Lichtbrief an Skuggi

bv1„Mehr Licht!“ soll angeblich Goethe gefordert haben, kurz bevor das Leben aus ihm wich. Stürbe er in heutigen Zeiten, so wäre ihm gut und gerne die gegenteilige Äußerung zuzuschreiben: „Weniger Licht, bitte!“

Du kennst die Schattenseiten am besten, lieber Skuggi*, und benötigst kein Lamento über Lichtverschmutzung und das paradoxe Phänomen, dass menschengemachtes Licht den Sternenhimmel nachhaltig verdunkelt.

Am 28. September 2016 jährte sich zum zehnten Male die Nacht, in der in Reykjavík alle Lichter ausgingen. Der Schriftsteller Andri Snær Magnason hatte die Aktion Lights Off Stars On ins Leben gerufen, denn, so seine Botschaft, Perfect Black reveals Perfect Nature. Und in der Tat, die Stadtbewohner staunten über die Pracht des wiedergewonnenen Sternenhimmels und manch einer erschrak beim Anblick der vom Sternenlicht unterstrichenen Schwärze des Universums.

Die Sterne senden in einer klaren Nacht immerhin so viel Licht aus, dass jeder Mensch, der nicht nachtblind ist, sich ohne Hilfsmittel orientieren kann. Aber nur dem Mond gelingt es, Lichteffekte wie Schattenwurf oder den selten beobachteten Mondbogen zu erzeugen. Wenn du aber ein einfaches Mondlicht-Experiment machen willst, dann gehe in einer Vollmondnacht einen unbeleuchteten Weg so entlang, dass du den noch ziemlich tiefstehenden Mond im Rücken hast. Er wird dir einen wunderbaren Schatten schenken, der dir voraus schreitet. Und du weißt ja: Der Schatten eines Körpers, der von einer Lichtquelle erzeugt wird, ist exakt berechenbar. Aber nun nimm einen Fotoapparat zu Hand und knipse deinen Schatten. Mit Blitzlicht erhältst du ein klares Foto des Weges und seiner näheren Umgebung – nur, was fehlt, ist dein Schatten. Also: Mit mehr Licht lässt sich ein Schatten unsichtbar machen. Was auch bedeuten kann: Zuviel Licht nimmt jedem Wesen seinen Schatten, und ohne Schatten bist du nur ein armer Schlemihl.

Licht ist keine Mangelware in den Städten, von Reykjavík bis Berlin, von Hammerfest bis Kapstadt. Ungeachtet dessen erfreut sich Leuchtkunst im öffentlichen Raum zur Erhöhung des Lichtaufkommens wachsender Beliebtheit. Dass Polarkreisanrainer in den langen Wintern, in denen die Sonne allenfalls kurze Gastspiele im Südosten veranstaltet, allerlei Lichtexzesse begehen, ist sonnenklar und verständlich. Jedoch würde es in Island niemandem einfallen, in den Sommermonaten einen so genannten Lichtparcours auszurichten. Denn dies besorgt die natürliche Solarquelle, auch Sonne genannt, die sich im Nordwesten unterhalb des Horizonts an den Norden heranschleicht, um kurz danach wieder aufzutauchen und die Nacht zum Tage zu machen, und dies ausdauernder, als manch schlafbedürftigem Erdenwesen zuträglich ist. Eines gar seufzte, als sich um Mittsommer die sonnigen Tage gar nicht mehr zu neigen schienen: „Nur einen einzigen stark bewölkten, regnerischen Tag, bitte!“ An wen diese Bitte gerichtet war, ist nicht bekannt.

In der norddeutschen Stadt Braunschweig ist kürzlich ein mehrmonatiger Lichtparcours zu Ende gegangen. Sich an dieser sommerlichen Erleuchtung zu beteiligen, war sicherlich eine besondere Herausforderung an isländische Künstler. Elín Hansdóttir hat sie angenommen. Auf ihrer Internetseite stellt sie ihr künstlerisches Konzept vor:

innen„Elín Hansdóttir ist eine isländische Künstlerin in Berlin. Ihre standortspezifischen Installationen richten sich durch Manipulation von architektonischen Formen, akustischen Elementen und optisches Spiel auf des Betrachters Erfahrung von Baulandschaften  Sie schafft in sich geschlossene Welten, die unter ihren eigenen Regeln zu agieren scheinen, indem sie einen harmlosen Raum in einen verwandelt, der sich über Erwartungen hinwegsetzt und nur zu einem bestimmten Zeitpunkt zu existieren scheint.“ (Original auf Englisch)

Auf dem Grünstreifen, der die Fahrspuren entlang des Braunschweiger Bruchtorwalls teilt, stand den Sommer über Elíns CAST, ein aus Holz errichtetes zweiteiliges Objekt. Während es sich zur bebauten Wallseite geschlossen präsentierte, fehlte den Wänden zur Parkseite hin jedes zweite Brett, so dass lichtdurchlässige Zwischenräume entstanden.

nacht2Alle Installationen des diesjährigen Braunschweiger Lichtparcours sollten auch bei Tage ansehnlich sein, doch CAST war das einzige, das bei Dunkelheit ohne eigene Lichtquelle auskam. Das unbeleuchtete Lichtobjekt reflektierte das vorhandene Licht, am Tage das Sonnenlicht und nachts Scheinwerfer, Straßenlaterne und Mondlicht.

War CAST eine Gussform, in die sich eigene Vorstellungen einbringen und herausschälen lassen?

Auf der Informationsseite des Parcours steht das Wort „kompassförmig“ – eine Vorstellung, die sich möglicherweise bei der Draufsicht auf das Modell bildete, der aber die Richtung fehlte. Denn ob die Magnetnadel eher gen Ost oder West zeigte, ließe sich nicht erkennen.

nacht1Vom östlich gelegenen Lessingplatz kommend, hättest du möglicherweise den Eindruck gehabt, auf den Bug eines Bootes zuzugehen, eines schmalen Schiffes, das in der offenen Mitte zum Einstieg einlädt. Das aber auch mittschiffs auseinandergebrochen sein könnte: Ein zu volles Bootes, das mitten im gleichgültigen Strom der Vorbeieilenden kentert.

Von der Parkseite betrachtet glich CAST eher einem Bollwerk, jedoch verlockte die Lücke in der Palisade zur Erkundung. Und beim Verweilen in einem der beiden Räume hättest du dich abwechselnd geborgen oder vergittert vorkommen können, oder als Späher (ich sehe was, was mich nicht sieht).

Den Formwandlungen entsprechend veränderten sich ständig Licht und Schatten in und um CAST. Und so wäre dies unspektakulärste Lichtparcours-Objekt vielleicht für dich das Interessante gewesen mit seinen Übergängen von Hell zu Dunkel, mit seinen Kontrasten und Schattenfarben, die sich, beeinflusst durch äußere Faktoren wie Tageszeit und Lichtverhältnisse, ständig veränderten und nachts in Bewegung gerieten. Noch Tage nach seinem Abbau, ist ein Abdruck der Form geblieben, umspielt von Licht und Schatten.

* Skuggi, das isländische Wort für Schatten, es ist auch ein Vorname, der allerdings aus der Mode gekommen ist.

Begriffsstutzig

troll-imadeWEB-1Tilvera: Es wird gesagt, Begriffe beruhten auf Übereinkunft, und ihre Bedeutung ergebe sich aus ihrem Gebrauch.“

Ónytjungur: „Du willst mir also erzählen, dass im Falle, Diebe kommen darin überein, das Fahrrad sei kein Diebesgut, sondern nur eine Ausleihung auf unbestimmte Zeit, dann …

Tilvera:Bist du heute von Begriffsstutzigkeit geplagt?

Ónytjungur: „Falls ja, dann mag das vielleicht daran liegen, dass mich die festgestellten Veränderungen im Gebrauch der Begriffe stutzig gemacht haben. Denn ich finde keine Übereinkunft mehr, keine einzige.“

Tilvera: „Als da wären? Ich meine die Veränderungen im Gebrauch der Begriffe.

Ónytjungur: „Wo soll ich anfangen, angesichts der großen Zahl an Veränderungen? Ich frage nur, denn das könnte dann etwas dauern.“

Tilvera: „Dann nimm das Unveränderte, also jene Begriffe, die auf Übereinkunft beruhen. Das müsste bei der großen Zahl an Veränderungen, und jener Begriffe, zu denen keine Übereinkunft besteht, ja kürzer werden.“  

Ónytjungur: „Als da wären?

Tilvera: „Wie wäre es zum Beispiel mit den Begriffen Absicht und Zweck. Nur um ein Beispiel zu nennen.

Ónytjungur: „Bist du heute von Begriffsstutzigkeit geplagt?

Tilvera: „Keineswegs. Bei beiden Begriffen herrscht Übereinkunft, sowohl was die Begriffe bedeuten, als auch deren Gebrauch.“

Ónytjungur: „Soso. Ich hörte aber davon, dass nun Absicht für Zweck ausgegeben, und wo Zweck vorhanden, dieser entweder auf Absicht oder auf Zufall beruhe.

Tilvera: „Es kann nicht anders sein.“

Ónytjungur: „Wie verhält es sich dann bei einem Neutron eines Uran-235-Atomkerns, und einer Person, die das Neutron aus dem Atomkern herausschießt? Das Neutron eines Uran-235-Atomkerns erfüllt nur einen bestimmten Zweck, es wäre sonst nicht an dieser Stelle, und wie wir wissen, das auch noch sehr erfolgreich, die Person hingegen verfolgt eine bestimmte Absicht. Beruht die Anwesenheit dieses Neutron nun auf Zufall, oder auf Notwendigkeit?”

Tilvera: „Wäre es nicht dort, wo es sich aufhältdann wäre schon längst geschehen, was geschehen wird, wenn die Absicht der Person in die Tat umgesetzt. Dann wäre aber auch nicht möglich, dass wir beide hier nun sitzen,  und du könntest auch nicht deine Begriffsstutzigkeit offenbaren.”

Ónytjungur: „Es ist auch davon zu lesen, die Gestalt der menschlichen Hand, die Anzahl ihrer Finger und deren Maße seien entweder aus Zufall oder aus Notwendigkeit so, wie sie sind.“

Tilvera: „Du schweifst ab. Es geht um Absicht und Zweck.“

Ónytjungur: „So ist es. Die Aussage über die menschliche Hand ist mittlerweile auch bereits 800 Jahre alt. Verhält es sich deiner Ansicht nach so, dass die Aufgabe der menschlichen Hand das Ergreifen ist, auch das Erfassen verschiedener Gegenstände, oder für die Angemessenheit, Werkzeuge zu halten?

Tilvera: „Deine Flucht in Trivialitäten macht deine Abschweifung nicht besser.“

Ónytjungur: „Das mag sein. Die Frage wäre doch, ob alles, was die menschliche Hand kann, was ja vom Wortsinne her Möglichkeit voraussetze – und ich hoffe, wir beide können wenigstens diesbezüglich auf eine Übereinkunft zurückgreifen -, auf deren Gestalt, der Anzahl ihrer Einzelteile und deren Maße beruhe – und ich hoffe, wir beide können auch hier auf eine Übereinkunft zurückgreifen -, …

Tilvera: „In beiden Fällen genehmigt.“

Ónytjungur: „ … und ob dies nun alles auf Zufall zurückzuführen wäre, oder auf Notwendigkeit.“

Tilvera: „Was hat das mit den Begriffen Absicht und Zweck zu tun? Willst du deine Abschweifung nicht langsam einstellen?

Ónytjungur: „Immer der Reihe nach. Vergiss nicht, wir beide bewegen uns im Augenblick auf der Ebene der Sprache, sind demnach dem Vokabular, der Grammatik, der Syntax und der Semantik dieser Sprache unterworfen. Da ist notwendig, diese einzuhalten, es sei denn, einer wolle nicht verstanden werden. Dann stellte sich jedoch die Frage, wozu er dann die Stille durch Geräusche störe, oder das Sichtbare durch Geschreibsel.

Tilvera: „Und?

Ónytjungur: „Wenn es also so ist, dass die menschliche Hand so ist wie beschrieben, und damit die Aufgabe erfülle, Dinge zu ergreifen, verschiedene Gegenstände zu erfassen, oder angemessen Werkzeuge zu halten, ist es dann nicht so, dass sie ihren Zweck erfülle, und dies nur darauf zurückzuführen ist, dass sie so ist, wie sie ist?

Tilvera: „Wäre sie anders, zum Beispiel so, dass es die Daumen nicht gäbe, sie erfüllte nicht …

Ónytjungur: „Willst du mir  gerade erzählen, dass zur Erfüllung der beschriebenen Aufgaben die menschliche Hand notwendig sei so wie sie ist?

Tilvera: „Sie wäre sonst für die Erfüllung der beschriebenen Aufgaben nicht so brauchbar, also für solche Zwecke.“

Ónytjungur: „Und aus welchem Grund kommt dann einer auf die Idee, es beruhe nur auf Zufall, dass die Hand so ist wie sie ist? Denn beruhe sie auf Zufall, dann würde es keinen Unterschied machen, ob den Menschen die Hand eigentümlich ist oder etwa Hufe oder irgendwelche anderen Körperteile, die den verschiedenen Tieren eigentümlich sind. Denn der Zufall benötigt keinen Grund, und benötige er einen, so wäre er nicht Zufall. Ist es nun die Aufgabe, also der Zweck, welche die menschliche Hand so formte wie sie ist, oder der Zufall? Denn der Zufall hätte auch zu einem Huf führen können.

Tilvera: „Die Form könnte auf Versuch und Irrtum beruhen.“

Ónytjungur: „Ein Huf wäre aber kein Irrtum, wie die Pferde belegen. Kein Zweifel möglich, es schätzt der Mensch die Logik; so sie nicht mit einer Idee kollidiere. Womit du auch noch unweigerlich bei der Absicht angekommen.“

Tilvera: „Ich bin nur bei Versuch und Irrtum angekommen.“

Ónytjungur: „Setzt Versuch nicht Absicht voraus? Beschreibt der Begriff Versuch doch, dass da etwas sei, was nicht so hingenommen, und daher zu probieren sei, wie probiert werde, einen anderen Zustand herzustellen, statt sich damit abzufinden. Setzt probieren nicht Absicht voraus? Ist doch etwas, was nicht so hingenommen werde, und daher ein anderer Zustand herbeigeführt werden solle, ein Beweggrund. Oder herrscht auch bei dem Begriff Beweggrund mittlerweile keine Übereinkunft mehr, und dessen Bedeutung ergebe sich nur nun aus seinem Gebrauch?“   

Tilvera: „Dann sage, es sei ein Motiv.“

Ónytjungur: „Wie auch immer. Vom logischen Standpunkt aus betrachtet würde es stets darauf hinauslaufen, dass der Zufall eine Absicht verfolgen müsse, also einen Beweggrund habe, du kannst es auch gerne Motiv nennen. Dumm nur, dass probieren dann nicht auf Zufall beruhe, da Beweggrund vorhanden, daher Zufall sich nur für einen solchen ausgebe.“

Tilvera: „Du sprichst in Rätseln.“

Ónytjungur: „Beweggrund ist eine Schranke, und ich hoffe, dass dazu wenigstens noch eine Übereinkunft existiere. Wenn alles Zufall ist, dann kann es auch keine Notwendigkeit geben, schließt doch das eine das andere aus. Da bei Notwendigkeit noch Möglichkeiten existierten, die nicht Notwendigkeit, da Notwendigkeit ja genau nur eine der Möglichkeiten, so wie auch Unmöglichkeiten existierten, so sind es die Unmöglichkeiten, die den Möglichkeiten – damit auch der Notwendigkeit – Schranken setzen, denn sonst ergäben alle drei Begriffe keinen Sinn. Dem Zufall hingegen können keine Schranken gesetzt sein, denn gäbe es da auch nur eine einzige, so wäre Zufall auch nicht mehr Zufall.“

Tilvera: „Na, dann bleibt mir wenigstens erspart, Zufall zu sein. Denn mir sind eine Fülle von Schranken gesetzt.“

Ónytjungur: „Nun verhält es sich aber auch noch so, dass Absicht eine Entscheidung voraussetze, und Entscheidung vorhandene Alternativen, denn wo keine Alternative, ist auch nichts zu entscheiden, und wo keine Entscheidung möglich, ist auch keine Absicht möglich. Wird probiert, so müssen zwar Alternativen gegeben sein, also mindestens zwei, allerdings ist bei probieren keine Entscheidung erforderlich, welche der Alternativen jetzt versucht, welche nicht, und welche später. Dabei wird aber übersehen, dass davor eine Entscheidung erfolgt sein muss, denn …

Tilvera: „… dies ergibt sich daraus, dass da etwas war, was nicht so hingenommen, und daher probiert wurde, einen anderen Zustand herzustellen, statt sich damit abzufinden, was einen Beweggrund konstituiere, ich weiß. Du weißt, was ein Korinthenkacker ist?

Ónytjungur: „Wer sagt, dass ich rechthaben möchte? Das genaue Gegenteil ist der Fall, ich bin nur ein Opfer meiner eigenen Begriffsstutzigkeit.“

Tilvera: „ Na, dann.

Ónytjungur: „Absicht setzt zudem vorhandenes Interesse voraus. Es sei denn, es wäre möglich, dass eine Absicht hinsichtlich etwas verfolgt werde, an dem gar kein Interesse bestehe. Das wäre aber meines Erachtens ein sehr merkwürdiges Gebaren. Führte es doch dazu, dass Zufall auch noch ein Interesse habe. Schon erstaunlich, welche Eigenschaften Zufall aufweist. Wenn also Absicht eine Entscheidung voraussetze, Entscheidung wiederum alternative Angebote voraussetze, so ist zu sagen, dass Zweck im Gegensatz hierzu weder alternative Angebote noch Entscheidung erfordere. Er ist einfach erfüllt, oder eben nicht. Können wir beide dahingehend zu einer Übereinkunft kommen?

Tilvera: „Meinetwegen. Falls sie dazu geeignet, die Angelegenheit zu verkürzen. Bist du nun mit deinen persönlichen Erkenntnissen über Wirklichkeit und Wahrheit fertig?

Ónytjungur: „Es gibt solche, die aussagen, Erkenntnis von Wirklichkeit und Wahrheit sei nicht möglich, und solche, die aussagen, sie verfügten über Erkenntnis von Wirklichkeit und Wahrheit. Beide Aussagen sind von gleicher Qualität. Denn die einen können es nicht wissen, und die anderen sich nur irren.“

Menschen sind nicht als Untertanen anderer geboren

troll-imadeWEB-1Tilvera: „Es hat auch sein Gutes, unsichtbar zu sein.“

Ónytjungur: „Inwiefern?“

Tilvera: „Nun, es erspart anderen, zu glotzen, und mir das Schuldgefühl.“

Ónytjungur: „Inwiefern? Du sprichst immer noch in Rätseln. Dass gerne geglotzt wird, da solche dies irrtümlich mit Aufmerksamkeit verwechseln, ist hinlänglich bekannt. Allerdings ist dies noch kein Anlass, deswegen in sich Schuldgefühle zu entdecken, denn der Glotzer ist dazu unfähig, und das Objekt der Begierde des Glotzers daran unschuldig.“

Tilvera: „Es geht um jene, die mich nach Europa mitnahmen. Seitdem es zur Festung erklärt, ist sowohl unterlassene Hilfeleistung wie auch getane Hilfeleistung ein Straftatbestand. Unterblieb die Hilfeleistung, so drohen bis zu sechs Monate Gefängnis, führt die Unterlassung der Hilfeleistung zum Tod des Hilfsbedürftigen, drohen sogar bis zu einen Jahr Gefängnis.“

Ónytjungur: „Und im Falle, die Hilfeleistung werde getan?“

Tilvera: „Dann drohen bis zu 16 Jahre Gefängnis.“

Ónytjungur: „Dieser Unfug scheitert doch spätestens bei jedem Richter.“

Tilvera: „Das Gegenteil ist der Fall. Es ist dort nicht so, dass Gesetze erst durch Rechtsentscheid zu vorliegendem Rechtsstreit entstehen.”

Ónytjungur: „Und wozu beschäftigen sie dann dort noch Richter, und überlassen das Urteil nicht gleich Vollzugsbeamten? Sie ersparten sich damit wenigstens eine Menge Geld.”

Tilvera: „Die Mehrheit hat dort nun die Rolle des absolutistischen Monarchen inne, und die Mehrheit will auf Richter nicht verzichten. Sie nennen es Gewaltenteilung.”

Ónytjungur: „Wäre eine Teilung nach Kompetenz nicht sinnvoller gewesen? Ich erinnere mich da an jenen Richter, dem ein Bettler vorgeführt wurde, der seine Scheibe Brot, die ihm ein aufmerksamer Mensch überlassen hatte, in einer Gastwirtschaft über einen dampfenden Fleischtopf hielt, auf dass sich die Scheibe mit dem Geruch des Fleisches vollsauge.“

Tilvera: „Und?”

Ónytjungur: „Der Wirt bestand auf Bezahlung, und da der Bettler kein Geld hatte, zerrte er ihn vor den Richter.“

Tilvera: „Wie ging die Sache aus?“

Ónytjungur: „Der Richter hörte sich die Klage an, und gab daraufhin dem Kläger recht.“

Tilvera: „Der Bettler wurde wegen Zechprellerei verurteilt?“

Ónytjungur: „Nicht ganz. Der Richter teilte dem Kläger mit, dass er selbst für den Schaden aufkommen werde, da der Bettler offensichtlich über keine Barmittel oder Rücklagen verfüge. Er griff also in seine Hosentasche, und warf ein paar Münzen auf den Richtertisch.“

Tilvera: „Eine noble Geste.“

Ónytjungur: „In der Tat. Denn er sagte dem Kläger, der Klang dieses Geldes sei die gerechte Bezahlung für den Geruch seines Fleisches. Sammelte daraufhin die Münzen wieder ein, und ließ sie wieder in seiner Hosentasche verschwinden. Du verstehst nun, weswegen eine Teilung nach Kompetenz sinnvoller ist, und brauchbare Gesetze erst durch Rechtsentscheid zu vorliegendem Rechtsstreit entstehen?“

Tilera: „Sie sagen, sie hätten sich Regeln des Zusammenlebens gegeben, die einer einhalten sollte, wenn er dort leben wolle, sonst werde er ausgegrenzt oder sogar bestraft, denn so würden Gesellschaften funktionieren.“

Tilvera: „Nun, da wird von Gesellschaften gesprochen, nicht von Gemeinschaften, was ja nicht dasselbe ist, wie wir beide wissen. Da haben sie wohl etwas zu viel in einen Satz gepackt. Lass mich raten: Ex cathedra? Von einem unfehlbaren Papst gemäß seiner Vollmacht verkündet und damit wahr?“

Tilvera: „Weit gefehlt. Bereits Johannes XXIII hat damals zu Beginn seiner Amtszeit erklärt, er werde von dem Dogma keinen weiteren Gebrauch mehr machen. An dessen Stelle sind nun Päpste getreten, die zwar keine Päpste sind, aber nicht die Finger davon lassen wollen, sich für Päpste zu halten, auch noch für unfehlbare. Fühlt einer ihnen dann etwas auf den Zahn, pochen sie in aller Regel auf ihr Recht, frei die Meinung äußern zu dürfen, um die Antwort schuldig bleiben zu dürfen.“

Ónytjungur: „Was hoffentlich solchen nicht zum Vorwurf gemacht werde. Jeder hat schließlich das Recht, vor sich hin zu monologisieren. Zudem wird da ohnehin nur Behauptung und Belehrung mit Meinung verwechselt. In aller Regel kleine Machiavellis, ständig mit der Schlechtigkeit des Menschen rechnend, wovon sie selbstverständlich sich selbst ausnehmen. Der Enttheologisierung folgte die Entmoralisierung, und dieser die Blasierheit.“

Tilvera: „Wie kommst du auf Hochmut?“

Ónytjungur: „Wie sollte ich nicht. Ist es doch eine Frage des Kontrakts. Der Gemeinschaft, die hier an den Küsten siedelt, ist zum Beispiel die Pflicht zu Gehorsam und Unterordnung ein fremder Gedanke geblieben, nicht so aber bei den Gesellschaften draußen, wo verbesserte Gesundheit und höhere Lebenserwartung offensichtlich dazu führten, zur Zerstörung der Natur und der menschlichen Geisteshaltung den größten Anteil beizutragen. Sie haben sogar vergessen, dass Menschen nicht als Untertanen anderer geboren wurden.“

Tilvera: „Und was soll daran Hochmut sein?“

 Ónytjungur: „Ziehen sie nicht aus, damit die Welt an ihrem Wesen genese? Dabei merken sie noch nicht einmal, dass sie mittlerweile sogar hinter die spanischen Spätscholastiker zurückgefallen sind. Bereits vor 400 Jahren wurden die Sesshaften durch die Entdeckung, dass es neue Welten gebe, völlig unvorbereitet mit fremden Kulturen konfrontiert, und es war zu klären, wie sich gegen Indianern zu verhalten sei, was von Anfang an ein Rechtsproblem darstellte. Denn immerhin war zu klären, ob diese überhaupt Menschen waren, und ob sie gegebenenfalls Eigentumsrechte hätten. Das Ergebnis ist ja hinlänglich bekannt.“

Tilvera: „Nun, immerhin hat darauf aufbauend ein Bundesverfassungsgericht zur Vereinigungstheorie ausgeführt, im Falle, es sei das oberste Ziel des Strafens, die Gesellschaft vor sozialschädlichem Verhalten zu bewahren und die elementaren Werte des Gemeinschaftslebens zu schützen, müsse zunächst von dem Wert des verletzten Rechtsguts und dem Maß der Sozialschädlichkeit der Verletzungshandlung – auch im Vergleich mit anderen unter Strafe gestellten Handlungen – ausgegangen werden. Das Leben jedes einzelnen Menschen gehöre zu den höchsten Rechtsgütern, und die Pflicht des Staates, es zu schützen, ergebe sich bereits unmittelbar aus Artikel 2 des Grundgesetzes, sie folge darüber hinaus aus der ausdrücklichen Vorschrift des Artikel 1 des Grundgesetzes.“

Ónytjungur: „Und? Was hat es genutzt?“

Tilvera: „Nichts. Es sei denn, unter dem verwendeten Begriff des einzelnen Menschen sei nur der eigene Staatsbürger gemeint, tätige Hilfeleistung sei sozialschädlich, und im Vergleich zu anderen unter Strafe gestellte Handlungen – wie zum Beispiel unterlassene Hilfeleistung – sogar um ein Vielfaches sozialschädlicher.“

Ónytjungur: „Womit hinreichend über die dortigen elementaren Werte derer Gemeinschaftsleben ausgesagt.“

Idiotologisch

troll-imadeWEB-1Tilvera: „Hättest du eine Idee, was es mit Ideen auf sich hat?“

Ónytjungur: „Du sprichst über das vorstellende Begreifen, und nicht über das rationale Begreifen. Soweit es Dinge betrifft, bringen diese sich in Erinnerung im Falle, sie werden nicht gesehen. Zum Beispiel in der Art und Weise, dass einer gegen einen Laternenpfahl läuft, auf dem Gletscher erfriert, oder in einem Fluss ertrinkt. Bei Ideen handelt es sich aber um Nichtdinge, die dinglich gemacht werden sollen. Sind sie dann dinglich gemacht, laufen in aller Regel die Betroffenen entweder in eine tödliche Waffe, oder erfrieren in der Kälte der Idee, oder ersaufen in ihren Ideen. Dies liegt daran, dass in aller Regel die dümmsten Ideen am schnellsten und am stärksten eine Verbreitung durch Annahme erfahren, wogegen kluge Ideen es sehr schwer haben, überhaupt gehört zu werden. geschweige denn sich durchzusetzen. Wozu fragst du?“

Tilvera: „Es gefällt ihnen immer weniger, dass der Begriff völkisch ständig nur in einem negativen Kontext benutzt werde. Es sei daran zu arbeiten, den Begriff wieder positiv zu besetzen.“

Ónytjungur: „Hat da jemand das Deutsche Reich und Österreich-Ungarn aus den weit verstreuten Soldatenfriedhöfen ausgegraben, sind es die Skelette der Toten, die nun dort reden?“

Tilvera: „Es geht ihnen um Ethnopluralismus, wonach jedes Volk seinen Platz, also zum Beispiel sein Land habe. Sie sind der Auffassung, dass es unveränderliche Kulturen gebe, unveränderliche kulturelle Eigenschaften, und es um den Schutz der Identität gehe. Es gäbe eine nationale Identität.“

Ónytjungur: „Etwas viel für einen Begriff, für den es keine Definition gibt. Oder ist dir eine hinreichende Definition des Wortes Kultur bekannt? Wenn ich richtig informiert bin, war es einmal das Wort für urbar machen. Es ging um Rodung, Be- und Entwässerung, Natur einer landwirtschaftlichen Nutzung zuzuführen. Menschen können nun auch urbar gemacht werden?“

Tilvera: „Es geht der Gelehrten Frau Kepetry und ihrer Gesinnungsgenossen im Europa der wissenschaftsbasierten Informationsgesellschaften um eine sogenannte Leitkultur für eine Nation.“

Ónytjungur: „Interessant. Nicht genug, dass es für den Begriff Kultur keine Definition gibt, es sei denn, einer bezeichne damit die Urbarmachung einer Wildnis, nun soll Undefiniertes, das noch dazu ein Nichtding ist,  auch  noch eine leitende Rolle übernehmen. Die Menschenrechtscharta scheint demnach für Leitkultur ungeeignet zu sein. Lass mich raten: Unter Leitkultur ist jeweils das zu verstehen, was diejenigen, welche die Leitkultur vorschreiben, aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen gerade für richtig und falsch halten. Sozusagen die Ausdehnung des Strafgesetzbuches auf alles, was den Leithammeln jener Nationen, die sich irrtümlich für ein Volk halten, was immer das auch sein mag, im Augenblick aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen gerade nicht gefällt.“

Tilvera: „Sie sagen, sie seien weltoffen, tolerant, seien nicht gegen Fremde, aber es sei ihr Land, ihr Volk, und nicht das Volk von Fremden.“

Ónytjungur: „Ein kluger Kopf sagte einmal, er sei Mensch, nichts Menschliches sei ihm daher fremd. Da ist es doch gut, dass wir beide Trolle sind.“

Tilvera: „Und inwiefern unterscheiden sich Trolle von Menschen, einmal von der Gestalt abgesehen?“

Ónytjungur: „Eben so, wie sich auch Gattungen unterscheiden, über deren jeweilige Gestalt hinausgehend. Wie du weißt, gibt es für Trolle nur Gattung und konkretes Individuum. Was sie in die Lage versetzt, das konkrete Individuum als solches zu erkennen, was es ist: eine Einzigartigkeit, die es genau nur einmal gibt, und dann nie wieder, und auch dies nur für eine gewisse kurze Dauer. Und da dies so ist, es genau denselben Respekt erfährt, wie jedes andere konkrete Individuum. Es sei denn, es vertrete die Ansicht, dass es da noch etwas anderes geben könne als die Gattung und das konkrete Individuum. Denn die seltsame Idee, es könne da vielleicht auch noch etwas anderes geben als Gattung und konkretes Individuum, obschon dies nicht aus vorstellendem Begreifen, geschweige denn aus rationalem Begreifen begründbar, ist nichts anderes als eine Möglichkeit, einem konkreten Individuum dessen Einzigartigkeit abzuerkennen, quasi per Idee, da einem dafür Beifall sicher. Mit welcher Konsequenz?“

Tilvera: „Dass damit solchen auch nicht mehr zusteht, genau denselben Respekt zu erfahren, wie es einem konkreten Individuum zusteht, und auch zukommt?“

Ónytjungur: „Du weißt ja: Wie in den Wald hinein gerufen, so schallt es zurück. Alles andere wäre auch grober Leichtsinn.“

Kognitive Dissonanz

troll-imadeWEB-1Ónytjungur: „Was gibt es Neues von der wissenschaftsbasierten Informationsgesellschaft zu berichten? Die jüngsten Ereignisse hier verheißen nichts Gutes.“

Tilvera: „Die Zeit der Heroen ist endlich wieder angebrochen, die seit langem vermissten Dichter und Denker sind zurückgekehrt, erleben eine Renaissance.“

Ónytjungur: „Erfreulich, erfreulich. Du hast ihre Dichtung gelesen? Ist die Prosa gefällig?“

Tilvera: „Die eingesetzte Form der Prosa, obschon aufgewärmt, da dort schon einmal erfolgreich angewandt, findet nun immer mehr Anhänger, allerdings nennen sie diese dort nun Wissenschaft.“

Ónytjungur: „Ein Fortschritt. Sind es doch die Dichter, die Wissen besitzen, wie hier jeder weiß. Und was ist das Thema? Die Natur, die Liebe, der Mensch an sich, Innenleben, …?“

Tilvera: „Es dreht sich um Fragen des wahren Menschseins. Genau genommen um Wahrnehmungen, Gedanken, Meinungen, Einstellungen, Wünsche oder Absichten. Sie nennen es Kognitionen.“

Ónytjungur: „Interessant. Ein weites Feld.“

Tilvera: „Genau genommen, ein sehr begrenztes Feld. Es geht nur um die Frage, was zu tun ist, ob einem Menschen, der vor Mördern flieht, um nicht ermordet zu werden, dabei Hab und Gut verlor, Obdach zu gewähren sei, oder nicht.“

Ónytjungur: „Wie kommt’s? Die Frage ist seit Menschengedenken längst geklärt, von Generation zu Generation, in allen Kulturen, und unwidersprochen. Was gibt es da noch zu reden?“

Tilvera: „Da gab es die denkend abwägenden Psychologen noch nicht. Diese sagen nun, dass handeln falsch sei, denn es müsse vorher erst denkend abgewogen werden. Denn werde gehandelt, ohne vorher denkend abzuwägen, wäre eine Realitätsverweigerung zu diagnostizieren, und die Ursache wäre ein pathologischer Charakter. Entstanden aus Unwissenheit, Gedankenlosigkeit, schierer Angst, die Dinge an ihr Ende zu denken, Selbstbetrug, einer mentalen Schwäche. Verantwortlich dafür seien sogenannte Gesinnungsethiker, die unerfüllbare Maximalforderungen aufstellten, und abstrakte Ideale wie eine Monstranz vor sich her trügen. So sei der abwägend Denkende nun notwendig geworden, der Möglichkeiten an der Realität abgleiche.“

Ónytjungur: „Da hat wohl einer nicht verkraftet, dass die Wirklichkeit nicht hinter dem Display blieb, welches sogar hier jeder Besucher in der Einöde vor seine Nase hält, sondern plötzlich vor dem Display auftauchte. Aber da war sie doch immer, wie du und ich wissen, nur hat das offensichtlich von denen keiner bemerkt. Was kein Wunder ist, wenn die Nase ständig am Display klebt, und damit Wahrnehmungen, Gedanken, Wünsche und Absichten auf jenes ausgerichtet, was hinter dem Display sichtbar, und nicht vor dem Display gegeben.

Tilvera: „Nun, die denkend abwägenden Psychologen sehen sich selbst als ein dem Untergang geweihter Indianerstamm im Amazonasgebiet, und beanspruchen daher, geschützt zu werden wie Tibeter in China. Sie sehen sich selbst als indigenes Volk, und beanspruchen daher Schutz gemäß Resolution 61/295, der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte indigener Völker.“

Ónytjungur: „Lass mich raten: da diese Dichter Psychologen sind, die sich für Wissenschaftler halten, reden sie dabei keineswegs von sich, sondern selbstverständlich über andere. Ist es nicht so, dass Psychologen einmal als Beruf entstanden, um ein konkretes Individuum, das entweder für sich selbst oder für andere eine Gefahr für Leib und Leben darstellt, mit geeigneten Methoden zu therapieren, wozu  sich vordem niemand kompetent erklärte? Was haben die nun mit dem Plural zu schaffen?“

Tilvera: „Das war, bevor die denkend abwägenden Psychologen der wissenschaftsbasierten Informationsgesellschaft eine kollektive kognitive Dissonanz diagnostizierten.“

Ónytjungur: „Und was ist eine kognitive Dissonanz?“

Tilvera: „Ein unangenehm empfundenes Gefühl, das dadurch entsteht, dass ein Mensch mehrere Kognitionen hat, die nicht miteinander vereinbar sind. Sie ist situationsbedingt, und ist abhängig von getroffener Entscheidung, Gewahrwerdung, oder Verhalten.

Ónytjungur: „Ist dir eigentlich aufgefallen, dass diese Definition sich auf Einzahl bezieht, also auf ein konkretes Individuum, du aber vorher von Mehrzahl sprachst, also einem Kollektiv? Hast du auf deiner langen Reise die Fähigkeit zur Sprache verloren, fehlten dir unsere Dichter?“

Tilvera: „Ich berichte dir nur wahrheitsgetreu, bin daher auch nicht dafür verantwortlich.“

Ónytjungur: „Das hört sich alles sehr komplex an. Du machst mich neugierig. Nach derzeitigem Stand der Wissenschaft ist nur möglich, dass das Ergebnis aus Wahrnehmungen, Gedanken, Meinungen, Einstellungen, Wünsche und Absichten, das einer Person in ihrem  Leben als Summe widerfuhr, nur einzigartig sein kann, demnach nie mit einer anderen Person identisch. Du behauptest nun, dies sei nicht wahr.“

Tilvera: „Nicht ich bin es, der das behauptet. Ich bin nur derjenige, der davon berichtet. Wurdest du nie von einem Gefühl heimgesucht, dass du als unangenehm empfandst? Da du Unstimmigkeiten bei deinen Wahrnehmungen, Gedanken, Wünschen und Absichten entdecktest? Ich meine, bezogen auf deine Einstellungen und dein Verhalten.“

Ónytjungur: „Im Sommer jeden verdammten, langen Tag. Nicht aber im Winter.“

Tilvera: „Tatsächlich sind es aber nur fünf verschiedene Ereignisse, die zu einer kognitiven Dissonanz führen.“

Ónytjungur: „Dann könnte möglich sein, dass sogar ich es verstehe. Erzähl, nur keine Scheu!“

Tilvera: „Das Gefühl tritt zum Beispiel auf, wenn einer eine Entscheidung getroffen hat, obwohl die Alternativen ebenfalls attraktiv waren.“

Ónytjungur: „Mir ist ein solches Individuum schon begegnet. Es hatte sich für ein graues Auto entschieden, und war sein Leben lang totunglücklich darüber, dass es sich nicht für das rote Auto entschieden hatte. Oder der Mann, der eine Frau geheiratet hat, und dann … ich sehe aber keinen Zusammenhang …“

Tilvera: „Das Gefühl tritt auch auf, wenn einer eine Entscheidung getroffen hat, die sich als eine Fehlentscheidung herausstellte.“

Ónytjungur: „Auch das. Bei dem einen war aber die Ursache nicht die Farbe des Autos, sondern die Umgebung, die er damit aufsuchte, und bei dem anderen nicht die Ehefrau. Ich sehe immer noch keinen Zusammenhang …“

Tilvera: „Das Gefühl tritt auch dann auf, wenn einer gewahr wird, dass eine begonnene Sache anstrengender oder unangenehmer wird als erwartet.“

Ónytjungur: „Das stimmt. Der eine versuchte, mit seinem grauen Ford Fiesta die Krossa zu durchqueren, der andere jammerte darüber, dass seine Frau ihn vor die Alternative stelle, entweder wenigstens einmal in der Woche die Unterhose zu wechseln, oder auf kuscheln zu verzichten. Was hat das mit …“

Tilvera: „Das Gefühl tritt zum Beispiel auch dann auf, wenn einer große Anstrengungen auf sich genommen hat, nur um dann festzustellen, dass das Ziel den Erwartungen nicht gerecht wird.“

Ónytjungur: „Mir längst bekannt. Der eine schrie laut um Hilfe, in der Hoffnung, es höre einer die Hilferufe und eile herbei, denn das graue Auto war in der Krossa praktisch unsichtbar, wurde dadurch aber nur heiser, denn die Krossa war lauter, und der andere wechselte seine Unterhose, da war es aber schon zu spät, denn seine Frau war mittlerweile eingeschlafen. Du hast mir immer noch nicht gesagt …“

Tilvera: „Das Gefühl tritt zum Beispiel auf, wenn einer sich konträr zu seinen Überzeugungen verhält, ohne dass es dafür eine externe Rechtfertigung in Form von Nutzen bez. Belohnung oder Kosten bzw. Bestrafung gibt.“

Ónytjungur: „Auch das ist mir geläufig. Der eine war überzeugt, dass es in Italien Brücken gibt und warm ist, auch war er davon überzeugt, dass hier im Hochland Flüsse zu durchqueren sind, und er eigentlich ein geländegängiges Auto bräuchte, fuhr aber dennoch mit einem Ford Fiesta hierher, und der andere wechselte gegen seine Überzeugung jede Woche seines Lebens seine Unterhose, obschon es immer zu spät war. Was zum Teufel hat das alles damit zu tun, ob einem Menschen, der vor Mördern flieht, um nicht ermordet zu werden, dabei Hab und Gut verlor, Obdach zu gewähren ist, oder nicht?“

Tilvera: „Das Problem ist, dass dabei Einstellungen und Verhalten als widersprüchlich empfunden werden, und – da das Verhalten freiwillig geschah – eine körperliche Erregung eintrat, wofür dieses Verhalten verantwortlich ist.“

Ónytjungur: „Interessant. Gibt es eine Rettung aus dem, was da als Dilemma aufgefasst?“

Tilvera: „Die abwägend denkenden Psychologen gehen davon aus, dass dafür vier Schritte notwendig wären. Mit welchen der Schritte begonnen werde, sei unerheblich.“

Ónytjungur: „Als da sind?“

Tilvera: „Um das zugrunde liegende Problem zu lösen, wäre notwendig, den Blickwinkel zu ändern, damit neue Lösungswege erkannt werden können. Mit der Lösung verschwinde auch die Dissonanz.“

Ónytjungur: „Genial. Sobald die Menschen Kriegsflüchtlinge nicht für Kriegsflüchtlinge halten, die vor Mördern fliehen, um nicht ermordet zu werden, und dabei Hab und Gut verloren, eröffnen sich neue Lösungswege, die vordem ja deswegen nicht erkannt wurden, da ja noch die Kriegsflüchtlinge irrtümlich für Kriegsflüchtlinge gehalten wurden, die vor Mördern fliehen, um nicht ermordet zu werden, und dabei Hab und Gut verloren.“

Tilvera: „Ein anderer Schritt wäre, die Wünsche, Absichten oder Einstellungen aufzugeben.“

Ónytjungur: „Noch besser. Bieten die denkend abwägenden Psychologen auch Einrichtungen an, in denen sie Umschulungen anbieten, so dass Wünsche und Absichten, oder die Einstellung, Menschen Obdach zu gewähren, die vor Mördern fliehen, um nicht ermordet zu werden, und dabei Hab und Gut verloren, sich dahingehend verändern, diesen nicht mehr Obdach gewähren zu wollen?“

Tilvera: „Es wäre auch möglich, die körperliche Erregung zu dämpfen, was durch Sport, ausgleichende Aktivitäten, Ruhe, Vermeidung von vermeidbarem Stress, Meditation, aber auch durch Alkoholkonsum, Beruhigungsmittel, Tabak oder andere Drogen möglich wäre.

Ónytjungur: „Das bringt mich auf eine Idee. Gibt es nicht eventuell die Möglichkeit, an die abwägend denkenden Psychologen Gutscheine auszugeben, für das Fitness-Studio, oder Meditationskurse, oder Freibier bis zum abwinken? Immerhin würde dadurch erreicht werden, dass jene, die nicht von kognitiver Dissonanz befallen wie jene abwägend denkenden Psychologen, endlich von deren Geschwätz befreit werden, abwägend denkende Psychologen möglicherweise darüber sogar ihre Einstellung änderten, also eines fernen Tages Menschen in Not Obdach gewähren wollen.“

Tilvera: „Aber die abwägend denkenden Psychologen sind es doch nicht, die an kognitiver Dissonanz leiden, sondern jene, die Kriegsflüchtlingen Obdach gewähren, da die vor Mördern fliehen, um nicht ermordet zu werden, und dabei Hab und Gut verloren.“

Ónytjungur: „Soso, ist das so? Ist dir auf deinen Reisen schon einmal das Wort Gewissen begegnet?“

Tilvera: „Wo ich auch hin kam. Was aber hat das Wort mit kognitiver Dissonanz zu tun?“

Ónytjungur: „Nun, Gewissen ist das Gefühl der inneren Ruhe oder Unruhe, das in das Bewusstsein tritt, wenn eine vorgehabte, begangene oder unterlassene Tat im Einklang oder Widerspruch zu einem moralischen Grundsatz steht, der für eine Person verbindlich ist. Was wäre daraus zu schließen, ich meine, bezogen auf Psychologen, die dichten, da sie sich für Wissenschaftler halten?”

Tilvera: „Dass ein Esel ein Esel bleibt, auch wenn er eine Melone frisst?“

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Dissonance cognitive

Vom Kronkorkenjagen und Tischesammeln

bv1Kultur als Gegenbegriff zu Natur bezeichnet wertungsfrei all das, was sich der Mensch geschaffen hat: Vom Pflug über den Tisch bis hin zum Kulturbeutel und anderen Reiseutensilien.

Der moderne Kulturmensch hat sich weit vom Jäger- und Sammlerdasein entfernt, und solch ehrwürdige Berufe wie Wilderer oder Kräuterhexe sind nahezu ausgestorben. Dennoch hat sich in irgendeinem Hinterstübchen seines Hirns der Trieb erhalten, zu sammeln und zu jagen und manch einen führt diese Leidenschaft rund um den Globus.

Es gibt Menschen, die wollen Abbilder möglichst aller Landstriche des Planeten Erde auf ihren Speichermedien versammeln,  andere jagen quer über die Weltmeere virtuellen Werten nach, und dann gibt es die, die auf ihren Wanderungen und Reisen reale Dinge einsacken, die gemeinhin als wertlos gelten.

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Kronkorken (Dellusafnið in Flateyri)

Die Wortesammlerin, die über den Atlantik fliegt, um in einer Bibliothek ein verstaubtes, der Vergessenheit anheimgefallenes Buch zu lesen, das nur in diesem einen einzigen Exemplar existiert, gilt als verrückt, ebenso jener Kronenjäger, der Fernreisen nur deswegen unternimmt, um seiner Sammlung von Kronkorken ein weiteres Exemplar hinzufügen zu können.

Auch ich habe jüngst einen Kronkorken von einer Reise mitgebracht und ihn auf meinen Kronkorkenuntersetzer gelegt, den ukrainische Freunde vor Jahren gebastelt und mir als Geschenk überreicht hatten. Der Verschluss zierte einst die Vermonter Bierflasche der Marke „The Long Trail“ und zeigt auf rotem Grund die Silhouette eines ausschreitenden Wanderers mit langem Stab. Kein Wunder also, dass mein Auge automatisch nach diesem Motiv in der Kronkorkensammlung des Dellusafnið in Flateyri suchte. Das sogenannte Nonsense-Museum in dem kleinen Fischerort in den isländischen Westfjorden widmet sich verschiedenen Formen der Sammelleidenschaft.

Ist Sammeln wirklich etwas Sinnloses, nur weil das Sammelgut nicht dem Lebensunterhalt dient, sondern andere Gelüste befriedigt, ähnlich jener, die beim Puzzeln im Spiele sind? Sammeln gehört zu den Vorgängen, die sich (in den wohlhabenden Regionen der Erde) von Arbeit in Spiel verwandelt haben, ein Spiel mit meist kleinen Kulturdingen.

Ein Kronkorken hat nahezu keinen materiellen Wert. Einmal entfernt verschließt er die Flasche nicht mehr richtig und wird daher achtlos vermüllt. In der Wegwerfgesellschaft erscheint das Sammeln solch vermeintlich wertloser Gegenstände als unsinnig. Gesellschaftlich anerkannt ist allerdings das Sammeln von Kronkorken, wenn es bedürftigen Institutionen zu Gute kommt. Auch ich sammle Kronkorken für das Till-Eulenspiegel-Museum in Schöppenstedt, dessen Mitarbeiter das säckeweise eingehende 21-zackige Blech auf dem Altmetallmarkt verkaufen – eine durchaus beachtliche Finanzspritze für das kleine Museum.

Der Isländer Ómar Smári ist, so heißt es im Begleittext des Dellusafnið, in der Welt herumgefahren, um Kronkorken zu sammeln. Ich sehe ihn vor mir, wie er vorsichtig den Verschluss von einer Flasche löst, um ihn nicht zu beschädigen. Dann besieht er sich das neu erworbene Prachtstück mit großen Behagen, während er den freigegebenen Inhalt der Flasche zwar trinkt, ihm aber nicht die gleiche Aufmerksamkeit schenkt wie dem neuen Sammlungstück (das freilich ist nur eine Hypothese meinerseits). Die mit dem Erwerb des Kronkorkens verbundene Reise mit all ihren Abenteuern und Mühen macht diesen besonders wertvoll, denn nun ist jeder seiner Zacken mit Erinnerung besetzt und damit unterscheidet er sich grundsätzlich von der seltenen Briefmarke, die sich ein anderer passionierter Sammler bequem per Post ins Haus schicken lässt.

Wer auf einer abgelegenen Insel lebt, hat ohnehin das Bedürfnis zu reisen, und so haben fast alle isländischen Sammler, die dem Dellusafnið ihre Schätze übereignet haben, auf ihren Reisen gesammelt oder wie der Kronensammler zielgerichtete Sammlungsexkursionen unternommen. Doch warum hörten sie auf zu sammeln? Heimischer Platzmangel und die Museumsgründung haben diese schwere Entscheidung sicherlich befördert. Doch da gibt es auch Valgerður, die befand, 300 Sammlungsstücke seien genug. Sie sammelte Affen.

Das Sammeln von Naturgütern ist ein begrenztes Unternehmen. Sicherlich, Sack, Korb oder Beutel, was auch immer zur Aufnahme des Sammlungsgutes verwendet wird, muss gut gefüllt sein, bevor Mensch mit dem Sammeln aufhört und seine Schritte heimwärts wendet. Das Volumen des Behälters setzt dem Sammeltrieb Grenzen, doch wie bestimmt sich die Grenze beim Sammeln von menschengemachten Affennachbildungen?

Das Sammeln von Naturgütern hat immer mit Bewegung zu tun. Ob Ähren oder Beeren – Mensch schreitet vorwärts, der Blick schweift umher, Mensch bückt sich, greift zu, steckt ein, richtet sich wieder auf, geht weiter …

Briefmarken sind selbstreisendes Sammlungsgut und kommen per Post. Der Sammler muss sie nur einem Umschlag entnehmen oder von einem solchen ablösen. Bücher, Süßwaren oder Schuhe brauchen zum Schutz größere Umschläge, und werden meist in Pappschachteln versandt.

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Kugelschreiber (Dellusafnið in Flateyri)

Statt Briefmarken solche Schachteln zu sammeln, ist wegen des hohen Platzbedarfs keine sehr gute Idee. Menschen, die keine Schachtel wegwerfen können, gehören meist zur Spezies der Das-könnte-ich-doch-noch-einmal-brauchen-Sammler, die oft fälschlicherweise als Messies bezeichnet werden. Dabei wollen sie die Schachteln gar nicht sammeln, sondern wieder befüllt an andere potentielle Schachtelfreunde verschicken, doch ach, die versammelten Schachteln haben nie die passende Größe für den vorgesehenen Inhalt.

Auch wenn ich mich gerne über den eigenen oder fremden Schachtelsammeltrieb lustig mache, möchte ich aber folgendes zu bedenken geben: Alltagsgegenstände und Plunder im Überfluss gibt es in anderen Regionen des Planeten Erde nicht; nicht überall herrscht die vermeintliche „Kultur“ des Wegwerfens. Und es gibt Millionen von „Kulturbanausen“, die die Wegwerf-Dinge für einen Hungerlohn herstellen, ohne sie sich jemals leisten zu können. Oder die sich überlebenshalber die Abfälle der Kulturbeutel-Besitzer auf Müllkippen zusammensammeln müssen.

Auf der entlegenen Nordmeerinsel Island, wo die meisten Gebrauchsgüter importiert werden müssen und an hauptstadtfernen Orten nicht so leicht zu beschaffen sind, achten die Menschen die Dinge mehr als auf dem europäischen Festland und sind eher einem pragmatischen Das-könnte-ich-doch-noch-einmal-brauchen-Prinzip verpflichtet. Dies gilt freilich nicht für die passionierten Sammler, denn diese benutzen ihre Sammlungsgegenstände nicht und wollen auch nicht, dass sie benutzt werden. So schaut der Besucher des Dellusafnið je nach Suchtpotential begehrlich auf die hinter Glas verborgenen vollen Schnapsfläschchen oder die prallen Zuckertütchen und -Würfelchen. Manch einer würde gerne ausprobieren, wie sich seine Zigarette an Heuschrecken, Penissen, Fahrrädern, Zangen oder gar Feuerlöschern entzünden ließe, muss sich jedoch mit dem Anblick all dieser verkleideten Feuerspender begnügen.

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Feuerzeuge (Dellusafnið in Flateyri)

Selbst den skurrilsten Dingen, die sich der kulturbeflissene Mensch ersonnen hat, ist eine gewisse Funktionalität nicht abzusprechen. So besitzt auch ein als Delfin verkleidetes Feuerzeug eine Standfläche, damit es auf einem Tisch abgestellt werden kann. Die Funktion des Tisches wiederum besteht hauptsächlich darin, Gegenstände, die ein sitzender Mensch benutzen möchte, aufzunehmen und in einer waagrechten Position zu halten. Nun könnte es ja egal sein, an welchem Tisch der Mensch sein Frühstück verzehrt, aber mitnichten: Neben Form, Farbe, Größe und Erhaltungszustand (alles Faktoren, die zumindest teilweise mit Funktionalität zu tun haben) spielt gänzlich Unfunktionales, nämlich Emotion, eine unerhört große Rolle.

Neulich sagte jemanden über einen alten, abgenutzten Tisch, für den sicherlich niemand mehr einen Pfifferling gegeben hätte: Diesen Tisch kann ich nicht weggeben oder gar wegschmeißen, denn daran habe ich schon als Kind gesessen und gegessen. Unvergessliche Erinnerungen haben sich in die Rillen des Tisches gegraben, das macht ihn für einen einzigen Menschen so unersetzbar wertvoll.

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Zuckerstücke (Dellusafnið in Flateyri)

Erinnert er sich dann aller Tische, die ihm im Laufe eines ganzen Lebens unter sich Zuflucht, an sich Sättigung und auf sich sicheren Stand gewährt haben, kommt sicherlich eine beachtliche Anzahl zustande. Doch ihre Sammlung würde die Dimensionen jeglicher Behausung sprengen und selbst ein geräumiges Museum vor Probleme stellen. So stehen viele einzigartige und unersetzliche Tische einzig in Gedächtnisräumen herum, wo sie unverstaubt vor sich hindämmern können.

Sammlung bedeutet auch: Konzentration auf das Wesentliche. Und ganz versammelt bin ich erst, wenn ich nicht Kulturgüter wie Worte oder Schachteln sammele, sondern das, was die Natur mir pur anbietet. Auch beim Sammeln von Affen oder Kronkorken wäre mir nie aufgefallen, was ich mehr als sechs Jahrzehnte lang falsch angefasst habe. Aber als ich im vergangenen Herbst ein paar Kilometer vom Dellusafnið entfernt an einem Berghang des Önundarfjordes saß, den wiederkäuenden Schafen zusah und Blaubeeren sammelte, bemerkte ich plötzlich, dass meine Linke blutrot vom Beerensaft war. Ich, die vermeintliche Rechtshänderin, pflückte die Beeren mit der linken Hand ab. Als ich versuchte, mit der Rechten zu zupfen, fühlte ich Unbehagen in mir aufsteigen. Und bei weiteren Sammlungen kamen immer mehr Erinnerungen („Nimm den Löffel in die rechte Hand“, „Gib das richtige Händchen“) hoch, die die frühe, konsequente Umerziehung zur Benutzung der „Kultur“hand belegen. Ich werde wohl nicht mehr lernen, mit meiner Naturhand zu schreiben – aber Sammeln, das tu ich fortan bewusst mit Links.

Der Ball und die Verantwortung

troll-imadeWEB-1Tilvera: „Es ist davon zu lesen, der Ausgang der Abstimmung einer Nation hinsichtlich der Frage, ob sie in der EU bleiben soll oder nicht, zeige einen wesentlichen Unterschied zwischen plebiszitärer Demokratie und repräsentativer Demokratie.“

Ónytjungur: „Inwiefern?“

Tilvera: „Nun, er ist Philosoph, er weiß daher, wovon er redet. Er wirft das Argument in den Ring, dass Erstere zwar direkter erscheinen mag, denn es geschehe, was das Staatsvolk sage, tatsächlich würden in ihr aber die Verantwortlichkeiten verloren gehen. Dem gegenüber weise aber eine Wahl in einer repräsentativen Demokratie klar Verantwortung zu.“

Ónytjungur: „Es ist immer gut, Schein von Tatsachen unterscheiden zu können.“

Tilvera: „Demnach muss das, was das Staatsvolk sage, Schein sein, denn tatsächlich – folge ich der Behauptung – wolle es etwas ganz anderes sagen.“

Ónytjungur: „Und was es tatsächlich sagen wolle, wissen nur jene, die nicht so sagen.“

Tilvera: „Und wozu lassen diese dann das Staatsvolk überhaupt was sagen?“

Ónytjungur: „Vielleicht ist es die Großzügigkeit des Repräsentanten, die dem Staatsvolk das Recht auf freie Meinungsäußerung gewährt.“

Tilvera: „Wenn es nun so ist, dass das, was das Staatsvolk sage, nur Schein ist, und nur die Repräsentanten wissen, was das Staatsvolk tatsächlich sage, repräsentierten diese dann nicht nur den Schein?“

Ónytjungur: „Das hängt davon ab, was du mit dem Fremdwort repräsentieren meinst. Meinst du damit vertreten, dann repräsentieren sie nicht, mit der Begründung, dass dies notwendig sei, um zu repräsentieren, meinst du aber typisch sein für etwas, dann kannst du von repräsentieren sprechen, wäre dann aber von diesem etwas abhängig. Könntest du  dieses etwas eventuell etwas typisieren?“

Tilvera: „Das ist eine schwierige Aufgabe.“

Ónytjungur: „Interessant ist auch die Einzahl Verantwortung, auf Mehrzahl angewendet. Wie habe ich mir das vorzustellen? Ist damit nicht die Mehrzahl für nichts mehr verantwortlich, was ja für alle gelten müsse, da jeder von ihnen ja Element der Mehrzahl Verantwortlichkeiten, und keiner von diesen ja Repräsentant, an den Verantwortung abgegeben? Und wer ist dieser Repräsentant?“

Tilvera: „Da verhält es sich vermutlich so, wie es sich bei Gesellschaft verhält. Du erinnerst dich noch an die Worte des Dichters Halldór Laxness, die er in seinen Kindheitserinnerungen Í túninu heima festhielt?“

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Foto: ALGORITHMICS á Íslandi

Ónytjungur: „Sogar wörtlich: Die Gesellschaft existierte nicht einmal, als ich aufwuchs. Wir wollen hoffen, dass es sie heute gibt, damit man sie verbessern kann, obwohl ihre Anschrift unbekannt ist und es nicht möglich ist, sie vor Gericht zu belangen. Neulich fragte ich einen intelligenten Bekannten, ob er wisse, was die Gesellschaft für ein Verein sei: das Volk, die Regierung, das Alþing, oder vielleicht die Summe von all dem?“

Tilvera: „Nun, dem Philosophen zufolge kann das Staatsvolk schon mal nicht Repräsentant sein, bliebe noch die Regierung und das Parlament, denn wenn das Staatsvolk spreche, könne es in keinem interessanten Sinn von Verantwortung verantwortlich gemacht werden, so der Philosoph.“

Ónytjungur: „Lass mich raten: was ein interessanter Sinn ist, und was nicht, hat der Philosoph nicht angegeben.“

Tilvera: „Er sieht sich als Philosoph. Er ist auch einer.“

Ónytjungur: „Da ist es doch gut, dass du kein Philosoph bist, und auch noch gewillt bist, sorgfältig zu untersuchen, bevor du redest. Sage mir, wie war das damals, im Jahr 2009, als die Verantwortlichkeiten sprachen, den einzigen Baum vor dem Parlament verbrannten, der zur Verfügung stand, in welchem uninteressanten Sinn von Verantwortung können die Verantwortlichkeiten verantwortlich gemacht werden, denn in einem interessanten Sinn von Verantwortung können sie ja nicht verantwortlich gemacht werden?“

Tilvera: „Dazu müsste ich wissen, was in diesem Zusammenhang interessant wäre, und was uninteressant.“

Ónytjungur: „Wie war das damals, als die Repräsentanten in ihrer Not der Erpressung von Wucherern, die auch nur repräsentierten, zustimmen mussten, und die Verantwortlichkeiten den Repräsentanten die Möglichkeit zur Ratifizierung der Erpressung entzogen, in welchem uninteressanten Sinn von Verantwortung können da die Verantwortlichkeiten verantwortlich gemacht werden, denn in einem interessanten Sinn von Verantwortung können sie ja nicht verantwortlich gemacht werden?“

Tilvera: „Auch dazu müsste ich erst wissen, was in diesem Zusammenhang interessant wäre, und was uninteressant.“

Ónytjungur: „Und wie war das, als die Verantwortlichkeiten in diesem Jahr sich solange vor dem Alþingi versammelten, bis der Repräsentant endlich sich bequemte, seinen Schreibtisch zu räumen, in welchem uninteressanten Sinn von Verantwortung können hier die Verantwortlichkeiten verantwortlich gemacht werden, denn in einem interessanten Sinn von Verantwortung können sie ja nicht …“

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Foto: Bernhild Vögel

Tilvera: „Du kannst so viele Ereignisse aufzählen, wie du willst, es wird stets auf das Gleiche hinauslaufen, nämlich dass ich dir mitteile, dazu erst wissen zu müssen, was in diesem Zusammenhang interessant wäre, und was uninteressant.“

Ónytjungur: „Nimm all diese Ereignisse, und es gäbe noch mehr von diesen, ist es dann so, dass jenes, was darüber vermieden beziehungsweise herbeigeführt, denn  beide bedingen bekanntlich einander, jenes ist, was eine Entscheidung darüber zulasse, ob Verantwortlichkeiten durch Verantwortung  sinnvoll ersetzbar, oder nicht?

Tilvera: „Nun, das Argument kam aus einer großen Fußball-Nation, und dort gelten andere Regeln.“

Ónytjungur: „Und welche Regeln?“

Tilvera: „Nimm zwei Mengen, die sich uneins sind, in welches Tor der Ball soll, und sich deswegen bemühen – gegen die Widerstände der jeweils anderen Menge – den Ball in deren Tor zu bugsieren, und nicht in das eigene.“

Ónytjungur: „Und?“

Tilvera: „Einmal angenommen, der einen Menge wird die Rolle des Staatsvolkes zugewiesen, und der anderen Menge die Rolle der Repräsentanten, also Verantwortlichkeiten gegen Verantwortung, beziehungsweise Verantwortungslosigkeit gegen Verantwortung, da die eine Menge ja in keinem interessanten Sinn von Verantwortung verantwortlich gemacht werden könne, …“

Ónytjungur: „… dann erklärte diese Anordnung, dass es damals dort nur die Repräsentanten waren, da diese schließlich die Verantwortung trugen, also die Nazis, und keineswegs das Staatsvolk, denn in einem interessanten Sinn von Verantwortung könne dieses ja nicht verantwortlich gemacht werden.“

Tilvera: „Was schließt du daraus?“

Ónytjungur: „Dass der Ball die Rolle der Verantwortung übernommen hat? Das wäre eine feine Sache, denn am Ende hat sie keiner. Der Ball verweilt auch nicht im Tor, in welchem er auch immer gelandet sein mag, sondern wird immer wieder herausgeholt, und die ganze Prozedur beginnt erneut.“

Tilvera: „Und letztlich bleibt es auch nicht bei dem einen Spiel. Womit ich bei repräsentieren im Sinne von typisch sein für etwas angekommen, und ob ich dieses etwas, was noch undeutlich, typisieren könne oder nicht.“

Ónytjungur: „Und, kannst du?“

Tilvera: „Was auffällt, ist, dass die einen Leute mit der Pauschalisierung repräsentieren operieren, die anderen nicht. Die anderen Leute arbeiten nicht gerne mit Pauschalisierungen, die keine Generalisierungen sind, sind es daher gewohnt zu differenzieren, da sie lieber präzise sein wollen. Sie finden daher keine Verwendung für das Verb repräsentieren. Sie verwenden an dessen Stelle drei voneinander unterscheidbare Ausdrücke, als da sind vera í staðinn fyrir (im Sinne von: Ersatz für), oder hafa umboð fyrir (im Sinne von: jemanden in einer bestimmten Funktion anerkennen und zulassen), oder koma fram í nafni (im Sinne von: im Namen von). Es ist sozusagen typisch für jene. Habe ich damit den Ausdruck typisch sein für etwas für dich genügend typisiert?

Ónytjungur: „Mir genügt es. Setzt doch das Verb vertreten im Sinne von Ersatz für … voraus, dass im Namen von … gehandelt, und mit der Präposition von jeder Einzelne ohne jede Ausnahme genannt, und keineswegs eine Teilmenge. Denn wäre zugelassen, dass nur eine Teilmenge repräsentiert zu werden brauche, und diese bestimmte Funktion im Namen aller anzuerkennen und zuzulassen wäre, dann …“

Tilvera: „… wäre die Wahl damals am 5. März 1933 von allen dort hinzunehmen gewesen, da ja sonst tatsächlich – wie der Philosoph feststellt – die Verantwortlichkeiten verloren gegangen wären, wogegen eine Wahl in einer repräsentativen Demokratie – wie damals geschehen – dem gegenüber klar Verantwortung zuweise.“

Ónytjungur: „Moment … in einer plebiszitären Demokratie hingegen wäre an diesem Tag dem geiferndem Geschwätz eines großen Teils der Leute, die behaupteten, von einer arischen Großmutter abzustammen, die es in Wirklichkeit nie gab und auch nicht geben konnte, mit 56,1 % der Stimmen noch eine klare Absage erteilt worden, was ja – so einer rechnen kann – unweigerlich geschehen wäre, hätte es eine plebiszitäre Demokratie gegeben, …“

Tilvera: „… und müssten bei einer plebiszitären Demokratie dort nun die Rattenfänger, die behaupten, von einer biodeutschen Urgroßmutter abzustammen, die es auch in Wirklichkeit nie gab und auch nicht geben konnte, erst 50,01 % Wählerstimmen hinter sich scharen …“

Ónytjungur: „… und nicht nur eine Schar, die kleiner ist als 50 %, wie bei einer repräsentativen Demokratie, was ja viel leichter erreichbarEs wäre ein Lehrstück in Demokratie, denn es zeigte, was die plebiszitäre Demokratie leiste, die repräsentative Demokratie hingegen verfehle. Kann der Philosoph nicht rechnen?

Tilvera: „Der Philosoph wünscht sich  aber– ungeachtet dessen – die Zuweisung von Verantwortung für Entscheidungen, und die sieht er nur in repräsentativer Demokratie gegeben, nicht jedoch in einer plebiszitären Demokratie.“

Ónytjungur: „Interessant. Er hat wohl auch noch vergessen, dass der Wille zur Macht bekanntlich die Sinne vernebelt, auch ein Gedicht scheint er vergessen zu haben.

Tilvera: „Die Angelegenheit wird damals wie heute vom gleichen System getragen.

Ónytjungur: „Du meinst die repräsentative Demokratie?“

Tilvera: „Ich meine das System Ideologie: In aller Regel auf dem einen Auge blind, und auf dem anderen Ohr taub. Der Wille zur Macht führt zur Redseligkeit, und der kleine Kompromiss wird als weise Tat ausgegeben. Ich habe keine Ahnung, welcher Gewinn sich davon versprochen wird.

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Foto: Bernhild Vögel

Ónytjungur: „In der Tat. Es ist schon bemerkenswert, dass diese Gattung sich selbst Intelligenz zuschreibt, da sie im Gegensatz zu allen anderen Gattungen über die Fähigkeit verfügt, einen Rasenmäher zu erfinden und herzustellen, damit keine Blüten ihren Blick auf ein Heer abgesägter  Grashalme trübe.“

Tilvera: „Mir scheint, mein Freund, du bist für jegliche Kultur untauglich.“

Ónytjungur: „Dann hast du begriffen, warum ich hier diesen Stein in der Einöde bevorzuge.“

Ziergeschwätz, Ziergewächs, Schafe und Dichter

bv1Als der isländische Schriftsteller Jón Kalman Stefánsson noch ein – wie heißt es so schön – „unbeschriebenes Blatt“ war, arbeitete er in der Fischindustrie, um das Geld für den Druck seines ersten Buches zusammenzubringen. Als er schließlich den Arbeitskollegen stolz den selbstverlegten Gedichtband zeigte – kurze Gedichte, jedes auf seiner eigenen Seite – sprach einer aus, was alle dachten: „Platzverschwendung!“.

Wenn Worte Fische wären, wenn sich ihr Wert danach bemäße, wie viele sich im Netz befinden, wenn es dabei um lang und breit ginge, und wie leicht sie sich zerlegen ließen, trockene Worte, gesalzene, aalglatte und solche, die nur zur Zierde eingefangen werden …

01skrudurDas isländische Wort skrúðmælgi bedeutet „Zier-Geschwätz“. Skrúð (Pracht, Zier, Ornament) findet sich auch im Wort skrúðgarður, Ziergarten. Vor über 100 Jahren schuf der Schulvorsteher von Núpi im Dýrafjörður mit seinen Schülern eine Gartenanlage, die noch heute besteht. Skrúður, wie er sie nannte, war ursprünglich mehr ein Nutzgarten als ein Ziergarten. Hier findet sich heute unter anderem auch ein Kraut, das in den 1920er Jahren als Zierpflanze nach Island kam. Mit seinen feinen weißen Blütendolden und dem üppigen Blattwerk bietet skogarkerfill, der Wiesenkerbel, einen angenehmen Anblick, hat sich aber inzwischen als wahre Landplage erwiesen, denn er verbreitet sich explosionsartig und laugt die Böden aus.

03Kann man den aus den Ziergärten ausgebrochenen Kerbel mit Ziergeschwätz bekämpfen? Jein.

Die Gemeindeverwaltung Ísafjarðarbær kündigte kürzlich ein Experiment zur „ökologischer und nachhaltiger Vernichtung von Kerbel“ an unter Hinweis, dies sei die Formulierung in skrúðmælgi.

Nun ist blumiges Geschwätz allerorts nötig, wenn es gilt, Projektfördermittel zu ergattern oder/und einem Vorhaben einen wissenschaftlichen Anstrich zu verleihen. Jedoch in einer schönen Form der Selbstironie folgte der ziergeschwätzigen Formulierung sogleich die mannamál-Fassung. Mannamál heißt menschliche Sprache und hat als Gegensatz zu skrúðmælgi die BedeutungKlartext“ oder, was hier besser passt: „in unverblümter Sprache“. In dieser entblättert sich das Projekt als vielblättrige Aufgabe für zwei Mutterschafe und ihrer vier Sprösslinge.

Ein paar Worte zum historischen Kontext: Einst bevölkerten unzählige Schafe auch kleine und größere isländische Orte, sicherlich oft zum Verdruss der Bewohner, die Wert auf Zier- und Nutzgärten legten. Schafe sind Feinschmecker und lieben die kulinarische Abwechslung, sie haben sicherlich dafür gesorgt, dass sich Zierpflanzen nicht zu sehr verbreiteten. Jedoch scheint das Wissen, ob Schafe besonders gerne Kerbel fressen und wenn, wie viel, seit Reduzierung der Schafbestände und Einführung der vor jedem Ortseingang in die Straße eingelassenen Tiersperren (Viehgatter bzw. rimlahlið genannt) verlorengegangen zu sein.

06Nun sind die hornlose dunkelwollige Svarta-Hrönn und die hellhaarige gehörnte Ljúfa auf Probe bei der Gemeinde angestellt, um im Dorf Suðureyri, das besonderen Wert auf seine nachhaltig betriebene Fischerei legt, den Kerbel abzuarbeiten und dabei ihre vier Lämmlein anzulernen. Zu diesem Zwecke wurde ein kerbelreiches Areal zwischen zwei Häusern am Ende der Hauptstraße mit doppeltem Elektrozaun umrahmt und ein Informationsschild aufgestellt. Die Mutterschafe machten sich anfänglich entzückt an die Arbeit, während die Lämmlein den herben Kerbelgeschmack sozusagen mit der Muttermilch aufsogen.

04

Das abzufressende Areal umfasst auch das Denkmal für den Dichter Magnús Hj. Magnússon, der hier in einer Kate am Abhang über dem Ort seine letzten Lebensjahre verbracht und der Nachwelt unter anderem 4.000 Tagebuchseiten aus fast einem Vierteljahrhundert hinterlassen hat. Er hatte das Häuschen, das er zwei Jahre vor seinem frühen Tod erwarb, Þröm (Ecke, Kante) getauft und daher nannte man ihn Skáldið á Þröm, den Dichter an der Kante.

Die Kindheit des 1873 geborenen Magnús war durch Krankheit und grausame Behandlung geprägt. Er bezog viele Jahre lang Armenunterstützung, verfasste Auftrags-Liebesgedichte, gereimte und ungereimte Nachrufe und Eingaben, arbeitete als Tagelöhner in der Fischverarbeitung und als Wanderlehrer. Die Verführung einer 14-jährigen Schülerin brachte ihn 1911 für ein Jahr ins Gefängnis nach Reykjavík. Vier der sechs Kinder, die er zusammen mit seiner Lebensgefährtin hatte, starben früh.

Die über 23 Jahre geführten täglichen Tagebucheinträge, die immer mit einer kurzen Wetterbeschreibung beginnen, zeigen, wie eng vertraut der Außenseiter als Liebesbote, Nachrufer und Geschichtentransporteur mit den Geschicken seiner Mitmenschen war. Neben Einblicken in das Leben, Denken und Dichten von Magnús bieten die Tagebücher daher auch mannigfache sozialgeschichtliche Informationen.

Magnús schreibt in einem 1914 verfassten Lebensrückblick, vom neunten Lebensjahr bis 1896 habe er das Gefühl gehabt, überall offenbare sich ihm das Antlitz Gottes. „Mir war, als höre ich die ganze Natur einstimmen in den Klang der Offenbarung des Göttlichen und ich sei auch inmitten dieser Stimmenflut. Mir schien mein Ich so klein in diesem himmlischen Glanz.”

Aus diesen knappen Zeilen macht Halldór Laxness eine blumige, wenn nicht gar eine etwas ziergeschwätzige Erweckungsszene, die sich allerdings mit der Aussage, dass sich das Göttliche nicht über Worte offenbart, selbst wieder zurücknimmt:

„Niemand auf dem Hof ahnte, dass der Junge in direkter Verbindung zu Gott stand, und niemand auf dem Hof hätte es verstanden. Alle auf dem Hof hörten weiter das Wort Gottes aus einem Buch. Nur er wusste, dass diese Menschen Gott nie verstehen würden, selbst wenn sie tausend Jahre lang sein Wort hörten, und Gott würde vermutlich kaum darauf verfallen, sie an sein Herz zu nehmen.“

Magnús, dem Ziergeschwätzigkeit wohl ebenso fremd war wie laxnessche Ironie, hat die Passage über den Klang der Offenbarung des Göttlichen in seinen Lebenslauf eingefügt, um die Entstehung seines Vierzeilers zu erklären, der da lautet:

„Þegar sálar augum á
alheims lít ég búa.
Ó, hvað lítill er ég þá
í öllum þessum grúa.“

(Wenn ich mit den Augen der Seele auf des Weltalls Bewohner sehe, oh, wie winzig bin ich da in diesem ganzen Schwarm)

Der Klang der Offenbarung des Göttlichen hat nach Laxness, der den ersten Teil seiner Weltlicht-Tetralogie danach benannt hat, auch den Künstler Ragnar Kjartansson und den Komponisten Kjartan Sveinsson zu einer gleichnamigen Produktion inspiriert, die 2014 an der Volksbühne Berlin Premiere hatte. Wer heute Laxness’ Weltlicht liest, ahnt nicht, dass der „Ljósvikingur“ tatsächlich existierte. Laxness hat nicht verheimlicht, Magnús zum Vorbild für die Romanfigur Ólafur Kárason genommen zu haben, was für seine Zeitgenossen ja auch offensichtlich war. Doch in welchem Umfang er aus dessen Aufzeichnungen schöpfte, lassen erst die von Sigurður Gylfi Magnússon 1998 unter dem Titel Kraftbirtingarhljómur Guðdómins (Klang der Offenbarung des Göttlichen) veröffentlichten Tagebuchauszüge von Magnús Hj. Magnússon erkennen.

In den Westfjorden entstand 2012 ein Theaterstück über Magnús, und sicherlich ist auch sein Todestag, der sich am 30. Dezember 2016 zum einhundertsten Male jährt, ein Anlass, dort seinem Werk wieder zu begegnen.

05Erst einmal aber sind die verwitterten Stufen hinauf zum Magnús-Denkmal für Menschen gesperrt. Da Schafe gern menschliche Bauten und Straßen nutzen, erkundeten Svarta-Hrönn, Ljúfa und ihre Sprösslinge das steinreiche Monument sofort; inzwischen dient ihnen das Fundament als Terrasse, Aussichtsplattform und Schattenspender.

Doch den Kerbel, so schien es, hatten sie wohl gründlich satt. Bei näherem Hinsehen stellte eine botanisch versierte Person fest, dass die Schafe den herben Wiesenkerbel (skógarkerfill) tatsächlich ganz abgefressen haben, die ähnlich aussehende Süßdolde (spánarkerfill) aber nicht anrühren. Dieses, auch Spanierkerbel genannte Kräutergartengewächs, das nach Anis duftende Blütendolden und üppigeres Blattwerk hat, breitet sich zusammen mit dem Wiesenkerbel in Suðureyri und anderen Orten der Westfjorde ungehindert aus.

Von Süßdolden und anderem süßen Zierzeug lassen sich Ljúfa und Svarta-Hrönn offensichtlich nicht beeindrucken, sind sie es doch gewohnt, ihre Lämmer hinauf in die Berge zu führen, wo die Vegetation karg, aber herbwürzig ist. Magnús, hat bei seinen vielen Gängen von Fjord zu Fjord (damals führten nur Pfade über die Bergpässe) auch botanische Studien betrieben und 43 verschiedene Kräuter gezählt.

Der mit 43 Jahren verstorbene Skáldið á Þröm hätte sich kaum darum geschert, welches Schaf  heutzutage am Hang herumklettert, wenn nur kein Schurke (illmenni) die Blume des Glücks ausrottet (upprætir hamingjublóms). Doch wo wächst sie?

„Wer sie entdeckt“, schreibt Halldór Laxness in der oft zitierten Passage über die schönste Blume, die an einem verborgenen Ort lebt, „für den gibt es keine andere Blume mehr. Den ganzen Tag denkt man an sie. Wenn man schläft, träumt man von ihr. Man stirbt mit ihrem Namen auf den Lippen.“ (Weltlicht IV, Kap. 22).

02Den Dichterpfaden, die ins blumige Reich der Metaphern führen, folgen Ljúfa und Svarta-Hrönn nicht. Sie träumen allenfalls davon, befreit von Elektrozäunen, Ziergeschwätz und -gewächs 43 namenlose Bergkräuter zu verkosten, die schönsten auf den Lippen zergehen zu lassen und genüsslich wiederzukäuen.

Abra Cadabra

troll-imadeWEB-1Ónytjungur: „Lass uns mit unseren Sprachübungen fortfahren. Oder ist dir die Lust an geheimnisvoll klingendem sinnlosen Geschwätz verloren gegangen, weil du möglicherweise abgehört wirst?“

Tilvera: „Keineswegs. Wie wäre es mit dem Unterschied zwischen Tätigkeitsform und Leideform? Verhält es sich bei diesen Formen doch so, dass die eine Form tätig beschreibe, wodurch ein Subjekt vonnöten, das durch tätige Handlung empfange, demnach untätig.“

Ónytjungur: „Es ist offensichtlich, dass für jede tätige Handlung ein Empfänger notwendig. Wie verhält es sich mit dem Gegenteil von tätig, mit untätig? Ist unterlassen nicht auch tätig, demnach handeln?“

Tilvera: „Auch unterlassen ist tätig. Tun und Unterlassen sind nur Mittel.“

Ónytjungur: „Wie verhält es sich bei reden und schweigen?“

Tilvera: „Auch reden und schweigen sind nur Mittel.“

Ónytjungur: „Worum-willen?“

Tilvera: „Einer Absicht folgend, einem Zweck dienend, um ein Ziel zu erreichen.“

Ónytjungur: „Und wo keine Absicht vorhanden? Ich frage nur, denn ich bin kein Scholastiker. Nicht von so genannten höherem Bildungswesen geprägt.“

Tilvera: „Jede Handlung wirkt sich auf den Handelnden unmittelbar selbst aus, sei diese nun Tun oder Unterlassen, sei diese mit Absicht, oder ohne diese. Ob einer das nun will, oder nicht will. Was soll deine Frage?“

Ónytjungur: „Es heißt, Handlungen würden sich aus drei Wirklichkeiten zusammensetzen, aus Mittel und Zweck, und einer Beziehung zwischen beiden solcher Art, dass diese Aussagen bereitstelle, ob das Mittel der Handlung dem Zweck entspreche oder nicht.“

Tilvera: „Ich verstehe immer noch nicht.“

Ónytjungur: „Wenn es so ist, dass Handlungen, also tun und unterlassen, nur dann Handlungen sind, wenn diese sich aus den genannten Wirklichkeiten zusammensetzten, wäre angesichts des Zustandes, in dem sich die Welt im Augenblick uns beiden zeigt, nicht danach zu fragen, welche Zwecke da eigentlich verfolgt wurden? Ich meine, bezogen auf reden und schweigen.“

Tilvera: „Die durch das Mittel reden und schweigen verfolgten Zwecke gehorchen den zugrunde liegenden Absichten.“

Ónytjungur: „Demnach beruht der Zustand, in dem sich die Welt im Augenblick uns beiden zeigt, allein auf Absicht. Wessen Absicht? Denn Absicht erfordere notwendig wenigstens einen, der Träger der Idee. Geht doch Idee jeder Absicht voraus, da Absicht ohne Idee nicht möglich.“

Tilvera: „Demnach fragst du nach den Ideen, die zu jenem Zustand führten, in dem sich die Welt im Augenblick uns beiden zeigt.“

Ónytjungur: „So ist es. Die durch das Mittel reden und schweigen verfolgten Ideen.“

Tilvera: „Wolltest du nicht über den Unterschied von Tätigkeitsform und Leideform sprechen?“

Ónytjungur: „So ist es. Diese Formen beziehen sich allerdings auf Sprache, demnach auf reden und schreiben, nicht jedoch auf schweigen. Nun gibt es neben Ideen auch noch Gedanken, und nicht jeder Gedanke ist Idee, es ist noch nicht einmal geklärt, ob Gedanken in Sprache stattfinden oder nicht. Oder ist dir die Frage unbekannt: Hast du den Gedanken, ehe du den Ausdruck hattest?“ Was könnte geantwortet werden? Und was auf die Frage: Worin bestand der Gedanke, wie er vor dem Ausdruck vorhanden war?“

Tilvera: „Erfolgten Gedanken in einer Sprache, wäre kein Aufwand erforderlich, das Erhaltene in adäquate Sätze zu quetschen. Wie wir beide wissen, ist es jedoch …“

Ónytjungur: „Und redete ich dann das in Sätze einer Sprache gequetschte, ist es dann so, dass ich erschaffen werde während ich rede, oder so, dass ich schaffe, während ich rede? Ich frage nur, denn das eine wäre ja die Leideform, das andere die Tätigkeitsform.

Tilvera: „Sowohl das eine, wie auch das andere.“

Ónytjungur: „Soso. Was konntest du feststellen auf deinen Reisen? Ich meine, in Bezug auf Sätze, die auf solche Art und Weise einer Öffentlichkeit zugänglich gemacht?“

Tilvera: „Ich stellte fest, dass in den letzten tausend Jahren auf diese Weise Texte in solchem Umfang entstanden, dass bei genauer Betrachtung dieser Entwicklung in Summe ein exponentieller Verlauf zu konstatieren ist.“

Ónytjungur: „Wenn es so ist, dass Texte die Eigenschaft besitzen, Wissen herzustellen, so frage ich mich, wie es dann dazu komme, dass sich nach solch exponentiellem Verlauf aneinandergereihter Sätze, Texte, Bücher, die einer Öffentlichkeit zugänglich gemacht, sich die Welt in dem Zustand befinde, in dem sie im Augenblick ist.“

Tilvera: „Es verhält sich so, dass schon während noch Satz an Satz zu reihen, diese zu Text verwebend, ungezählte Unterlassungen und deren Gegenteil geschehen, die noch unvollständigen Sätze den Fakten daher nur hinterher eilen, ohne diese jedoch jemals einholen zu können. Ziehen solche Texte dann auch noch bereits vorhandene Texte aus der Vergessenheit in die Erinnerung, im Glauben, darüber etwas am gegenwärtigen Zustand ändern zu können, so übersieht diese Handhabung die faktische Mitteilung, dass diese Texte vergessen wurden, da ihnen keine Beachtung in hinreichendem Maße zuteil wurde, und es einer gewissen Naivität bedarf, anzunehmen, dies werde sich nun anders verhalten.“

Ónytjungur: „Wie verhält es sich mit den Gegenständen, die auf solche Art und Weise einer Öffentlichkeit zugänglich gemacht?“

Tilvera: „War vor Entwicklung der Medien wie Zeitung, Buch, Radio, TV und Internet die umgebende Welt für den darin sich Aufhaltenden noch nachvollziehbar, zeigt diese sich nun komplex. Wo vordem nur Wissen über unmittelbar umgebende Welt, trat die gesamte Welt, bzw. das, worüber Informationen – in welcher Form und zu welchem Zweck auch immer – her- und bereitgestellt. Mit dem Ergebnis, dass die gesamte Welt als eine solche aufgefasst, die durch solch selektierten Informationen beschrieben, damit als bereits vollumfänglich bzw. wenigstens hinreichend von breiter Masse beurteilt und angesehen.“

Ónytjungur: „Wird darüber nicht ein Irrtum herstellt, mit fatalen Folgen? Werden doch darüber Vorstellungswelten generiert, die einzig das Beschriebene als das Gegebene auffassen, und das Nichtbeschriebene als Nichtgegebenes, somit als irrelevant vernachlässigen, da es nicht beschrieben, auf welche Art und Weise auch immer.“

Tivera: „Das Problem ist, dass bei dieser Gattung in der Masse stets nur jener Gockel gehört wird, der am lautesten kräht.“

Ónytjungur: „Wäre dann nicht zu sagen, dass vordem aus unmittelbar umgebender Welt, die nur aus jenem sich zusammensetzte, was die jeweils unmittelbar umgebende Welt abwarf, sich hinreichender Sinn für jene ergab, die sich darin aufhielten? Wogegen der Sinn, den nun die Völker draußen in der großen Welt mit ihrem ganzen internationalen Denken im Bildungskoffer herstellen, sich einem nicht erschließe, es sei denn, einer gehe davon aus, so etwas erfülle bereits an sich einen Sinn, oder führe zu einem?“

Tivera: „Du vergisst, dass diese Entwicklung dazu führte, dass nun jeder ein Selfie machen kann, was vorher nicht möglich war. Was zur Vermehrung des Glücksgefühls beitrug.“

Begriff-Essentielles-Wesen-VergleichÓnytjungur: „Und wie geht es jenen, die deren Ansicht nach durch das Nichtbeschriebene hinreichend umrissen, und nun mit dem Modalverb soll bearbeitet? Ich meine jene, die auf solche Art und Weise selektierter Informationen von breiter Masse nicht erfasst, also die Nichtbeschriebenen? Wären diese dann nicht das Opfer jener Beweggründe, die dazu führten, dass eben diese Informationen aus der Vielfalt der Informationen entnommen, und nicht die sonst noch vorhandenen?“

Tivera: „Was nicht beschrieben, ist irrelevant, sonst wäre es ja beschrieben.“

Ónytjungur: „Und was wäre gewonnen, würden auch diese sich beschreiben? Ich frage nur, da du feststelltest, dass die Texte, die einer Öffentlichkeit zugänglich gemacht, bereits einen solchen Umfang angenommen, dass bei genauer Betrachtung dieser Entwicklung in Summe ein exponentieller Verlauf zu konstatieren war.“

Tivera: „Nun, es wäre wenigstens geäußert. Vielleicht ließe sich darüber ein spezieller Dachschaden reparieren, von dem immer mehr Angehörige dieser Gattung befallen.“

Ónytjungur: „Von welchem Dachschaden redest du?“

Tivera: „Stell dir eine Promenadenmischung vor. Was würdest du sagen, wenn eine Promenadenmischung auf die Idee käme, sie sei eine ganz besondere Sorte, und gar keine Promenadenmischung, daher erhaltenswert wäre, sich abgrenzen müsse, koste es auch was es wolle, da sie keine Promenadenmischung werden wolle.“

Ónytjungur: „Dass diese Kreatur an einem erheblichen Dachschaden leidet. Was war die Promenadenmischung denn vorher, als sie noch keine Promenadenmischung war. Diese Kreatur hat vergessen, dass sie vorher nichts anderes war, als sie heute ist: ein Hund.“

Tivera: „Nun wäre anzumerken, dass ich nicht von der Gattung Hund spreche, sondern von einer anderen Gattung. Es leiden dort auch bei weitem noch nicht alle an solch einem Wahn, obschon festzustellen ist, dass der Anteil der davon Befallenen merklich zugenommen hat. Es ist davon zu hören, dass speziell solche davon befallen, die vor vielen Jahren aus Afrika einwanderten, die Wissenschaft hat da sieben Mütter ermittelt, und sich in Folge nun etwas darauf einbilden, etwas Besonderes zu sein, da sie mangels ausreichender Sonne mit der Zeit Farbstoffe verloren haben.“

Ónytjungur: „Nun, es reagieren nicht alle gleich auf mangelnde Sonnenbestrahlung der Haut. Vielleicht sollten die Befallenen mehr Fettfische essen. Hier essen sie Fettfische, wie du weißt, und mir ist hier noch keiner begegnet, der vom Wahn befallen wurde, er sei eine ganz besondere Sorte, und keine Promenadenmischung, er sich daher abgrenzen müsse, um keine Promenadenmischung zu werden, da er vergessen hat, dass er schon längst eine ist.“

Einsicht-und-Sinn
“Sinn” und “Einsicht”

Tivera: „Und gäbe es hier einen solchen Trottel, so scheiterte er an der Tatsache, dass ihm hier das Vokabular nur „við“ anböte, also nur ein wir beide, was nur bei einem Dialog sinnvoll, und für obskure kollektive Vereinnahmung zum Zwecke kollektiver Ausgrenzung völlig untauglich.“

Ónytjungur: „Was sinnvoll ist. Denn nur in diesem Rahmen gilt, dass einer sowohl erschaffen wird, während er redet, als auch schafft, während er redet. Alles andere beschleunigt ja nur den exponentiellen Verlauf von Texten, die einer Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Haben die dort keine Dichter, so wie bei uns hier? Ich habe davon gehört, dass sich die Kreaturen, von denen du sprachst, sich nun auch noch für gebildet halten, nur weil ihnen irgendeiner bestätigte, sie hätten studiert, und sich daher nun für Real-Philosophen halten, als Gegensatz zu Abstraktions-Philosophen.“

Tivera: „Übersehen solche nicht, dass im Falle, sie sagen, es gebe eine theoretische und eine reale Philosophie, es nur so ist, als hätten sie gesagt, Philosophie ist das, was ich unter Philosophie verstehe, und nichts anderes?

Bothius-Übersetzung-Essenz-und-SubstratÓnytjungur: „Du weißt ja: Aus einem Buch kann kein Philosoph herausschauen, wenn ein Affe hineinschaut. Womit zu sagen wäre: Angenommen, dass alles, was wir beide bisher gesagt haben, nicht davon überzeugt, ein logischer Beweis zu sein, dann ist es nur fair zu sagen, dass die Frage eine ist, in der wir uns einig darin sind, uns unterscheiden zu müssen.“

Tivera: „Du bist aber heute wieder sehr unhöflich.“

Ónytjungur: „Der Unterschied zwischen höflichen und freundlichen Wesen ist, dass freundliche Wesen niemals höflich sind, und höfliche Wesen niemals freundlich.“

Tivera: „Denn sind sie freundlich, brauchen sie nicht höflich sein, und sind sie unfreundlich, beinhaltet höflich ohnehin nur eine faustdicke Lüge.“

Ónytjungur: „Sie soll Zeichen für Respekt und Anstand sein, so ist zu lesen.“