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Im Wahrnehmungsgefängnis

Ónytjungur: “Was bringst du Neues aus der Welt der seltsamen Wesen, die immer zahlreicher die Gegend hier heimsuchen?”

Tilvera: “Es ist die Rede davon, dass jeder Schwachkopf, der den freien Willen in Frage stelle, seinen freien Willen dazu benutze, um eine Theorie zu entwickeln.”

Ónytjungur: “Und wie verhält es sich bei jenen, die darüber keine Theorie entwickeln?”

Tilvera: “Befinden sich, so der Erkennende, ebenso in einem Wahrnehmungsgefängnis. Aus diesem heraus erkenne er, dass das produktivste Vermögen die Fantasie sei.”

Ónytjungur: “Meint er mit dem Eigenschaftswort produktiv nun jenes Vermögen, viele konkrete Ergebnisse hervorbringen zu können, oder das Vermögen, schöpferisch sein zu können?”

Tilvera: “Worin läge der Unterschied?”

(Bild: Bernhild Vögel)

Ónytjungur: “Nun, gesetzt den Fall, seine Aussage treffe zu, dass er sich in einem Wahrnehmungsgefängnis befinde, wäre er ja außerstande, konkrete Ergebnisse hervorbringen zu können, könne also nur schöpferisch unterwegs sein, in dem Sinne, dass er zum Beispiel  die These aufstelle, Trolle hätten knubbelige Nasen, und würden grobe Späße treiben.  Nun ist der Vorgang, eine These aufzustellen, dass Trolle knubbelige Nasen hätten und grobe Späße treiben würden, nicht weniger oder mehr schöpferisch als die These, dass das Ding da in deiner Hand ein Apfel sei, er für Trolle genießbar wäre, sie damit ihren leeren Magen füllen könnten, und daran auch keineswegs zugrunde gehen würden, sondern nur nicht verhungerten. Die erste These wäre wie die zweite These schöpferisch, allerdings entbehrte die erste These der Eigenschaft, ein konkretes Ergebnis im Sinne von Tatsache hervorgebracht zu haben, und es ist unschwer zu erkennen, dass die erste These so abwegig ist wie die zweite zutreffend.”

Tilvera: “Er sagt, es hätte bei ihm eine Einsicht gezündet.  Die Menschen würden nur aneinander vorbeileben, sich einander nicht verstehen, sondern sich nur Bilder voneinander machen und sich überstülpen.”

Ónytjungur: “Wie kommt’s? Schließt er von sich auf andere?”

Tilvera: “Er sagt, es gebe kein höheres Ziel, denn so sei der Begriff der Evolution konzipiert. Es gebe zwar eine Höherentwicklung des Lebens, aber dies geschehe nicht aus zielgerichtetem Geschehen, sondern aus Zufallsgeschehen. Es würden jene selektiert, welche die besten Überlebenschancen hätten.”

Ónytjungur: “In der Tat. Als ich vor ein paar Jahrzehnten bei strömendem Regen über einen dieser gepflasterten Gehwege  unten im Park lief, zertrat ich aus Versehen ein paar Regenwürmer, die sich dort in Sicherheit gebracht hatten. Ihr Unglück war, dass sie hierfür sich den falschen Ort zur falschen Zeit aussuchten, wie all jene zerquetschten Regenwürmer verrieten, die vor mir bereits Fußgänger zertreten hatten. Es ist auch unbekannt, ob es sich dabei um Regenwürmer handelte, die dabei der Tod bereits ereilte, bevor sie sich fortpflanzen konnten, wie auch unbekannt, ob es sich dabei um Regenwürmer handelte, die mit Intelligenz begabt waren, oder nur um Dummköpfe. Wie auch immer, jene Regenwürmer, die sich zu jenem Zeitpunkt im Gras aufhielten, hatten sich danach fortgepflanzt. Da die Lebenserwartung der Regenwürmer zwei Jahre beträgt, müsste sich dort nun unten im Park mittlerweile die 25. Generation tummeln. Genau gesagt nur jene, die bei all den zahllosen Regenfällen der letzten Jahrzehnte nicht ausgerechnet gerade in dem Augenblick den Gehweg als einzige Zuflucht vorfanden. Nun sage mir, meint er damit jene, wenn er sagt, diese wurden nur deswegen selektiert, weil diese die besten Überlebenschancen gehabt hätten?”

Tilvera: “Nun, er geht von Rückkoppelung aus.”

Ónytjungur: “Von negativer oder positiver?”

Tilvera: “Von positiver.”

Ónytjungur: “Demnach davon, dass desto mehr, umso mehr, und desto weniger, umso weniger?”

Tilvera: “So scheint es. Er sieht Sinninseln.  Es gebe keinen Sinn, außer er werde erzeugt.”

Ónytjungur: “Und was wird unter Sinn verstanden?”

Tilvera: “Sinn sei etwas, was Einzelne oder auch ganze Kulturen, ganze Kollektive, als produktives Vermögen erzeugen in der Art und Weise, wie sie ihr Leben organisieren. Er ist der Ansicht, dass im Falle, einer hätte das Gefühl, dass sein Leben sinnlos sei, er damit eigentlich sage, dass er ein zusammenhangloses Leben führe.”

Ónytjungur: “Wäre er Philosoph, so wüsste er, dass heutzutage nur noch entweder ein zusammenhangloses Leben oder ein an Blauäugigkeit kaum zu überbietendes Leben möglich.”

Tilvera: “Mit welcher Begründung?”

Ónytjungur: “Schon einmal vom Rabbit Proof Fence gehört?”

Tilvera: “Ein Farmer führte einst in Australien 24 Karnickel ein, damit er sich dort besser heimisch fühlen könne, da …”

Ónytjungur: “Verhält es sich nicht so, dass jeder Einzelne, so er sich einem  Zusammenhang  zugehörig wähne, sich de-facto nur irgendeinem Zusammenhang anschlösse, der nur  irgendeine winzig kleine Teilmenge aller tatsächlich vorhandenen Zusammenhänge wäre? Somit alle weiteren vorhandenen Zusammenhänge schlicht und ergreifend ignorierte?”

Tilvera: “Er sagt, Schopenhauer hätte gesagt, dass die Erde ein erkalteter Planet mit einem Schimmelüberzug von Leben sei, und der Schimmel die Eigenschaft hätte, sich überall auszubreiten, auch ziemlich unappetitlich sei, es aber in­mitten des Schimmels gemütlich und warm wäre. Dies sei allerdings nur eine Metapher gewesen.”

Ónytjungur: “Beschrieb er dabei nicht jenes, was sich da bis auf den heutigen Tag zeige? Und bestünde der Sinn dessen nun darin, dass sich einer einem Zusammenhang anschließe, der nur  irgendeine winzig kleine Teilmenge aller tatsächlich vorhandenen Zusammenhänge sein kann, nur um es etwas gemütlich und warm zu haben?”

Falschmeldung

Ónytjungur: “Was bringst du Neues von deiner Reise? Ich frage nur, da ich diesen Winter  jeden Tag hier ein seltsames Ereignis beobachte.”

Tilvera: “Und was soll deiner Ansicht nach seltsam sein?”

Ónytjungur: “Hast du keine Augen mehr im Kopf? Die Berge ringsum weinen jeden Tag schwarze Tränen auf ihr weißes Kleid!”

Tilvera: “In der Tat. Seit die Wissenschaftler das Klima hier aufzeichnen, so ist zu hören, war es zu keiner Zeit hier um diese Zeit so warm. Stürme lassen das Mittagsland, das sich aus welchen unerfindlichen Gründen auch immer selbst Abendland nennt, nun schon das zweite Jahr rechts liegen, und pusten die warme Luft im Winter lieber in den Norden. Und so ist es nun am Nordpol gerade mal so kalt wie in den Städten des Mittagslandes.”

Ónytjungur: “Du treibst üblen Schabernack mit mir.”

Tilvera: “Keineswegs. Es ist aber nichts, worüber du dir Sorgen machen solltest.”

Ónytjungur: “Soso. Glaube, mich daran erinnern zu können, dass ich dich dahingehend nicht um Rat gebeten hatte.”

Tilvera: “Nun, er ist auch kostenfrei. Ich bringe dir frohe Kunde. Ein Heiland ist uns geboren, er trat aus der Bedeutungslosigkeit hervor, von jubelndem Volk empor getragen in den Olymp. Nun sitzet er zu Rechten der Wissenschaftler, und lehrt sie. Es ist endlich das Ende des Zeitalters angebrochen, in welchem renomierte Forscher  ungerechtfertigterweise ihre Forschungsergebnisse aus langjähriger und akribischer Forschung als ermittelte Fakten ausgeben durften.”

Ónytjungur: “Forschung ist Betrug, deren Ergebnisse eine Lüge? Hirngespinste?”

Tilvera: “Nun, es verhält sich so, dass auch das geozentrische System damals besser mit jenem übereinstimmte, was  damals als gesunder Menschenverstand angesehen.”

Ónytjungur: “So ist also den Professoren ein Professor entwachsen, der nun Professor der Professoren?”

Tilvera: “Nicht ganz. Missgünstige Rivalen hatten zu seinem großen Leidwesen nichts unversucht gelassen,  um zu verhindern, dass er zeitlebens sein Genie durch Lehre und Studium erprobe. Und so war er verurteilt, sich mit dem Titel eines Bachelors abspeisen zu lassen, nicht einmal zu einem Masterstudiengang wurde er zugelassen.”

Ónytjungur: “Es kann der Klügste nicht studieren, was arge Missgunst ihm verweigert. Gibt es den Grad eines Bachelors in der Klimaforschung?”

Tilvera: “Nun, der Forschungsbereich, in dem er studierte, war mehr im Bereich Immobilienwirtschaft.”

Ónytjungur: “Dann dürfte er Kenntnisse erworben haben, wie die Häuser in Zukunft zu bauen sind, damit sie den starken Stürmen standhalten, mit denen hier auf Grund des Rückgangs des arktischen Eises gerechnet wird.”

Tilvera: “Nicht ganz. Bei seiner Forschungsarbeit ging es mehr um den Kauf und Verkauf von Immobilien.”

Ónytjungur: “Also darum, mit welcher Methode einer eine Immobilie am besten kauft, solange diese noch intakt ist, …”

Tilvera: “… und mit welcher Methode er sie am gewinnbringendsten verkauft, bevor sie zerstört ist. So ungefähr.”

Ónytjungur: “Und diese Person wurde nun in den Rang eines Professors der Professoren berufen?”

Tilvera: “Nicht ganz. Du kennst ja die Missgunst, die Genies Allerortens entgegenschlägt. Aber es bekümmert ihn nicht.”

Ónytjungur: “Darin zeigt sich wahre Größe.  So ist also über kurz oder lang damit zu rechnen, dass die Berge hier ringsum im Winter nicht mehr schwarze Tränen auf ihr weißes Kleid weinen, und der Winter eines Tages wieder zurückkehrt, so wie ihn die Einheimischen bisher gewohnt waren.”

Tilvera: “Nun, es gibt Verdachtsmomente, die besagen, dass es durchaus ein anderes Ende nehmen könnte.”

Ónytjungur: “Inwiefern?”

Tilvera: “Das Genie schätzt Golfplätze und Luxus-Ressorts.”

Ónytjungur: “Und?”

Tilvera: “Es ist folglich durchaus denkbar, dass seine überwältigende Weisheit dazu führt, dass deine Enkelkinder eines Tages aus diesem Grund nicht mehr im Winter auf die Kanaren zu fliegen brauchen, sondern gleich hier bleiben können.”

Ónytjungur: “Was hat das eine mit dem anderen zu schaffen?”

Tilvera: “Ich erinnere dich daran, dass sein Forschungsbereich der Kauf und Verkauf von Immobilien ist. Ein Luxus-Ressort mit Golfplatz ist eine Immobilie. Hast du schon jemals Golf auf einer Schneedecke gespielt?”

Ónytjungur: “Du weißt, dass ich im Falle, mich überfiele die Langeweile, bereits vollständig damit ausgelastet bin, faustgroße Steine mit meinem rechten Fuß in den See dort drüben zu kicken. Wozu sollte ich mir dann anderes Spielzeug zulegen wollen?”

Tilvera: “Steht dein Stein, den du dein Zuhause nennst, nicht an einem malerischen Plätzchen Erde?”

Ónytjungur: “Schon seit der Landnahme. Unwissende erzählen, hier würden sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Dabei gibt es hier gar keine Hasen, sondern nur Füchse.”

Tilvera: “Dann kann ich dir einen Bericht aus Schottland empfehlen. Aber Vorsicht, es gibt Leute, die behaupten, es würde sich um eine Falschmeldung handeln. Bei jenem, was Deine Augen dort sehen, könnte es sich durchaus auch um eine Fata Morgana handeln. Also um ein Trugbild.”

Ónytjungur: “Ich soll meinen Augen nicht mehr trauen können?”

Tilvera: “Es wurde ex cathedra verkündet. Er ist die Wahrheit und das Licht. Jenseits davon ist seitdem nur noch Lügenpresse, und  der Feind des Volkes möglich.”

Ónytjungur: “Lass mich raten, wer das Volk ist, und wer nicht, weiß er auch.”

Tilvera: “Das lässt sich in solchen Fällen immer leicht feststellen. Wer seine Stiefel leckt, gehört zum Volk, und wer sich weigert, ist der Feind des Volkes.”

Ónytjungur: “Da ist es doch gut, dass wir beide Trolle sind.”

Tilvera: “Was soll daran gut sein?”

Ónytjungur: “Trolle tragen gar keine Stiefel. Und wenn sie etwas lecken, dann nur leckere Eiscreme.”

þanki

troll-imadeWEB-1Ónytjungur: “Du warst lange Zeit unterwegs. Du weißt Neues zu berichten?”

Tilvera: “Nur über jenes, was Geschichte genannt, womit nicht Erzählung gemeint, sondern Entwicklung, im Sinne entstehender Gesellschaften. Sie suchen nun nach Veränderungen im Erleben und Verhalten, die zeitlich überdauern, und aufeinander aufbauen.”

Ónytjungur: “Wie? Ist ihnen noch nicht genug, was bisher angerichtet?”

Tilvera: “Es geht ihnen um die Anerkennung, Urinstinkte ausleben zu dürfen.”

Ónytjungur: “Als da sind?”

Tilvera: “Zum Beispiel die Angst. Diese habe über Jahrmillionen die Arterhaltung mitgesichert. Daher sei aufklären und Ungebildetheit anprangern die falsche Antwort. Entsteht Angst, würden die Urinstinkte geweckt, und diese seien brutal, und vertrügen sich nicht mit gebildetem Denken.”

Ónytjungur: “Interessant, Urinstinkte lehnen Information und öffentlichen Tadel ab. Richtet sich jenes, was da nun Urinstinkt genannt, nicht gegen die eigene Art, gegen Menschen? Sind die Opfer in deren Augen wieder einmal keine Menschen mehr, oder wird da nur Urinstinkt genannt, was kein Urinstinkt ist?  Und was ist denken?”

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(Bild: Bernhild Vögel)

Tilvera: “Eine berechtigte Frage. Es entstand aus dem mittelhochdeutschen Wort þanki.

Ónytjungur: “Aber þanki ist ein Ergebnis, und keine Tätigkeit. Wie kam es zu solchem Unsinn?”

Tilvera: “Ich weiß. þanki  ist das Wort für jenes, was in einer anderen Sprach Idee genannt.”

Ónytjungur: “Wurde das Wort Idee nicht dem Griechischen entnommen?”

Tilvera: “Sie haben eine Rangordnung festgelegt, im Sinne von Sortierung mehrerer vergleichbarer Objekte zum Zwecke einer Bewertung, und in dieser steht Idee über Wirklichkeit.”

Ónytjungur:þunk ist þank? Mir dünkt, ergo denk ich? Ist mit der Tätigkeit dünken  nicht bezeichnet, dass da einem etwas so vorkomme, es ihm als ob erscheine, anmute? Und beruhen nicht Ideen auf demselben? Wozu dann zwei Wörter für dasselbe? Ist doch, was mit denken bezeichnet, nichts anderes als dünken. War ihnen dünken nicht ausreichend, so dass sie aus dem Begriff þanki, also Idee, ein Tunwort erzeugen mussten?”

Tilvera: “Nun, vielleicht deckte das Wort dünken nicht ab, was denken abdecke.”

Ónytjungur: “Soso.  Und was wird getan, wenn einer denkt, und nicht dünkt?”

Tilvera: “Ich denke, also bin ich.”

Ónytjungur: “Wäre das auch nicht schon erreicht, wenn mir etwas deuchte, also dünke?”

Tilvera: “Zweifellos. Dann wären aber bestimmte Aussagen nicht mehr möglich.”

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Gedanke – Idee

Ónytjungur: “Als da wären?”

Tilvera: “Zum Beispiel: Was denkst du.”

Ónytjungur: “Und wozu fragst du nicht: Was überlegst du?”

Tilvera: “Oder:  Ich habe ihm was zu denken gegeben.”

Ónytjungur: “Und wozu teilst du mir nicht mit: Ich habe ihm was zu überlegen gegeben?”

Tilvera: “Da wäre noch: was denkst du darüber.”

Ónytjungur: “Und wozu fragst du nicht: wie urteilst du darüber?”

Tilvera: “Es ginge auch nicht mehr die Feststellung: wer hätte das von dir gedacht.”

Ónytjungur: “Und wozu sagst du mir nicht: wer hätte das von dir geglaubt?”

Tilvera: “Es wäre auch die Mitteilung nicht mehr möglich: das war für ihn gedacht.”

Ónytjungur: “Und wozu teilst du mir nicht mit: das war für ihn bestimmt?”

Tilvera: “Ich könnte auch nicht mehr sagen: ich habe mir nichts Böses dabei gedacht.”

Ónytjungur: “Und wozu sagst du nicht: ich habe dabei nichts Böses beabsichtigt?”

Tilvera: “Ich könnte auch nicht mehr sagen: das habe ich mir gleich gedacht.”

Ónytjungur: “Und wozu sagst du nicht: das habe ich mir gleich vorgestellt?”

Tilvera: “Findest du nicht, dass du ein Wortklauber bist?”

Ónytjungur: “Ist das deine Antwort auf meine Frage nach dem wozu? Dann düfte das Tunwort denken wohl mehr bei einer fixen Idee anzusiedeln sein, und nicht bei Gedanke, also bei kredda, und nicht bei hugur. Soll ich deiner Ansicht nach langsam zu verstehen beginnen, aus welchem tieferen Grund es das Tunwort denken nicht in allen Sprachen gibt?”

Tilvera: “Nun, dieses Tunwort bezeichnet eine Zusammenfassung der Tätigkeiten überlegen, urteilen, erinnern, glauben, bestimmen, vorstellen, meinen und beabsichtigen.”

Ónytjungur: “Und was ist das Ergebnis, wenn ich Äpfel, Unterhosen, Schraubenzieher und Kartoffeln zusammenrühre? Apfelmus? Kartoffelbrei? Dann wäre wenigstens nachvollziehbar, dass im Ergebnis über dieses Wort nur eine diffuse Vorstellung herstellbar, da zum Einen völlig undeutlich, und zum Anderen eine erforderliche Abgrenzung unterschlagend.”

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Differenzierung Eigenschaft “dumm”

Tilvera: “Wie bereits festgestellt, du bist nichts anderes als ein Wortklauber. Das rein Geistige wird dir stets fremd sein, wenn du so weiter machst. Bist du dumm?”

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“Vernunft”

Ónytjungur: “Das lässt sich wohl nicht vermeiden. Insbesonders dann, wenn mich einer dahingehend belehren möchte, dass ich mich vor einer Diktatur der Vernünftigen zu fürchten habe. Offensichtlich ist einem solchen unbekannt, was hierzulande unter dem Wort Vernunft verstanden wird. Aus diesem Grund  ziehe ich dem rein Geistigen vor, auf Erfahrung beruhend, durch systematische Beobachtung zu einer vorläufigen Annahme zu kommen, diese dann zu untersuchen, um dann zu versuchen, ob ich das auf solche Art und Weise  Aufgefundene mir selbst gegenüber erklären könne.”

Tilvera: “Und? Kannst du?”

Ónytjungur: “Kaum. Es zerrinnen mir die Wörter bei genauerer Inspektion wie Sand zwischen den Fingern. Und beschränke mich daher lieber  auf die Wörter überlegen, urteilen, erinnern, glauben, bestimmen, vorstellen, meinen und beabsichtigen. Sind doch diese Tätigkeiten für mich nachvollziehbar.”

Tilvera: “Dann wird aus dir nie ein Denker.”

Ónytjungur: “Wer sagt, dass ich beabsichtige, ein solcher eines Tages zu werden? Mir genügte schon, würde ich eines Tages wenigstens einen geringen Teil von dem verstehen, was anderen begreiflich.”

Hauptwort-Bildung

troll-imadeWEB-1Ónytjungur: “Elfar Logi Hannesson spielt heute. Kommst du?”

Tilvera: “Mich beschäftigt gerade noch eine wichtige Frage. Gesetzt den Fall, ein Selbst, das synonym zu personeller Identität behandelt, ist nur zeitlich begrenzt, und keineswegs gleichbleibend, dann müsste es doch zu einem bestimmten Zeitpunkt für eine gewisse Dauer wenigstens einmal zwei identische Selbst geben, bzw. gegeben haben, oder einmal geben, also nicht den körperlichen, sondern den geistigen Klon.”

Ónytjungur: “Da war wohl der Wunsch der Vater des Gedanken. Ist es nicht auffällig, dass jene, die allzu großzügig mit Fremdwörtern um sich werfen, als gäbe es keine analoge Entsprechung für das Wort in deren Muttersprache,  auch jene sind, welche jedem konkreten Individuum dessen Selbst absprechen, ohne auch nur die geringste Ahnung davon zu haben, was dessen Selbst ist?”

Tilvera: “Wo ein Wille, da ein Weg.”

Ónytjungur: “Soso, es mangelt bei mir folglich an erforderlichem Willen. Ich will also nicht. Und ich befürchtete schon, ich sei unfähig geworden, etwas zu verstehen. Allerdings ist aber auch hinlänglich bekannt, dass stets dann, wenn einer sich auf den Weg macht, Kluges von sich zu geben, da vom Verlangen nach Bestätigung oder Ablehnung heimgesucht, er gut damit beraten ist, wenn er hierzu Hauptwörter zu gebräuchlichen und allgemein bekannten Wörtern erschaffe, die an sich – sollte ich mich in diesem Punkt nicht irren – eigentlich Tätigkeiten und Eigenschaften bezeichnen. Da lobe ich mir doch eine gute Erzählung, wo jedes Wort passt, noch dazu, wenn diese von einem Könner seines Fachs vorgetragen. Also, kommst du nun mit, oder nicht?”

Tilvera: “Du meintest gängige Verben und Adjektive.”

Ónytjungur: “Ich meine gebräuchliche Tätigkeitswörter und Eigenschaftswörter.”

Tilvera: “Was dasselbe ist.”

Ónytjungur: “Und wozu dann der Umweg?”

Tilvera: “Wie käme sonst zum Ausdruck, dass es sich bei mir um einen Gebildeten handelt, der da mit dir spricht, also einem Gegensatz zu einem primitiven Subjekt.”

Ónytjungur: “Du bist der Ansicht, wenn du Umwege zu gehen gelernt hast, und mir dies nicht laufend kundtun würdest, würde ich dich für ein primitives Subjekt halten?”

Tilvera: “So ist die Welt gestrickt.”

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(Bild: Bernhild Vögel)

Ónytjungur: “Wie kommt es dann, dass die Leute dort unten, sogar auf der gesamten Insel, ohne Fremdwort und Lehnwort reden, und es diesen dennoch an nichts mangelt? Im Gegenteil, diese sich sogar höchst verständlich und vielfältig auszudrücken wissen, wie deren umfangreiche  Literatur belegt. Gehören diese Leute nicht zu dieser Welt, sind diese vielleicht anders gestrickt?”

Tilvera: “Des Menschen Wille ist sein Himmelreich.”

Ónytjungur: “Etwas viel Wille für einen Tag, findest du nicht? Was ist eigentlich dieser Wille?”

Tilvera: “Das Wort wurde aus der Tätigkeit wollen destilliert.”

Ónytjungur: “Mal sehen, was da herabtropfte. Würdest du sagen, dass stets dann, wenn du etwas willst, dies nur möglich ist, wenn du was beabsichtigst?

Tilvera: “Jedem  Wollen geht eine Absicht voraus .”

Ónytjungur: “Schön, schön. Und ist es nicht notwendig, dass zuerst etwas entschieden werden müsse, bevor es beabsichtigt werden kann, was dann dazu führt, dass etwas gewollt wird?”

Tilvera: “Ich kenne es nicht anders. Allerdings muss ich eingestehen, dass ich vorher abwäge, bevor ich mich entscheide.”

Ónytjungur: “Setzt abwägen nicht voraus, dass erst wählen möglich sein muss, denn gäbe es nichts zu wählen, was wäre dann abzuwägen?”

Tilvera: “Nichts.”

Ónytjungur: “Wie steht es mit den hierfür verfügbaren Angeboten? Hast du diese auch zu vertreten?”

Tilvera: “Wie meinen?”

Ónytjungur: “Nun, es müsse in diesem Fall  zwar mehr als ein Angebot vorhanden sein, denn sonst wäre ja abwägen überflüssig, jedoch ist damit erstens noch nicht gesagt, ob du alle möglichen Angebote kennst, und zweitens noch nicht gesagt, welche Angebote dir  gar nicht zur Verfügung stehen, obschon es sie gebe, allerdings nicht für dich, aus welchen Gründen auch immer das sein mag. Wenn es aber nun weitere Angebote gebe, allerdings nicht für dich, wie kannst du dann sagen, du hättest abgewogen, dich daraufhin entschieden, würdest daraufhin etwas beabsichtigen, und posaunst mir dann die Ohren voll, dass du es willst.”

Tilvera: “Nun, ich habe mich dazu entschieden, oder etwa nicht?”

Ónytjungur: “Und das Ergebnis nennst du dann Wille?”

Tilvera: “Wie sollte ich es sonst nennen?”

Ónytjungur: “Nun, dass du etwas willst, weil du etwas beabsichtigst, was auf Grundlage einer Abwägung entstanden, was bedeutet, dass du dieses verfügbare Angebot gegen die anderen auch noch verfügbaren Angebote für dich ab wägtest, und dich für dieses Angebot entschieden hattest, aus welchen Gründen auch immer.”

Tilvera: “Ist das nicht etwas langatmig?”

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(Bild Bernhild Vögel)

Ónytjungur: “Mag sein. Aber es wäre wenigstens verhindert, dass sich die Leute den Kopf darüber zerbrechen, und ganze Bibliotheken damit füllen, indem sie darüber sich ergießen, ob es nun einen freien Willen gebe oder nicht.”

Tilvera: “Er muss frei sein, denn keiner hat mir vorgeschrieben, wie ich mich entscheiden solle.”

Ónytjungur: “Soso. Und wie steht es damit, dass für dich dabei gar nicht alle verfügbaren Angebote verfügbar waren, aus welchen Gründen auch immer? Und wie kamen jene Dinge zustande, anhand derer du ab wägtest, also Maß nahmst, welches Maß das auch immer gewesen sein mag?  Denn wolltest du von einem freien Willen sprechen, müssten da nicht auch die für dich nicht verfügbaren Angebote von dir gewollt worden sein, dass diese nicht verfügbar für dich sind? Wie steht es zudem mit  jenen Dingen, anhand derer du Maß nahmst, und die dabei verwendete Maßeinheit, die dazu führte, dass du jenes Angebot verwarfst, und das andere erwähltest?”

Tilvera: “Du glaubst, du wirst verständlicher, indem du noch langatmiger wirst?”

Ónytjungur: “War es dir nun zu ausführlich, zu umfassend, oder zu weitschweifig?”

Tilvera: “Mehr im Sinne von zu wortreich.”

Ónytjungur: “Keineswegs so wortreich wie jene, die aus einer Tätigkeit ein Ding destillieren, das kein Ding ist, und dann Bibliotheken damit füllen, da es dieses nun gäbe, was für ein Ding es denn sein könne, wenn es denn ein Ding wäre, und was nicht.”

Tilvera: “Es ist Ausdruck vorhandener Bildung, Dinge bilden zu können, sie sozusagen zu erschaffen.”

Ónytjungur: “Wenn das so ist, dass die Tätigkeit, aus Tätigkeiten und Eigenschaften, die in Gebrauch sind, Hauptwörter zu  destillieren, also Dinge herabtropfen zu lassen, Ausdruck vorhandener Bildung ist, dann verstehe ich auch, dass es sich bei mir so verhält, dass diese Wörter bei mir immer wieder die bestmöglichen Gedanken verhindern, sobald ich nur dahingehende Ansätze mache, diese zu ordnen, zu gestalten, sie einzurichten und aufzubauen. Ist es nicht so, dass für alle Bezeichner charakteristisch sei, dass x nicht x wäre, wenn es nicht auf die Weise z erschiene? Wie erscheint nun Wille? Kann es sein, dass Tröll anders gestrickt sind?”

Tilvera: “Ich kann nicht für alle Tröll reden, denn ich bin nicht diese. Woher soll ich es dann wissen?”

Ónytjungur: “Du hast recht. Ich habe nicht bedacht, dass im Augenblick der falsche Zeitpunkt und du die falsche Person sein könntest.  So werde ich wohl weiterhin auf den Zufall warten müssen, bis mir dieser   genau jenen Tröll zu genau jenem Zeitpunkt über den Weg laufen lässt, an dem dessen Selbst  für eine gewisse Dauer ein Klon des meinigen geworden ist, oder meines das seinige. Die Frage ist nur noch, ob ich es dann bemerken würde. Und woran.”

Tilvera: “Und warum erinnern mich deine Worte im Augenblick an jene Begebenheit, als ein Bursche von der Lehrerin gefragt wurde, was dabei herauskomme, wenn die Zahl 2 zu der Zahl 2 addiert werde.”

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(Bild: Bernhild Vögel)

Ónytjungur: “Sag es mir.”

Tilvera: “Nun, der Bursche antwortete damals der Lehrerin, dass sein Vater ein stadtbekannter Säufer sei, seine Schwester eine Prostituierte, sein Bruder ihn ständig grün und blau schlage, und seine Mutter das Haushaltsgeld tagein, tagaus im Spielcasino verspiele, und meinte dann abschließend zur Lehrerin, …”

Ónytjungur: “… Ihre Probleme möchte ich einmal haben. Ich kenne die Antwort. Willst du nun mitkommen, oder nicht?”

Tilvera: “Da gibt es für mich nichts abzuwägen, es fällt mir daher leicht, mich zu entscheiden. Selbstverständlich bin ich dabei. Ich wäre ein Dummkopf, ließe ich mir die Gelegenheit entgehen, mir etwas erfahren zu können. Zudem muss ich mich nun etwas von breitbeinigen Hauptwörtern erholen.”

Zeitgenössischer Text

Die wissenschaftsbasierte Informationsgesellschaft

Anfang
: das Alphabet

a b c d e f g h i j k l m n o b q r s t u v w
Wort, Satz, Absatz, …

Grammatik
: „Schalter ein, Schalter aus“

01001100  01101110  01101100

Alphabetisierung
: das Emoji –
mutiert zum Denker

denker-mutiert-zu-emoji

Akzeptanz

akzeptanzsuche

Meinung wird Wissen
… , Trump, Urbi et Orbán, Frau Kepetry, …

: beredtes Schweigen,
oderich-lach-mich-weg

 

isSamtímalegur textinn

Das Bier-Dilemma

troll-imadeWEB-1Ónytjungur: “Siehst Du dort diesen SUV, der gerade derart stümperhaft  in die Furt einfährt, dass ihn die Leute von ICE-SAR wieder herausziehen werden müssen? Was würdest du mir antworten, wenn ich dir sage, der Motor sei der Fahrer, und der Fahrer nur ein Trugbild deiner Phantasie?”

Tilvera: “Dass du, nachdem du so alt geworden bist,  wohl nicht mehr alle Tassen im Schrank hast, oder gestern Abend bei dem Live-Konzert im Enski Barinn etwas zu oft die Nase in die  Gläser  der Gäste gesteckt haben musst, die mit  Guinness gefüllt. Sonst würdest du dich noch daran erinnern, dass der Motor nur das Werkzeug ist, dessen sich der Fahrer bedient, der Fahrer hingegen nur dies tun kann, was ihm der Motor erlaubt. Oder hast du schon einen Motor gesehen, der von sich aus fährt, oder einen Autofahrer, der mit seinem Auto taucht oder fliegt?”

Ónytjungur: “Nur dort, wo der Fahrer in der Kurve zu schnell unterwegs, oder der Wasserstand des Flusses zu hoch.  Das war dann in aller Regel auch das Ende einer solchen spezifischen Fahrgemeinschaft. Nehme ich nun das Auto als Referenzgegenstand, so bewegen sich beide, wie du mir wohl eingestehen wirst, sowohl der Fahrer, als auch der Motor. Auch scheinst du mir vertraut zu sein mit dem Prinzip der Erklärungsebene.”

Tilvera: “Kann es sein, dass du gestern Abend deine Nase auch noch in eine Flasche Svarti dauði  gesteckt hast?”

Ónytjungur: “Keineswegs. Zumindest erinnere ich mich nicht mehr daran.  Können wir beide uns darauf einigen, dass es sowohl das Teil wie auch das Ganze gibt?”

Tilvera: “Es waren wohl auch noch härtere Sachen dabei, wie käme sonst eine solche dumme Frage zustande. Jedes Kind da unten in der Dorfschule weiß, dass Teil und Ganzes sich einander bedingen.”

Ónytjungur: “Schön.  Wie steht es mit den Begriffen Ursache und Eigenschaft? Bezogen sowohl auf das Auto dort als Ganzes, wie auch auf dessen Teile, also dem Fahrer und dem Motor.”

Tilvera: “Da werde ich wohl nicht darum herumkommen, das Teil vom Ganzen getrennt betrachten zu müssen, wie auch das Ganze getrennt von dessen Teilen.”

Ónytjungur: “Wie kommst du auf eine derart seltsame Idee, solch ein Vorgehen zu wählen?”

Tilvera: “Da das Ergebnis, so es ein logisches sein solle, und kein ideologisches, einzig und allein davon abhängt, was ich betrachte, also das Ganze, oder das Teil. Betrachte ich das Ganze, so ist der Fahrer eine Eigenschaft des Autos, welche dem Auto erst ermöglicht, sich zu  bewegen, betrachte ich das Teil, so ist der Fahrer jedoch die Ursache, die dazu führt, dass sich das Auto bewegt. Was ist nun der Fahrer, Eigenschaft oder Ursache?”

Ónytjungur: “Ich sehe, du bist mit dem Prinzip der Erklärungsebenen durchaus vertraut, wie auch mit der damit vorhandenen Logik. Allerdings wirst du wohl einräumen, dass da etwas widersprüchlich sein muss, denn es ist ein Unding, dass ein und dasselbe sowohl Eigenschaft als auch Ursache sein kann.”

Tilvera: “Das hängt davon ab, was du unter dem Wort Wissen verstehst, und was nicht.”

Ónytjungur: “Stecktest du deine Nase gestern Abend auch in die besagten Gläser?”

Tilvera: “Keineswegs.  Denn du kannst die Wirklichkeit als Wissen bezeichnen, also jenes, was ist. Du kannst aber auch die Wahrnehmung als Wissen bezeichnen, also jenes, was wird.  Alles nur eine Frage der Terminologie. Und der angewandten Methode.”

Ónytjungur: “Kann es sein, dass bei dir gestern Abend zufällig auch eine Flasche Svarti dauði  deinen Weg kreuzte?”

Tilvera: “Weil ich empirisch und naturwissenschaftlich vorgehe, und nicht idealistisch? Muss ich bei dir nun erst Platoniker werden, oder Neuplatoniker, fahrender Scholast, oder gar Philosoph?”

Ónytjungur: “Nun wirst du aber unvernünftig.”

Tilvera: “Bleib mir mit dem Wort Vernunft vom Leib. Es gibt wohl wenig Wörter, die mit einem solchen Umfang sich widersprechender oder undeutlicher Beschreibungen daherkommen. Ist es nicht seltsam, dass je undeutlicher eine Beschreibung, desto umfangreicher deren Gebrauch?”

Ónytjungur: “Nun, es dient der Erarbeitung dessen, was mit dem Wort gemeint, und was nicht.”

Tilvera: “Wohl eher zum Zwecke, anderen vorhandene Unvernunft zu unterstellen.  Oder willst du etwa behaupten, es wäre Ausdruck von Vernunft gewesen, als Menschen damals im Land der Biodeutschen dennoch einen Mitbürger jüdischen Glaubens heirateten, oder bei ihm einkauften, ihn gar verstecken? Es war nicht die Vernunft, die solche zu solchem Tun veranlasste, auch nicht die Moral, und schon gar nicht ein Gesetz, erst recht nicht eine Erziehung oder eine Ideologie.”

Ónytjungur: “Sondern?”

Tilvera: “Deren Selbst, über welches seit jeher jedes konkrete Individuum verfügte bis zu dessen Tod, in diesem Augenblick verfügt, so es denn lebe, und über ein solches auch in Zukunft jedes konkrete Individuum verfügen wird. Und kein einziges davon ist einem anderen gleich.”

Ónytjungur: “Soso. Und was ist dieses Selbst?”

Tilvera: “Das kann nur der jeweilige Eigentümer selbst herausfinden.”

Ónytjungur: “Und worauf begründet sich dann deine Behauptung, es gäbe so etwas?”

Tilvera: “Verhält es sich bei dir nicht so, dass es dein Selbst ist, mit dem du dein Ich identifizierst? Oder ist es etwa das eines Anderen? Und verhält es sich bei dir nicht so, dass du zwischen deinem Körper und deinem Ich unterscheidest? Und hat dieses dein Selbst eine Länge, eine Breite, eine Tiefe? Und falls nicht, hat es dann nicht andere Eigenschaften als dein Körper?”

Ónytjungur: “Bei dir waren wohl gestern Abend auch noch härtere Sachen dabei, als es ein Svarti dauði sein kann. Zu deiner Beruhigung, bei mir verhält es sich so, dass mein Selbst bei meinen Nachforschungen immer dasselbe war, sooft ich auch danach forschte, es folglich bereits mein ganzes Leben lang unverändert  bis jetzt existierte. Oder glaubst du etwa, ich wäre durch dein Geschwätz du geworden?”

Tilvera: “Das fehlte mir noch. Als wäre mein Unglück nicht bereits ohne dich schon groß genug. Könnte es demnach sein, dass auch das Gedachte nicht gedacht sein kann wie auch das Allgemeine nicht allgemein sein kann, ohne es zuerst vom Raum oder aus materiellen Eigenschaften zu abstrahieren? “

maltÓnytjungur: “Die Eigenschaften physikalischer Phänomene, also räumliche und zeitliche, sind bestimmten physikalischen Gesetzen untergeordnet, das kann dir jeder Physiker dort unten in der Dorfschule erklären, solltest du dahingehend noch Nachhilfe nötig haben. Und das bei deinem Alter!”

Tilvera: “Wie kommt es dann, dass du dir einbildest, du hättest ein Selbst, das ja – da du mir diesbezüglich nicht widersprachst – weder eine Länge, eine Breite, noch eine Tiefe hat?”

Ónytjungur: “Was hältst du davon, wenn wir beide uns  heute Abend ausnahmsweise mal im Cafe Hresso treffen, und ein  alkoholfreies Malt zischen?”

Wohlstandsphilister

troll-imadeWEB-1Tilvera: „Du nennst dich Taugenichts, wirst auch so gerufen. Wie kommt es?“

Ónytjungur: „Da musst du jene fragen, die mich so nennen, und jenen, der mir diesen Namen gab.“

Tilvera: „Und aus welchem Grund nennst du dich selbst so?“

Ónytjungur: „Weil ich weiß, dass ich das Ziel immer noch nicht erreicht habe, das ich hätte erreichen können.“

Tilvera: „Und was ist dieses Ziel?“

Ónytjungur: „Das ist der zweite Grund. Ich kenne es nicht. Wozu fragst du?“

Tilvera: „Weil ich nicht verstehe, wozu sich Menschen nicht mit jenem beschäftigen, was geschrieben steht, Satz für Satz, Beschreibung nach Beschreibung, sondern sich  nur interessieren, wer geschrieben habe.“

Ónytjungur: „Du nennst dich Sein, wirst auch so gerufen. Wie kommt es?“

Tilvera: „Weil es die einzige Wahrheit ist, die ich kenne, und diese heißt ich bin. Jeder andere Name wäre …“

Ónytjungur: „… kein identifizierendes Merkmal?“

Tilvera: „Wie auch. Wäre ein Name ein identifizierendes Merkmal, so bräuchten die Menschen hier nicht das zweibeinige Lexikon der isländischen Musikgeschichte, Jóhannes, im 12 Tónar im Skólavörðustíg aufsuchen, und ihm die Personen Rúnar und Ragnar in allen Einzelheiten zu beschreiben, um diese nach dreißig Jahren unter der unüberschaubaren Anzahl der Rúnars und Ragnars  zu finden. Selbst Jóhannes kann sie nicht anhand derer Namen identifizieren, sondern erst über deren Musik, den Titeln ihrer Lieder, und ihrer Kompositionen.“

Ónytjungur: „So ist es. Und aus welchem Grund redest du nun über Namen, und nicht über Inhalte?“

Tilvera: „Ein Kerl, im Wahn, er sei ein investigativer Journalist, hat sich der Mühe unterzogen, dem Pseudonym einer Autorin nachzuspüren, um selbst endlich einmal berühmt zu werden.“

Ónytjungur: „Offensichtlich ist er zu sinnvoller Tätigkeit völlig untauglich, und hatte daher keine andere Wahl. Was kein Problem sein muss, denn es wird sich niemand dafür interessieren.“

Tilvera: „Dort kümmern sich die Leser mehr darum, wer da spricht, als darum, was einer spricht, und wie einer spricht.“

hrafnhuh2

Ónytjungur: „Da haben sich wohl Ignorant und Dummköpfe getroffen, und sich gegenseitig bestätigt. Was kein Wunder ist, denn eine deren Lieblingsbeschäftigungen war, so hatte ich bei meinen Reisen festzustellen, hinter einem Vorhang stehend andere Leute auszuspähen, um dann über das auf solche Art und Weise Erfahrene sich das Maul zerreißen zu können. Und sie finden dafür an allen Ecken und Enden bereitwilliges Gehör.”“

Tilvera: „Sie sagen, sich selbst einen Namen zu geben, sei Ausdruck von Arroganz.“

Ónytjungur: „Sich selbst keinen Namen zu geben, obwohl ein Verlangen danach, ist Ausdruck unverständlicher Hilflosigkeit. Was spräche dagegen?“

Tilvera: „Die Mutmaßung anderer, da wolle einer nicht zu jenem stehen, was er schreibe, oder irgendein anderer Unfug, der solchen dann unterstellt werde.“

Ónytjungur: „Stünde ein solcher nicht zu jenem, was er schreibe, so schriebe er es doch auch nicht. Welche Vorstellungen treiben diese Leute um? Sie schließen doch damit nur unzulässig von sich auf andere, und haben nicht die geringste Ahnung, was einen dazu treibe, sich der qualvollen Mühe zu unterziehen, dem Zwang zu folgen, und Wort für Wort zu finden, Satz für Satz zu formen, und sich damit unweigerlich dem Gespött, oder der Ignoranz, oder der Lobhudelei anderer auszusetzen.“

Tilvera: „Sie sagen, die sicherste Methode, kein Interesse auf die eigene Person zu ziehen, sei gerade der Verzicht auf ein Pseudonym.“

Ónytjungur: „Die sicherste Methode, kein Interesse auf die eigene Person zu ziehen, so scheint mir, ist dort nur darüber erreichbar, etwas Brauchbares zu veröffentlichen.“

Tilvera: „Dichtung und Erzählkunst stehen dort nicht hoch im Kurs.“

Ónytjungur: „Dann stimmt folglich, was die Dichter von diesen zu erzählen wissen.“

Tilvera: „Als da wäre?“

Ónytjungur: „Dass diese nur an der Verbreitung und Veröffentlichung von Meinungen interessiert.“

Tilvera: „Und welche Worte fand der Dichter für eine exakte Beschreibung dessen, was da ist?“

Ónytjungur:

Unter all den Vögeln
auf dem Krümelacker der Worte
gackern und scharren nur sie

: ununterbrochen
statt das Tirilieren
& Fliegen zu lernen…

Tilvera: „Ein ungetrübter Blick. Hat er auch Gründe dafür genannt?“

Ónytjungur:

Konsumartikel Vergnügen
hurt mit der Bürgerlangeweile
Lude Reibach lacht sich eins
ins Fetischlein: gefressen wird,
was Konten schmiert – Gewohnheit
kühlt das letzte kleine Mütchen
unerwünschter Ausbruchsträume …

In stinkender Behaglichkeit
verfaulen Phantasie und Geist,
nur die Moral wird breit und feist
in der Grabesstille der Zufriedenheit.

Tilvera: „Und was unterscheidet diese signifikant von Dichtern?“

Ónytjungur: „Hast du nicht „Die Hände buhlen um meine Gunst“ gelesen?

Tilvera: „Erinnerst du dich noch an jenen Mann, damals nach Weihnacht, der mit zwei prallvoll gefüllten Plastiktaschen in das Restaurant am BSÍ kam, sich einen Kaffee holte, und wir beide vermutet hatten, er ruhe sich vom Rummel im Supermarkt aus? Die Plastiktaschen waren jedoch prall gefüllt mit den neuesten Büchern, welche die Bókaflóð vor die Augen der Menschen trieb. Der Mann nahm Buch für Buch aus den zwei großen Plastiktaschen heraus, öffnete jedes Buch an jener Stelle, die mit einem Lesezeichen markiert, warf einen kurzen Blick auf den noch nicht gehobenen Schatz eines Gedichts oder einer Erzählung, und legte dann das Buch, an dieser Seite geöffnet, vor sich auf den großen Tisch, und wiederholte diesen Vorgang solange, bis der ganze Tisch von aufgeschlagenen Büchern mit einer Tischdecke voller Überraschungen bedeckt. Und dann las er, Stunde um Stunde, vergaß dabei nicht, sich Kaffee bei Bedarf nachzuschenken, da es gute Sitte und alter Brauch, dass stets dann, wenn einer eine Tasse Kaffee bezahle, er nachschenken dürfe, so ihm dies zusagt, und dafür nicht nochmal bezahlen müsse. Mir ergeht es im Augenblick wie jenem Mann, vor mir liegen auch noch einige unentdeckte Schätze. Kannst du das Gedicht daher für mich rezitieren?“

Ónytjungur:

Fleißig zieht die Rechte
Tintenbahnen über’s Blatt:
hüpft unterwürfig dienstbereit,
meinen Gedanken Form zu geben;

derweil die Linke ruht
& katzenartig eingerollt
den Augenblick erschnurrt,
meinem Mund den Wein zu reichen.“

Tilvera: „Das ist es, warum die Bókaflóð hier alljährlich von allen sehnsüchtig erwartet wird. Sie schätzen die Kunst, Gedanken Formen geben zu können. Und dort?“

buchproduktion-statistics-island
(http://www.statice.is/)

Ónytjungur: „Der dort durch Mehrheit bestimmte Zustand einer Gesellschaft lässt sich an jenem Geisteszustand messen, der durch tägliche Einschaltquoten dokumentiert.“

Tilvera: „Sie schätzen dort solche Geschichten, in welchen heuchlerische Zyniker erbärmlichen Charakteren eingebildete Naivlinge präsentieren, da zum Einen ein ungeheurer Bedarf danach vorhanden, und zum Anderen sonst die Rechte der Aufklärung auf freie Meinungsäußerung, auf Pressefreiheit, und auf bedarfsgerechte Grundversorgung verletzt.“

Ónytjungur: „Dann haben sie nichts anderes verdient.“

Tilvera: „Was haben sie verdient?“

Ónytjungur

Die Gaffer bilden eine Gasse
unter dem Hochseil, um bei
meinem Aufschlag nicht von
herumspritzendem Hirn
bekleckert zu werden;
stehen aber nahe genug,
möglichst deutlich das

KLATSCH

zu hören – während ich,
konzentriert balancierend,
zufrieden errechne, dass ich
mit einigem Schwung bei
parabolischer Flugbahn
weit genug käme, um
wenigstens einige ihrer
frisch geputzten Schuhe
zu besudeln.

Tilvera: „In der Tat. Erst das Werk ist ein identifizierendes Merkmal. Wozu waren dann die Leute so erpicht auf den Namen der Autorin?”

Ónytjungur: “Um endlich einen unbeschrifteten Stempel zu haben, auf dem jeder nach Gusto seine eigene Beschriftung über die Autorin anbringen kann, die mit einer exakten Beschreibung nicht das Geringste zu tun hat. Wer in Schubladen denkt, hat keine Ahnung vom Schrank. Sie nennen es Intelligenz. “

Tilvera: „Und? Hat Jóhannes auf Grundlage deiner Beschreibung Rúnar und Ragnar gefunden?“

Ónytjungur: „Ich bin es gewohnt, nur das Wesentliche zu beschreiben, den Inhalt. Es war ihm daher ein Leichtes.“

Die zitierten Gedichte: “Balanceakt”,Songs, Lyrik & Aphorismen, Werner Friebel
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Freiheit durch Bevormundung!

troll-imadeWEB-1Klerkur: „Es ist Menschenrecht, dass der Mensch Anspruch auf das Ornat anderer erhebe, also auf die Art und Weise, wie solche sich schmücken dürfen, und welche Art und Weise zu untersagen sei.“

Ónytjungur: „Das ist unübersehbar. Es war davon zu hören, dass das Management einer international agierenden Bank sogar eine E-Mail an ihre Mitarbeiter versandte, in welchem sie ihren Mitarbeitern erlaubte, ab 37 Grad im Schatten kurzärmliche Hemden tragen zu dürfen, und darauf hinwiesen, dass diese Temperatur noch nicht dazu berechtige, die Krawatte abzunehmen.“

Klerkur: „Der Unterdrückung der Frauen durch Männer ist ein Ende zu setzen.“

Ónytjungur: „Ein höchst ehrenwertes Anliegen, fürwahr.“

Klerkur: „Relativierungen der Form, es würden göttliche Gebote dagegen sprechen, oder die freie Entscheidung eines konkreten Individuums, sind ein für allemal ein Ende zu setzen.“

Ónytjungur: „Fürwahr, eine absolutistische Weltanschauung, und auch noch so widersprüchlich.“

Klerkur: „In der Tat.“

Ónytjungur: „Ich meinte Ihr Anliegen, und nicht jenes, was Sie  vorschützen.“

Klerkur: „Wie? Begründen göttliche Gebote etwa keine absolutistische Weltanschauung?“

Ónytjungur: „Das Dumme ist, dass es gar keine derartigen göttlichen Gebote gibt, in keiner Religion der Welt. Eine solche Religion ist gerade erst im Werden, wie Ihre Worte mir im Augenblick eindeutig belegen. Neu jedoch ist für mich, dass Sie davon ausgehen, Gott zu sein. Hat die neue Religion einen Namen? New-Dresscode-Age vielleicht?“

Klerkur: „Ich trete für die Menschenrechte ein, für die Gleichstellung von Mann und Frau!“

Ónytjungur: „Ein höchst ehrenwertes Anliegen, fürwahr. Aber teilten Sie mir nicht gerade mit, Sie wollten der freien Entscheidung eines Individuums ein für allemal ein Ende setzen, da diese in Ihren Augen eine Relativierung sei?“

saudi-cheikhKlerkur: „Im privaten Leben kann man weitestgehend tun was man möchte. In der Öffentlichkeit kann der Staat Regeln festlegen – das nennt man Gesellschaft.“

Ónytjungur: „Sie wollen mir erzählen, der Forderung nach Gleichstellung von Mann und Frau wäre Genüge damit getan, wenn sich die Menschen in der Öffentlichkeit an jene Regeln des Staates halten, die dieser festgelegt habe, während die Menschen im privaten Leben weitestgehend tun dürfen, was sie möchten? Wozu sollte dann Ihr neuer Gottesstaat notwendig sein? Denn wenn ich richtig informiert bin, ist dies doch längst Realität, und dies in allen Nationen der Welt.“

Klerkur: „Es ist ein Grundwert, im wahrsten Sinne des Wortes, und er ist so viel wert, dass er für die Gesellschaft nicht verhandelbar ist.“

Ónytjungur: „Nun, wenn eine Gesellschaft verlangt, dass ein logischer Widerspruch hinzunehmen und abzusegnen sei, darüber auch nicht verhandelt werden dürfe, dann begründen Sie nicht nur eine neue Religion, Sie begründeten darüber hinaus sogar auch noch eine neue Philosophie.”

Klerkur: „Wer sich nicht daran hält, und in der Öffentlichkeit mit verbotenem Ornat unterwegs ist, muss drastisch bestraft werden. Er kann ja das Land verlassen, wenn es ihm nicht passt.“

Ónytjungur: „In der Tat, eine neue Philosophie. Ich hoffe doch, die neuen Missionare dieser so genannten wissenschaftsbasierten Informationsgesellschaft berufen sich dabei nicht ausgerechnet auf eine so genannte abendländische Kultur.“

Klerkur: „Es ist abendländische Kultur!“

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(C) Zen&Senf

Ónytjungur: „Da ist mir aber etwas ganz anderes zu Ohren gekommen. Jener Information zufolge hat der Verkehr der Staaten untereinander naturgemäß eine Berührung und Mischung verschiedenartiger Lebensanschauungen zur Folge, die zu Streben nach Neuerung auf beiden Seiten führt. Und es würde in den Augen der übrigen Welt als ein starker Mangel an Bildung des Verstandes und Herzens erscheinen, wo sich der vielberufenen, verhassten Fremdenaustreibung schuldig gemacht werde, und einer Sinnesart gehuldigt werden will, die den Eindruck der Anmaßung und Unverträglichkeit macht.“

Klerkur: „Und Sie fallen auf solche Ansichten eines Trottels herein?“

Ónytjungur: „Wozu sollte ich nicht? Der, den Sie gerade Trottel genannt, hieß Platon.

Begriffsstutzig

troll-imadeWEB-1Tilvera: Es wird gesagt, Begriffe beruhten auf Übereinkunft, und ihre Bedeutung ergebe sich aus ihrem Gebrauch.“

Ónytjungur: „Du willst mir also erzählen, dass im Falle, Diebe kommen darin überein, das Fahrrad sei kein Diebesgut, sondern nur eine Ausleihung auf unbestimmte Zeit, dann …

Tilvera:Bist du heute von Begriffsstutzigkeit geplagt?

Ónytjungur: „Falls ja, dann mag das vielleicht daran liegen, dass mich die festgestellten Veränderungen im Gebrauch der Begriffe stutzig gemacht haben. Denn ich finde keine Übereinkunft mehr, keine einzige.“

Tilvera: „Als da wären? Ich meine die Veränderungen im Gebrauch der Begriffe.

Ónytjungur: „Wo soll ich anfangen, angesichts der großen Zahl an Veränderungen? Ich frage nur, denn das könnte dann etwas dauern.“

Tilvera: „Dann nimm das Unveränderte, also jene Begriffe, die auf Übereinkunft beruhen. Das müsste bei der großen Zahl an Veränderungen, und jener Begriffe, zu denen keine Übereinkunft besteht, ja kürzer werden.“  

Ónytjungur: „Als da wären?

Tilvera: „Wie wäre es zum Beispiel mit den Begriffen Absicht und Zweck. Nur um ein Beispiel zu nennen.

Ónytjungur: „Bist du heute von Begriffsstutzigkeit geplagt?

Tilvera: „Keineswegs. Bei beiden Begriffen herrscht Übereinkunft, sowohl was die Begriffe bedeuten, als auch deren Gebrauch.“

Ónytjungur: „Soso. Ich hörte aber davon, dass nun Absicht für Zweck ausgegeben, und wo Zweck vorhanden, dieser entweder auf Absicht oder auf Zufall beruhe.

Tilvera: „Es kann nicht anders sein.“

Ónytjungur: „Wie verhält es sich dann bei einem Neutron eines Uran-235-Atomkerns, und einer Person, die das Neutron aus dem Atomkern herausschießt? Das Neutron eines Uran-235-Atomkerns erfüllt nur einen bestimmten Zweck, es wäre sonst nicht an dieser Stelle, und wie wir wissen, das auch noch sehr erfolgreich, die Person hingegen verfolgt eine bestimmte Absicht. Beruht die Anwesenheit dieses Neutron nun auf Zufall, oder auf Notwendigkeit?”

Tilvera: „Wäre es nicht dort, wo es sich aufhältdann wäre schon längst geschehen, was geschehen wird, wenn die Absicht der Person in die Tat umgesetzt. Dann wäre aber auch nicht möglich, dass wir beide hier nun sitzen,  und du könntest auch nicht deine Begriffsstutzigkeit offenbaren.”

Ónytjungur: „Es ist auch davon zu lesen, die Gestalt der menschlichen Hand, die Anzahl ihrer Finger und deren Maße seien entweder aus Zufall oder aus Notwendigkeit so, wie sie sind.“

Tilvera: „Du schweifst ab. Es geht um Absicht und Zweck.“

Ónytjungur: „So ist es. Die Aussage über die menschliche Hand ist mittlerweile auch bereits 800 Jahre alt. Verhält es sich deiner Ansicht nach so, dass die Aufgabe der menschlichen Hand das Ergreifen ist, auch das Erfassen verschiedener Gegenstände, oder für die Angemessenheit, Werkzeuge zu halten?

Tilvera: „Deine Flucht in Trivialitäten macht deine Abschweifung nicht besser.“

Ónytjungur: „Das mag sein. Die Frage wäre doch, ob alles, was die menschliche Hand kann, was ja vom Wortsinne her Möglichkeit voraussetze – und ich hoffe, wir beide können wenigstens diesbezüglich auf eine Übereinkunft zurückgreifen -, auf deren Gestalt, der Anzahl ihrer Einzelteile und deren Maße beruhe – und ich hoffe, wir beide können auch hier auf eine Übereinkunft zurückgreifen -, …

Tilvera: „In beiden Fällen genehmigt.“

Ónytjungur: „ … und ob dies nun alles auf Zufall zurückzuführen wäre, oder auf Notwendigkeit.“

Tilvera: „Was hat das mit den Begriffen Absicht und Zweck zu tun? Willst du deine Abschweifung nicht langsam einstellen?

Ónytjungur: „Immer der Reihe nach. Vergiss nicht, wir beide bewegen uns im Augenblick auf der Ebene der Sprache, sind demnach dem Vokabular, der Grammatik, der Syntax und der Semantik dieser Sprache unterworfen. Da ist notwendig, diese einzuhalten, es sei denn, einer wolle nicht verstanden werden. Dann stellte sich jedoch die Frage, wozu er dann die Stille durch Geräusche störe, oder das Sichtbare durch Geschreibsel.

Tilvera: „Und?

Ónytjungur: „Wenn es also so ist, dass die menschliche Hand so ist wie beschrieben, und damit die Aufgabe erfülle, Dinge zu ergreifen, verschiedene Gegenstände zu erfassen, oder angemessen Werkzeuge zu halten, ist es dann nicht so, dass sie ihren Zweck erfülle, und dies nur darauf zurückzuführen ist, dass sie so ist, wie sie ist?

Tilvera: „Wäre sie anders, zum Beispiel so, dass es die Daumen nicht gäbe, sie erfüllte nicht …

Ónytjungur: „Willst du mir  gerade erzählen, dass zur Erfüllung der beschriebenen Aufgaben die menschliche Hand notwendig sei so wie sie ist?

Tilvera: „Sie wäre sonst für die Erfüllung der beschriebenen Aufgaben nicht so brauchbar, also für solche Zwecke.“

Ónytjungur: „Und aus welchem Grund kommt dann einer auf die Idee, es beruhe nur auf Zufall, dass die Hand so ist wie sie ist? Denn beruhe sie auf Zufall, dann würde es keinen Unterschied machen, ob den Menschen die Hand eigentümlich ist oder etwa Hufe oder irgendwelche anderen Körperteile, die den verschiedenen Tieren eigentümlich sind. Denn der Zufall benötigt keinen Grund, und benötige er einen, so wäre er nicht Zufall. Ist es nun die Aufgabe, also der Zweck, welche die menschliche Hand so formte wie sie ist, oder der Zufall? Denn der Zufall hätte auch zu einem Huf führen können.

Tilvera: „Die Form könnte auf Versuch und Irrtum beruhen.“

Ónytjungur: „Ein Huf wäre aber kein Irrtum, wie die Pferde belegen. Kein Zweifel möglich, es schätzt der Mensch die Logik; so sie nicht mit einer Idee kollidiere. Womit du auch noch unweigerlich bei der Absicht angekommen.“

Tilvera: „Ich bin nur bei Versuch und Irrtum angekommen.“

Ónytjungur: „Setzt Versuch nicht Absicht voraus? Beschreibt der Begriff Versuch doch, dass da etwas sei, was nicht so hingenommen, und daher zu probieren sei, wie probiert werde, einen anderen Zustand herzustellen, statt sich damit abzufinden. Setzt probieren nicht Absicht voraus? Ist doch etwas, was nicht so hingenommen werde, und daher ein anderer Zustand herbeigeführt werden solle, ein Beweggrund. Oder herrscht auch bei dem Begriff Beweggrund mittlerweile keine Übereinkunft mehr, und dessen Bedeutung ergebe sich nur nun aus seinem Gebrauch?“   

Tilvera: „Dann sage, es sei ein Motiv.“

Ónytjungur: „Wie auch immer. Vom logischen Standpunkt aus betrachtet würde es stets darauf hinauslaufen, dass der Zufall eine Absicht verfolgen müsse, also einen Beweggrund habe, du kannst es auch gerne Motiv nennen. Dumm nur, dass probieren dann nicht auf Zufall beruhe, da Beweggrund vorhanden, daher Zufall sich nur für einen solchen ausgebe.“

Tilvera: „Du sprichst in Rätseln.“

Ónytjungur: „Beweggrund ist eine Schranke, und ich hoffe, dass dazu wenigstens noch eine Übereinkunft existiere. Wenn alles Zufall ist, dann kann es auch keine Notwendigkeit geben, schließt doch das eine das andere aus. Da bei Notwendigkeit noch Möglichkeiten existierten, die nicht Notwendigkeit, da Notwendigkeit ja genau nur eine der Möglichkeiten, so wie auch Unmöglichkeiten existierten, so sind es die Unmöglichkeiten, die den Möglichkeiten – damit auch der Notwendigkeit – Schranken setzen, denn sonst ergäben alle drei Begriffe keinen Sinn. Dem Zufall hingegen können keine Schranken gesetzt sein, denn gäbe es da auch nur eine einzige, so wäre Zufall auch nicht mehr Zufall.“

Tilvera: „Na, dann bleibt mir wenigstens erspart, Zufall zu sein. Denn mir sind eine Fülle von Schranken gesetzt.“

Ónytjungur: „Nun verhält es sich aber auch noch so, dass Absicht eine Entscheidung voraussetze, und Entscheidung vorhandene Alternativen, denn wo keine Alternative, ist auch nichts zu entscheiden, und wo keine Entscheidung möglich, ist auch keine Absicht möglich. Wird probiert, so müssen zwar Alternativen gegeben sein, also mindestens zwei, allerdings ist bei probieren keine Entscheidung erforderlich, welche der Alternativen jetzt versucht, welche nicht, und welche später. Dabei wird aber übersehen, dass davor eine Entscheidung erfolgt sein muss, denn …

Tilvera: „… dies ergibt sich daraus, dass da etwas war, was nicht so hingenommen, und daher probiert wurde, einen anderen Zustand herzustellen, statt sich damit abzufinden, was einen Beweggrund konstituiere, ich weiß. Du weißt, was ein Korinthenkacker ist?

Ónytjungur: „Wer sagt, dass ich rechthaben möchte? Das genaue Gegenteil ist der Fall, ich bin nur ein Opfer meiner eigenen Begriffsstutzigkeit.“

Tilvera: „ Na, dann.

Ónytjungur: „Absicht setzt zudem vorhandenes Interesse voraus. Es sei denn, es wäre möglich, dass eine Absicht hinsichtlich etwas verfolgt werde, an dem gar kein Interesse bestehe. Das wäre aber meines Erachtens ein sehr merkwürdiges Gebaren. Führte es doch dazu, dass Zufall auch noch ein Interesse habe. Schon erstaunlich, welche Eigenschaften Zufall aufweist. Wenn also Absicht eine Entscheidung voraussetze, Entscheidung wiederum alternative Angebote voraussetze, so ist zu sagen, dass Zweck im Gegensatz hierzu weder alternative Angebote noch Entscheidung erfordere. Er ist einfach erfüllt, oder eben nicht. Können wir beide dahingehend zu einer Übereinkunft kommen?

Tilvera: „Meinetwegen. Falls sie dazu geeignet, die Angelegenheit zu verkürzen. Bist du nun mit deinen persönlichen Erkenntnissen über Wirklichkeit und Wahrheit fertig?

Ónytjungur: „Es gibt solche, die aussagen, Erkenntnis von Wirklichkeit und Wahrheit sei nicht möglich, und solche, die aussagen, sie verfügten über Erkenntnis von Wirklichkeit und Wahrheit. Beide Aussagen sind von gleicher Qualität. Denn die einen können es nicht wissen, und die anderen sich nur irren.“

Menschen sind nicht als Untertanen anderer geboren

troll-imadeWEB-1Tilvera: „Es hat auch sein Gutes, unsichtbar zu sein.“

Ónytjungur: „Inwiefern?“

Tilvera: „Nun, es erspart anderen, zu glotzen, und mir das Schuldgefühl.“

Ónytjungur: „Inwiefern? Du sprichst immer noch in Rätseln. Dass gerne geglotzt wird, da solche dies irrtümlich mit Aufmerksamkeit verwechseln, ist hinlänglich bekannt. Allerdings ist dies noch kein Anlass, deswegen in sich Schuldgefühle zu entdecken, denn der Glotzer ist dazu unfähig, und das Objekt der Begierde des Glotzers daran unschuldig.“

Tilvera: „Es geht um jene, die mich nach Europa mitnahmen. Seitdem es zur Festung erklärt, ist sowohl unterlassene Hilfeleistung wie auch getane Hilfeleistung ein Straftatbestand. Unterblieb die Hilfeleistung, so drohen bis zu sechs Monate Gefängnis, führt die Unterlassung der Hilfeleistung zum Tod des Hilfsbedürftigen, drohen sogar bis zu einen Jahr Gefängnis.“

Ónytjungur: „Und im Falle, die Hilfeleistung werde getan?“

Tilvera: „Dann drohen bis zu 16 Jahre Gefängnis.“

Ónytjungur: „Dieser Unfug scheitert doch spätestens bei jedem Richter.“

Tilvera: „Das Gegenteil ist der Fall. Es ist dort nicht so, dass Gesetze erst durch Rechtsentscheid zu vorliegendem Rechtsstreit entstehen.”

Ónytjungur: „Und wozu beschäftigen sie dann dort noch Richter, und überlassen das Urteil nicht gleich Vollzugsbeamten? Sie ersparten sich damit wenigstens eine Menge Geld.”

Tilvera: „Die Mehrheit hat dort nun die Rolle des absolutistischen Monarchen inne, und die Mehrheit will auf Richter nicht verzichten. Sie nennen es Gewaltenteilung.”

Ónytjungur: „Wäre eine Teilung nach Kompetenz nicht sinnvoller gewesen? Ich erinnere mich da an jenen Richter, dem ein Bettler vorgeführt wurde, der seine Scheibe Brot, die ihm ein aufmerksamer Mensch überlassen hatte, in einer Gastwirtschaft über einen dampfenden Fleischtopf hielt, auf dass sich die Scheibe mit dem Geruch des Fleisches vollsauge.“

Tilvera: „Und?”

Ónytjungur: „Der Wirt bestand auf Bezahlung, und da der Bettler kein Geld hatte, zerrte er ihn vor den Richter.“

Tilvera: „Wie ging die Sache aus?“

Ónytjungur: „Der Richter hörte sich die Klage an, und gab daraufhin dem Kläger recht.“

Tilvera: „Der Bettler wurde wegen Zechprellerei verurteilt?“

Ónytjungur: „Nicht ganz. Der Richter teilte dem Kläger mit, dass er selbst für den Schaden aufkommen werde, da der Bettler offensichtlich über keine Barmittel oder Rücklagen verfüge. Er griff also in seine Hosentasche, und warf ein paar Münzen auf den Richtertisch.“

Tilvera: „Eine noble Geste.“

Ónytjungur: „In der Tat. Denn er sagte dem Kläger, der Klang dieses Geldes sei die gerechte Bezahlung für den Geruch seines Fleisches. Sammelte daraufhin die Münzen wieder ein, und ließ sie wieder in seiner Hosentasche verschwinden. Du verstehst nun, weswegen eine Teilung nach Kompetenz sinnvoller ist, und brauchbare Gesetze erst durch Rechtsentscheid zu vorliegendem Rechtsstreit entstehen?“

Tilera: „Sie sagen, sie hätten sich Regeln des Zusammenlebens gegeben, die einer einhalten sollte, wenn er dort leben wolle, sonst werde er ausgegrenzt oder sogar bestraft, denn so würden Gesellschaften funktionieren.“

Tilvera: „Nun, da wird von Gesellschaften gesprochen, nicht von Gemeinschaften, was ja nicht dasselbe ist, wie wir beide wissen. Da haben sie wohl etwas zu viel in einen Satz gepackt. Lass mich raten: Ex cathedra? Von einem unfehlbaren Papst gemäß seiner Vollmacht verkündet und damit wahr?“

Tilvera: „Weit gefehlt. Bereits Johannes XXIII hat damals zu Beginn seiner Amtszeit erklärt, er werde von dem Dogma keinen weiteren Gebrauch mehr machen. An dessen Stelle sind nun Päpste getreten, die zwar keine Päpste sind, aber nicht die Finger davon lassen wollen, sich für Päpste zu halten, auch noch für unfehlbare. Fühlt einer ihnen dann etwas auf den Zahn, pochen sie in aller Regel auf ihr Recht, frei die Meinung äußern zu dürfen, um die Antwort schuldig bleiben zu dürfen.“

Ónytjungur: „Was hoffentlich solchen nicht zum Vorwurf gemacht werde. Jeder hat schließlich das Recht, vor sich hin zu monologisieren. Zudem wird da ohnehin nur Behauptung und Belehrung mit Meinung verwechselt. In aller Regel kleine Machiavellis, ständig mit der Schlechtigkeit des Menschen rechnend, wovon sie selbstverständlich sich selbst ausnehmen. Der Enttheologisierung folgte die Entmoralisierung, und dieser die Blasierheit.“

Tilvera: „Wie kommst du auf Hochmut?“

Ónytjungur: „Wie sollte ich nicht. Ist es doch eine Frage des Kontrakts. Der Gemeinschaft, die hier an den Küsten siedelt, ist zum Beispiel die Pflicht zu Gehorsam und Unterordnung ein fremder Gedanke geblieben, nicht so aber bei den Gesellschaften draußen, wo verbesserte Gesundheit und höhere Lebenserwartung offensichtlich dazu führten, zur Zerstörung der Natur und der menschlichen Geisteshaltung den größten Anteil beizutragen. Sie haben sogar vergessen, dass Menschen nicht als Untertanen anderer geboren wurden.“

Tilvera: „Und was soll daran Hochmut sein?“

 Ónytjungur: „Ziehen sie nicht aus, damit die Welt an ihrem Wesen genese? Dabei merken sie noch nicht einmal, dass sie mittlerweile sogar hinter die spanischen Spätscholastiker zurückgefallen sind. Bereits vor 400 Jahren wurden die Sesshaften durch die Entdeckung, dass es neue Welten gebe, völlig unvorbereitet mit fremden Kulturen konfrontiert, und es war zu klären, wie sich gegen Indianern zu verhalten sei, was von Anfang an ein Rechtsproblem darstellte. Denn immerhin war zu klären, ob diese überhaupt Menschen waren, und ob sie gegebenenfalls Eigentumsrechte hätten. Das Ergebnis ist ja hinlänglich bekannt.“

Tilvera: „Nun, immerhin hat darauf aufbauend ein Bundesverfassungsgericht zur Vereinigungstheorie ausgeführt, im Falle, es sei das oberste Ziel des Strafens, die Gesellschaft vor sozialschädlichem Verhalten zu bewahren und die elementaren Werte des Gemeinschaftslebens zu schützen, müsse zunächst von dem Wert des verletzten Rechtsguts und dem Maß der Sozialschädlichkeit der Verletzungshandlung – auch im Vergleich mit anderen unter Strafe gestellten Handlungen – ausgegangen werden. Das Leben jedes einzelnen Menschen gehöre zu den höchsten Rechtsgütern, und die Pflicht des Staates, es zu schützen, ergebe sich bereits unmittelbar aus Artikel 2 des Grundgesetzes, sie folge darüber hinaus aus der ausdrücklichen Vorschrift des Artikel 1 des Grundgesetzes.“

Ónytjungur: „Und? Was hat es genutzt?“

Tilvera: „Nichts. Es sei denn, unter dem verwendeten Begriff des einzelnen Menschen sei nur der eigene Staatsbürger gemeint, tätige Hilfeleistung sei sozialschädlich, und im Vergleich zu anderen unter Strafe gestellte Handlungen – wie zum Beispiel unterlassene Hilfeleistung – sogar um ein Vielfaches sozialschädlicher.“

Ónytjungur: „Womit hinreichend über die dortigen elementaren Werte derer Gemeinschaftsleben ausgesagt.“