Anno Gestern ergab es sich, dass sich der Staat an den wohlgebauten Körpern seiner Jugend erfreute und die große vaterländische Pflicht verkündete. Die Staatsmänner selbst waren betrüblicherweise als Wohnzimmerkrieger dazu außerstande, ihre vaterländische Pflicht zu erfüllen und es war zu vernehmen, dass sie erbärmlich darunter litten.

Nun, jeder stehe an seinem Platz. Familienvater Rúnar – nunmehr Feldwebel Rúnar – schickte sich an, Einfamilienhaus, Schnuckiputzi, samt Kinder und Blautanne zu verteidigen und lag bereits die zweite Woche im erfolgreichen hinhaltenden Kampf nördlich von Akureyri, als hoch über den Tannen ihm weiße Streifen ankündigten, dass sich im Hinterland wohl ein Atomziel befinden müsse. Ein Lachkrampf erschütterte den Schützengraben, als Feldwebel Rúnar – immer noch Familienvater Rúnar – mit dem G3 auf die Rakete schoss, um seine Familie zu schützen. Als man ihm unmittelbar nach dem Gefecht in Akureyri die Nachricht überbrachte, dass seine Familie in Hólmavík tapfer vor dem Feind gefallen sei, schwoll seine Brust in vaterländischem Stolz.
Der Antrag auf Heimaturlaub wurde abgelehnt, da in Hólmavík ohnehin nichts mehr zu beerdigen sei. Als Rúnar seine Mannen zu neuem Sturmangriff auf den Berg führte, durchjagte eine Kugel den schriftlichen Bescheid in seiner Brusttasche. Der Bescheid offerierte ihm, dass er in dreißig Jahren, also unmittelbar vor seiner Rente, Anspruch darauf hätte, im Planquadrat XYZ – ehemals Hólmavík – ein Haus zu errichten. Der Bescheid verwies darauf, dass es sich dabei um das ehemalige Grundstück handle, dies nach wie vor sein Grundstück sei, das Grundstück allerdings mit der Auflage versehen worden sei, dass darauf für die nächsten 50 Jahre keinerlei Nahrung angebaut werde dürfe, welche geeignet wäre, in den öffentlichen Handel zu gelangen. Die Früchte seiner Arbeit könne er jedoch zur Deckung des Eigenbedarfs ernten, da diese bedenkenlos für den Verzehr geeignet wären. Im Übrigen werde er, Rúnar, in Würdigung des hohen Blutzolls, den seine Familie zur Verteidigung seines Vaterlandes erbracht habe, mit der Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet. Die Regierung bedaure aufrichtig, dass er pflichtgemäß seiner Familie in ihrer Todesstunde nicht habe beistehen können. Der Bescheid versicherte ihm jedoch, dass seine Familie einen humanen Tod erlitten hatte, sie hätten keinerlei Schmerz empfunden.
Während der Genesungszeit im Lazarett konnte sich Feldwebel Rúnar – nun nicht mehr Familienvater Rúnar – hingegen nicht entblöden, einen zweifelnden Blick auf seine Braut neben den anderen G3´s zu werfen und beschloss daher, am Totensonntag für seine Familie sammeln zu gehen – in Uniform, am Denkmal, welches von einem internationalen Scherbengericht in Reykjavík nach der Abschaffung des UNO-Vetorechts für Atommächte errichtet wurde.