniger Straftaten führten, denn die 57 Seiten.“

Ónityungur: „Wieder daneben. Das Gegenteil ist der Fall.“

Tilvera: „Dann bin ich mit meinem Latein am Ende.“

Ónityungur: „In dem einen Land wurde auf dem Alþing das Recht des Einzelnen definiert, da alle Bestrebungen, Veränderungen ohne Zustimmung derer durchzusetzen, die sich an die Gesetze hielten, als Verachtung des Gesetzes aufgefasst, die Leute sich daher vorher über neue Gesetze absprachen, anstatt sie mit Gewalt durchzusetzen, im anderen Land gibt es Leute, die sich als Gesetzgeber auffassen.“

Tilvera: „Was dazu führte, dass in dem einen Land kein Gesetz ohne vorangegangenem Rechtsstreit und Rechtsentscheid möglich, da für selbstverständliches Recht gehalten, dass keiner durch neue Gesetze gebunden werde, es sei denn, er hätte diesen selbst zugestimmt, und in dem anderen Land das Individuum, zur Obrigkeit mutierend, sich wie eine Glucke über alle Küken stülpt?“

Ónityungur: „Ein lächerliches Unterfangen. Wie lächerlich, zeigt ein Antidiskriminierungsgesetz, welches Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindern und beseitigen soll, und zur  Verwirklichung dieses Ziels die durch solches Gesetz geschützten Personen Rechtsansprüche erhalten.“

Tilvera: „Wird dadurch nicht Unehrlichkeit gefördert, sogar legalisiert? Führt solches nicht dazu, dass die Leute noch weniger ehrlich sind, zum Grassieren der Lüge, so dass keiner mehr weiß, woran er ist, zum Verlust jeglicher Orientierung? Verhindert es doch nur, dass einer nicht mehr schreibe oder sage, er wolle keinen Neger, oder er will keinen alten Sack, und nun zu solchen Sätzen greife: Leider konnten wir Ihre Bewerbung nicht in die engere Wahl ziehen, wir haben uns für einen Kandidaten entschieden, dessen Profil noch genauer den Anforderungen der ausgeschriebenen Position entspricht. Was ist dadurch gewonnen?“

Ónityungur: „Sie nennen es Kultur.“

Tilvera: „Es scheint mir, dass die Leute dort auch noch betriebsames, unreflektiertes oder zielloses Handeln ohne Konzept schätzen, um den Anschein von Untätigkeit zu vermeiden oder zu vertuschen.“

Ónityungur: „Am liebsten hören sie auf jenen Gockel, der am lautesten kräht. Was beiträgt zur Sterblichkeit des ins Einzelne gehenden. Was auffällt, ist, dass in dem einen Land die Sprache einem natürlichen Sprachtod anheim fiel, im anderen aber nicht.“

Tilvera: „Diese sich nicht mehr adäquat in ihrer Sprache ausdrücken können, und die in einer Sprache speziell immanenten Konzepte von Bezeichnungen und Sicht auf die Welt dabei untergingen?“

Ónityungur: „Falls ja, dann unumkehrbar. Kann aber auch gut sein, dass in der Masse dort darauf gepfiffen wird, was Dichter so zu sagen wissen.“

Tilvera: „Du meinst, sie haben das Wissen verloren, dass das Wort dürfen auch im Sinne von imstande sein, wagen, sich trauen und Mut haben zu verstehen ist, das Wort können auch im Sinne von kennen und wissen gebraucht, und nicht nur im Sinne von leisten, erzielen und erreichen?

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Modalverben

Ónityungur: „Und das Wort mögen nicht nur auf etwas Lust haben bedeutet, sondern auch etwas fühlen, sich um etwas kümmern, womit bei Letzterem aber keineswegs krefjast und útheimta gemeint.

Tilvera: „Was ermöglicht, dass mit dem Wort dürfen nicht nur beanspruchen und benötigen aufgefasst, sondern auch brauchen und müssen.“

Ónityungur: „So dass für das Wort müssen nur noch werden, bleiben, sich vollziehen, geschehen, passieren, bekommen und empfangen übrig bliebe.“

Tilvera: „Was eine anders geartete Abrichtung zur Folge hätte.“

Ónityungur: „Zum Beispiel eine solche, die jedem konkreten Individuum zugesteht, ob ihm ein Handschlag wichtiger als ein freundliches Wort.

Tilvera: „Wurde der nicht irgendwo zur Pflicht erhoben?“

Ónityungur: „Es wird dort Rolle mit Autorität verwechselt, sie nennen es Kultur.

Tilvera: „Sage keiner, es gebe keine humanistische Evolution.“

Ónityungur: „Wie kommst du darauf?“

Tilvera: „Nun, ist es nicht so, dass dort nun nur noch 4.500 € Strafe zu zahlen sind, und nicht mehr ein Apfel vom Kopf seines Sohnes abzuschießen wäre?“

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Trolle, (c) Zen&Senf

 

Anmerkung der Redaktion:

Mortalität der Modalität = Sterblichkeit der näheren Umstände = Sterblichkeit des ins Einzelne gehenden

Am Schwarzen Raucher

troll-imadeWEB-1Ónytjungur: „Ist die Annahme Unsinn, dass sich Lebendes von Lebendem ernähre?“

Tilvera: „Es stellte sich die Frage, was Lebendes sei, und was nicht.“

Ónytjungur: „Sagen wir, die Fähigkeit, sich selbst zu erhalten und zu reproduzieren.“

Tilvera: „Demnach Bakterien, Archaeen, Pilze, Pflanzen, Tiere und Menschen. Womit wir bei anorganischer und organischer Chemie angelangt …““

Ónytjungur: „… und im weiteren Verlauf bei Individuen, denen allen gemein ist, dass sie voneinander unterscheidbaren Wesen angehören, zu jedem Wesen mehr als ein Individuum existiert, allesamt das Vermögen aufweisen, sich reproduzieren zu können, wobei mit Reproduktion das Wesen gemeint, und nicht das Individuum.“

Tilvera: „Falls du unter Wesen nichts anderes als Gattung verstehst. Wobei anzumerken wäre, dass das konkrete Individuum etwas ist, und sein Wesen etwas anderes.“

Ónytjungur: „Wir beide sitzen im Augenblick vor dem Geburtskanal alles Lebendigen.“

Tilvera: „Da ist nur das Meer, und nichts weiter.“

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Weißer Raucher

Ónytjungur: „Du vergisst, dass du hier am Rand einer tektonischen Platte sitzt, vor dir der Mittelatlantische Rücken liegt, und dort unten Schwarze Raucher zugange sind.“

Tilvera: „Demnach beim Verursacher einer Wirklichkeit dergestalt, in welcher das konkrete Individuum etwas ist, und sein Wesen etwas anderes.“

Ónytjungur: Es also sinnvoll wäre zu sagen, dass zwei Absichten vorliegen müssten, und dass in beiden Absichten entweder zwei verschiedene Vermögen erfasst sind, wobei jede der beiden für sich zu erfassen wäre, oder aber mit einem einzigen Vermögen, dann jedoch in zwei verschiedenen Zuständen.

Tilvera: „Nun wirst du kryptisch. Was ist Absicht? Was hat dies alles mit der Fähigkeit der Menschen zu tun, ihre Gedanken auf etwas richten zu können?“

Ónytjungur: „Ich kann mich nicht erinnern, von Menschen gesprochen zu haben. Dein Problem ist, dass du bei dem Wort Absicht annimmst, über den Bezeichner wäre die Fähigkeit des Menschen bezeichnet, seine Gedanken auf etwas richten zu können, und daraus schließt, es müsse sich demnach um Vorhaben, Vorsatz, Plan oder Beweggrund handeln.“

Tilvera: „Nun, das Wort Absicht benennt, dass nach etwas gestrebt werde, das Gerichtetsein auf etwas, demnach Vorhaben, Vorsatz, Plan oder Beweggrund.“

Ónytjungur: „Du übersiehst, dass es genauere Wörter als intendere geben könnte.“

Tilvera: „Als da wären?“

Ónytjungur: „Wie wäre es mit tilgangur, im Sinne von Zweck? Denn wenn ich Absicht sage, meine ich keineswegs ásetningur im Sinne von Beschluss, Vorsatz und Vorhaben, auch nicht áform im Sinne von Plan, Beweggrund und Motiv.“

Tilvera: „Nun wirst du aber pingelig.

Ónytjungur: „Wie du willst. Es kann aber durchaus sein, dass es triftige Gründe dafür gebe, diese sechs Wörter nicht in einen Topf werfen zu wollen, und dann solange umzurühren, bis daraus ein Brei entstehe, der dann als intendere aufgetischt. Wie dem auch sei, ich meine Absicht ausschließlich im Sinne von Zweck, und nicht darüber hinaus. Und wenn ich Zweck sage, dann nicht im Sinne von finis, da dies ja wieder der Beweggrund für eine zielgerichtete Tätigkeit. Mehr im Sinne von markmið, also vom Gebrauch oder Verwendungszweck her betrachtet, und nicht von augnamið her, was eine Zielvorgabe bezeichne.“

Tilvera: „Nun gut, einigen wir uns darauf, dass immer dann, wenn du Absicht sagst, du nur Zweck im Sinne von Gebrauch und Verwendungszweck meinst, und nichts darüber hinausgehendes. Und weiter?“

Ónytjungur: „Bekanntlich lassen sich ja Prozesse in zwei Richtungen betrachten. Die eine verfolgt die Richtung vom Beschluss her bis zum Erreichen des beabsichtigten Ziels, thematisiert daher diese Form der Bewegung, die andere verfolgt die Richtung vom Ergebnis ausgehend zurück zu dessen Ausgangspunkt. Die Frage ist, zu welchen Erkenntnissen kommen beide, und im Falle, diese wären nicht identisch, widersprächen sich vielleicht sogar, welche wäre dann die richtige, und welche die falsche?“

Tilvera: „Und von welchem Ergebnis sprichst du?“

Ónytjungur: „Von dem, das sich uns beiden zeigt, dem Gebrauch und Verwendungszweck. Ist es nicht so, dass es die unterschiedlichsten Wesen gibt?“

Tilvera: „Begnügte ich mich damit, Form mit Inhalt gleichzusetzen, beginge ich dann nicht den logischen Fehler, von Ähnlichkeit auf Gleichheit zu schließen, diese irrtümlich anzunehmen, und bei vorhandenen Abweichungen diese einzufordern?“

Ónytjungur: „Und verhält es sich nicht so, dass sich reproduzierende Wesen von reproduzierenden Wesen ernähren, und ohne reproduzierende Wesen, die als Ernährung dienen würden, es das reproduzierende Wesen, das sich durch diese ernähre, gar nicht geben könnte, niemals gegeben hätte?

Tilvera: „Die Produzenten einmal davon ausgenommen. Es war davon zu lesen, dass Wasser allein auf Dauer nicht genüge.“

Ónytjungur: „Einmal davon ausgehend, das Biotop dort unten im Meer, am Schwarzen Raucher, ist der Ursprung des Lebenden, es gebe uns nicht, und auch sonst nichts Lebendes. Nur dieses Biotop dort unten im Meer am Schwarzen Raucher. Wovon wäre dann auszugehen, damit jenes, was nun ist, auf jenes zurückgeführt werden kann, was dort beginnt?“

Tilvera: „Dass sich irgendwann einmal die Bakterien wohl sich nicht mehr damit begnügt haben, organische Verbindungen aus anorganischen Stoffen aufzubauen, dazu nicht mehr die Oxidation von Schwefelwasserstoff nutzen wollten oder konnten, sich zu voneinander unterscheidbaren Wesen entwickelt haben müssen, in der Art, dass vom Produzenten ausgehend das eine Wesen das andere über Nahrungsnetze ernähre?“

Ónytjungur: „Dazu müssten sie sich aber erst soweit zueinander unterschieden haben, dass das eine Wesen das andere ernähren könne, und dies genau auf eine solche Art und Weise, dass dabei keine Lücken auftreten, denn eine Lücke …“

Tilvera: „… hätte dazu geführt, dass ein Wesen keine Nahrung gefunden hätte, oder ein Wesen nicht als Nahrung für irgendein Wesen tauglich war.“

Ónytjungur: „Im ersten Fall hätten die Voraussetzungen gefehlt, dass dieses Wesen überhaupt entstehe, im zweiten Fall wäre es nur ein Schmarotzer. Alle anderen wären aber einer negativen Rückkoppelung unterworfen. Denn es wird von einer Regel erzählt, der zufolge ein Überangebot an Nahrung zu einer größeren Population führe.“

Tilvera: „Was wiederum einen größeren Bedarf an verfügbarer Nahrung nach sich ziehe. Dies setze sich dann solange fort, bis mit der Zeit immer weniger Nahrung zur Verfügung stehe, da von immer mehr verzehrt, worüber ein Punkt erreicht werde, wo die Dauer, noch Nahrung zu finden, größer ist als die Dauer, die einer ohne Nahrung überlebe.“

Ónytjungur: „Was die Entwicklung der Nahrungssuchenden umkehre, da deren Zahl nun nicht mehr steige, sondern sich reduziere.“

Tilvera: „Was der Nahrung wiederum die Gelegenheit gebe, sich so weit zu erholen, dass deren Population wieder zunehme. Denn es ist davon auszugehen, dass der letzte Nahrungssuchende verendet bevor er die letzte noch vorhandene Nahrung findet.“

Ónytjungur: „Womit zwar nur das Ergebnis beschrieben, das aus diesem Biotop dort unten im Verlauf der Zeit entstehen wird, gesetzt den Fall, es gebe weder dich noch mich, noch sonst irgendetwas Lebendes. Womit aber auch die Absicht beschrieben, im Sinne von markmið, dem Gebrauch und Verwendungszweck, denn das Ende ist bereits in den Anfang gesteckt. Nicht aber geklärt wäre, ob in beiden Verwendungszwecken, da das konkrete Individuum ja etwas ist und sein Wesen etwas anderes, die beiden Verwendungszwecke mit zwei verschiedenen Vermögen zu erfassen sind, wobei jede der beiden für sich zu erfassen wäre, oder aber mit einem einzigen Vermögen, dann jedoch in zwei verschiedenen Zuständen.“

Tilvera: Was aber nur für dich gilt, da du mit dem Intellekt das Wesen und die Form der Sache erfasst, und mit dem Sinn das Individuum jenes Wesens. Zu diesem Unfug neigt bekanntlich nicht jedes Ende der Nahrungskette.“

Ónytjungur: „Nun, dafür ist mir wenigstens aufgefallen, dass das konkrete Individuum etwas ist und sein Wesen etwas anderes. Ist dir eigentlich aufgefallen, dass jenes Ende der Nahrungskette, von dem du vermutlich sprachst, wenigstens in einem Punkt einer Meinung ist, da alle dessen Exemplare ausnahmslos davon ausgehen, die Krönung der Schöpfung zu sein, und dies unabhängig davon, ob sie von einer vorhandenen  Letztbegründung ausgehen oder eine solche in Abrede stellen?“

Tilvera: „Nicht nur das. Es ist mir zudem aufgefallen, dass alle Exemplare dieses Endes der Nahrungskette in diesem Punkt sich einig sind, obschon die einen davon ausgehen, dass dieses Ergebnis durch Zufall entstanden sei, und die anderen vom Vorhandensein einer Determinierung. So gegensätzlich ihre Ansichten auch sein mögen, in dem einen Punkt sind sich seltsamerweise alle Exemplare ausnahmslos einig. Da ist es gut, dass wir beide erfreulicherweise nur Trolle geworden sind, die zu nichts taugen.“

Ónytjungur: „Du vergisst ein altes Lied. Dort wird gesagt

Haltur riður hrossi,
hjörd rekur handarvanur,
daufur vegur og dugir,
blindur et betri
en brenndur sé,
nýtur manngi nás.“ 1)

Tilvera: „Kenne ich. Es überliefert Wissen, erzählt davon, dass der Hinkende reiten könne, der Handlose hüten, und der Taube noch zum Kampf tauge.“

Ónytjungur: „Und dass blind sein besser sei als verbrannt werden, denn der Tote tauge zu nichts.“

1) entnommen aus „Hávamál og Völuspá“, Gísli Sigurðsson, SVART Á HVÍTU, Reykjavik 1986, S. 27

Der Affe, der ein Pferd war

troll-imadeWEB-1Ónytjungur: „Es lasst sich immer weniger verhindern, auf meinen Reisen einer Gattung zu begegnen, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sie im Verlauf der Evolution die Fähigkeit zur Bildverarbeitung derart massiv verlor, dass sie noch nicht mal mehr in der Lage ist, Gattungen voneinander unterscheiden zu können.“

Tilvera: „Hat die Population der Maulwürfe derart zugenommen?“

Ónytjungur: „Der Gedanke ist nahe liegend, da deren Blindheit dazu führte, dass sie aggressiv auf Artgenossen reagieren. Allerdings hast du vergessen, dass diese sich nur unter der Erde aufhalten, ich daher ihnen gar nicht begegnen könne, es sei denn, ich würde reisen, indem ich Gänge …“

Tilvera: „Was du nicht tust, ich weiß.“

Ónytjungur: „Zudem verfügen diese über einen funktionierenden Geruchs- und Tastsinn, der sie in die Lage versetzt, Gattungen in hinreichendem Maße voneinander unterscheiden zu können, so dass sie jene Gattungen, denen sie als Nahrung dienen, rechtzeitig von jenen Gattungen unterscheiden könnten, die ihnen als Nahrung dienen. Nein, die Rede ist von der Gattung der …“

Tilvera: „Demnach bliebe aber nur eine solche Spezies übrig, deren im Verlauf der Evolution verloren gegangene Fähigkeit zur Bildverarbeitung dazu führte, nicht jene Gattungen, denen sie als Nahrung dienen, rechtzeitig von jenen Gattungen unterscheiden zu können, die ihnen als Nahrung dienen.“

Ónytjungur: „Auch der Gedanke ist naheliegend. Allerdings hast du hier vergessen, dass es in diesem Fall diese Spezies gar nicht mehr geben könne, da sie deswegen schon längst ausgestorben wäre.“

Tilvera: „Dann kann es jene Gattung, von der du eingangs sprachst, nicht geben. Du willst mich zum Narren halten.“

Ónytjungur: „Keineswegs. Du weißt, was mit Bildverarbeitung bezeichnet wird?“

Tilvera: „Die Fähigkeit, eine gegenständliche Vorstellung darüber entwickeln zu können, was da ist.“

Ónytjungur: „So ist es. Das rationale Begreifen, also jene Fähigkeit jedes Lebewesens, das jemals geboren wurde, kümmerte sich darum, dass die Fähigkeit zum vorstellenden Begreifen ermöglicht wird. Denn dieses war notwendig, da im anderen Falle jedes Lebewesen nach der Geburt gar nicht in der Lage gewesen wäre, auch nur irgendeine Nahrung als solche erkennen zu können, da erst die Wahrnehmung eines Gegenstands diese erst ermöglicht, auf welche Weise auch immer. Zum Beispiel einen Apfel als Apfel erkennen zu können, oder Wasser als Wasser, oder – beim Maulwurf – ein Insekt als Insekt. Denn falls nicht so, hätte das dazu geführt, dass noch nicht einmal die Grundvoraussetzung jemals existiert hätte, da dann ja auch Vater und Mutter gar nicht hätten sein können, sowie deren Eltern davor, und deren … soll ich fortfahren, denn das könnte nun etwas dauern?

Tilvera: „Schon gut, schon gut, ich kenne mich da aus.“

Ónytjungur: „Das rationale Begreifen, also jene Fähigkeit jedes Lebewesens, das jemals geboren wurde, kümmerte sich also vor jeder Geburt um die Herstellung einer eindeutigen Handlungsvorschrift zur Lösung eines Problems, hier die Dekomposition dessen, was da ist, in seine Sinus- und Kosinus-Komponenten, dergestalt, dass das Ergebnis der Transformation genau so das Bild repräsentiert, dass es äquivalent ist zu dem, was da im Raum ist, was erst eine Bildanalyse ermögliche.“

Tilvera: „Nun, da ich davon ausgehe, dass ich einen Apfel als Apfel erkenne, oder Wasser als Wasser, oder ein Insekt als Insekt, und dies bisher zu dem gewünschten Erfolg führte, …“

Ónytjungur: „Schön und gut. Nun ist davon zu lesen, dass an allen Ecken und Enden auf der nördlichen Hälfte der Erdkugel Kameras installiert wurden.“

Tilvera: „Sie sind beim besten Willen nicht zu übersehen.“

Ónytjungur: „Verhält es sich nicht so, dass sich darüber auch Gattungen unterscheiden ließen?“

Tilvera: „Mehr als das.“

Ónytjungur: „Was wäre nun, wenn eine Kamera in einem Raum zum Beispiel nach Pferden Ausschau halte, diese aus dem Raum extrahiere, und dem Betrachter präsentiere, sich im Raum fünf Exemplare der Gattung Pferd aufhielten, das Gerät jedoch auf drei Pferde und zwei Affen erkenne?“

Tilvera: „Dann würde der Betrachter nur drei Pferde sehen statt der fünf. Die Kamera verfügt demnach nicht über die Fähigkeit zur Bildverarbeitung, da sie noch nicht mal mehr in der Lage ist, Gattungen voneinander unterscheiden zu können. In diesem Falle erkennt sie auf zwei verschiedene, wo nur eine vorhanden. Die Kamera ist zu nichts nütze, es sei denn, sie würde repariert werden.“

Ónytjungur: „Nun, die Systemanalyse ergab, dass die Handlungsvorschrift der Kamera so ausgearbeitet war, dass sie die Interpretation unzulässig auf ein ganz spezifisches Merkmal reduzierte, welches alle anderen vorhandenen Merkmale negierte, also aufhob, und sich danach ausrichtete.“

Tilvera: „Was dazu führte, dass aus einer Gattung zwei Gattungen wurden, also aus fünf Pferden drei Pferde und zwei Affen.“

Ónytjungur: „Der verantwortliche Entwickler rechtfertigte sich, dass dieses ganz spezifische Merkmal signifikant sei für die Gattung der Pferde, daher alle weiteren Merkmale entbehrlich waren, da anhand dieses Merkmals bereits durch „vorhanden/nicht vorhanden“ möglich war, all jene zu identifizieren, für die „nicht vorhanden“ festgestellt wurde, was die Handlungsvorschrift wesentlich vereinfacht hätte.

Tilvera: „Ein fataler Irrtum eines wahren Stümpers. Esel bleibt Esel, auch wenn er eine Melone frisst. Die Reduzierung auf jedes x-beliebige spezifische Merkmal negiert stets alle anderen vorhandenen Merkmale, hebt sie somit auf, so dass in all diesen Fällen, für welches Merkmal er sich auch immer entschieden hätte, dort zwingend auf unterschiedliche Gattungen geschlossen werden müsse, wo mindestens ein Exemplar dieses willkürlich gewählte Merkmal nicht aufweise.“

Ónytjungur: „Und wenn er als spezifisches Merkmal „vier Beine“ wählt, was alle anderen vorhandenen Merkmale negiere, also aufhebe?“

Tilvera: „Dann hätte er Elefanten als Pferde interpretiert, wären dort einmal Elefanten vorbeigekommen.“

Ónytjungur: „Ist dir bekannt, dass dem rationalen Begreifen schon jemals bei irgendeinem Lebewesen der Fehler unterlaufen wäre, in diesem eine Fähigkeit zum vorstellenden Begreifen herzustellen, die dazu führt, dass dieser unfähig ist, die Gattung Elefant von der Gattung Pferd zu unterscheiden?“

Tilvera: „Meiner Kenntnis nach nicht.“

Ónytjungur: „Ist dir bekannt, dass dem rationalen Begreifen schon jemals bei irgendeinem Lebewesen der Fehler unterlaufen wäre, in diesem eine Fähigkeit zum vorstellenden Begreifen herzustellen, die dazu führt, dass die Reduzierung auf ein x-beliebiges Merkmal alle anderen vorhandenen Merkmale negiert, also aufhebt?“

Tilvera: „Auch dies ist mir nicht bekannt. Denn wie wir wissen, führt dies zwingend dazu, dass dann eine Gattung als zwei Gattungen wahrgenommen werden würde, und dies unabhängig davon, welches Merkmal dazu herangezogen.“

Ónytjungur: „Demnach ist weder rationales noch vorstellendes Begreifen daran  beteiligt?“

Tilvera: „Weder, noch.“

Ónytjungur: „Und jede Reduzierung auf ein x-beliebiges Merkmal, das alle anderen vorhandenen Merkmale negiere, also aufhebe, führt zwingend dazu, dass eine Gattung als zwei Gattungen wahrgenommen werden würde?“

Tilvera: „Zweifellos, denn alle anderen Merkmale wären null und nichtig.“

Ónytjungur: „Auch wenn dieses ausgewählte Merkmale „Rasse“, Religion, oder die Mitgliedschaft in einem Automobilklub wäre?“

Tilvera: „Es änderte sich dadurch nichts. Was ist „Rasse“?

Ónytjungur: „Das, womit es jeweils besetzt wird, ganz nach Gusto. Einmal sind es Domherren, Kapläne und Kleriker, beziehungsweise solche, die dies nicht werden dürfen. Nachdem religiöse Gewissheiten zugunsten eines materialistischen-naturwissenschaftlichen Weltbildes in Frage gestellt werden, das Produkt großer Aufklärer in ihrem Bestreben, die Welt „logisch“ ordnen und klassifizieren zu müssen. Also irgendein x-beliebiger ideologischer Zusammenhang.“

NSDAPvsAfD
Die Wiedergeburt

Tilvera: „Wird darüber nicht Vorwand als Beweggrund ausgegeben?“

Ónytjungur: „Und wem nützte dieses Wissen? Sind doch die davon Befallenen der festen Überzeugung, dass dem nicht so sei.“

Tilvera: „Dann müsste es solchen doch wenigstens mal gesagt werden.“

Ónytjungur: „Du neigst zu Träumen. Denn das wäre denen bereits viel zu komplex. Zudem, zeigt nicht die Erfahrung, dass es Eigenschaft dieser Wesen ist, nur jenen Gockel zu hören, der am lautesten kräht? Und worauf kräht dieser bekanntlich?“

Tilvera: „Auf einem Misthaufen.“