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Ins Gerede geraten

troll-imadeWEB-1Ónytjungur: „Sag mir, Kommunikationsfreund, zähltest du all jene Sätze zusammen, die du in deinem Leben jemals gehört hattest, wie viele davon wären solche, auf die du bis zu jenem Augenblick vergeblich hofftest, und wie viele waren solche nicht?“

Tilvera: „Nun, es waren wenige von der ersten Sorte, und die zweite Sorte zu zählen wäre etwas zu viel verlangt.“

Ónytjungur: „Was vermutest du, ergeht es nur dir so, oder auch allen anderen?“

Tilvera: „Ein Mensch kann nur über sich selbst reden, bei anderen ist er auf Vermutungen angewiesen. Ich vermute, dass es jedem Menschen so ergehe.“

Ónytjungur: „Erkläre mir dann, wozu die Menschen dann so viel reden.“

Tilvera: „In all diesen Kontexten ist entscheidend, was von wem gesagt werde.“

Ónytjungur: „Ist es nicht so, dass sich besser vor Leuten zu hüten wäre, die einem Fragen stellten, zu denen sie sich bereits eine Meinung gebildet haben, die sie demnach bloß bestätigt haben möchten? Oder mittels derer sie einem unbewusst Ablehnung entlocken wollen, um damit ihre eigene Überzeugung zu stützen?“

Tilvera: „Der Mensch ist des Menschen Lust, so wird erzählt.“

Ónytjungur: „Auch wenn die Verbindung mit solchen Menschen fruchtlos?“

Tilvera: „Nun, der eine sucht Bestätigung, ein anderer Anerkennung, ein weiterer erstrebt Nützlichkeit …“

Ónytjungur: „Und wenn keine Bestätigung angestrebt, Anerkennung nicht nachgefragt, da ohnehin nur von falscher Seite gezollt, und wenn auf Nutzen nur noch erkannt, sofern dieser entweder unentgeltlich erhältlich oder billig, oder in Form einer eingeforderten Bestätigung oder Abweisung, die zu gewähren wäre? Ist es dann nicht so, dass sich einem dann solches Sein zeige, welches übrig bliebe? Welcher Art wäre dann ein solches?“

Tilvera: „Da bin ich überfragt, denn mir ist solches Sein unbekannt. Zudem ist deine Frage rein theoretischer Natur.“

Ónytjungur: „Zeige mir einen Menschen, der der Worte voll ist, und ich zeige dir einen Träumer. Zeige mir einen Menschen, der stumm bleibt, und ich zeige dir einen Krüppel, der bereits mehr gehört als ihm zuträglich.“

Tilvera: „Was sein Gutes hat. Denn so möglich es auch sein mag, einen Satz herausarbeiten zu können, der geeignet wäre, die eine oder andere vorhandene Grausamkeit abzustellen, so sicher ist es auch, dass der Verfasser von Glück reden könne, wenn der Satz überhört oder abgelehnt werde. Bleibt ihm dieses Glück versagt, geriete der Satz nur in solche Hände, die ihn erfolgreich für niedrige Beweggründe zu nutzen wissen, ihn hierfür missbrauchen, ihn zur Befriedigung eigener Bedürfnisse zweckentfremden, unter dem Vorwand, ihn erfüllen zu wollen. Solche Sätze erleiden entweder das eine oder das andere Schicksal.“

Ónytjungur: „Was erklärte, dass die Anzahl jener, die sich bei ihrem Vorhaben auf eine hinlänglich bekannte Person berufen, immer erst dann exponentiell anschwillt, wenn die betreffende Person sich zu diesem Gebaren nicht mehr äußern könne.”

Tilvera: „Es macht Sinn, zu lesen, was jene einst selbst aussagten, so dieses überhaupt möglich.“

Ónytjungur: „In aller Regel führt dies dazu, dass dabei festgestellt werde, dass sich nur deshalb gerne auf jene Person berufen wird, damit verschleiert, dass deren einstiger Wille konterkariert werden solle. Ist da nicht in einem Selbstgespräch mehr Nutzen auffindbar?“

Tilvera: „Gibt es unverfängliche Formen des Selbstgespräches?“

Ónytjungur: „War ein Gedicht oder eine Erzählung jemals etwas anderes als das Resultat eines ausgiebigen Selbstgesprächs? Es entstehen dabei zum Beispiel solche Sätze: Während ich von einem langen Gedicht geschrieben werde. Ist es nicht so, dass so mancher Mensch von einem langen Gedicht geschrieben werde, allerdings noch keiner auf die Idee kam, es ihm mitzuteilen?“

Tilvera: „Ich bin kein Dichter. Was Voraussetzung wäre, um deine Frage beantworten zu können. Außerdem gibt es sicherlich auch noch andere sinnvolle Beweggründe, um nicht ins Selbstgespräch fallen zu müssen.“

Ónytjungur: „Als da wären?“

Tilvera: „Nun, es könnte zum Beispiel sein, dass das Gewissen einen hierzu dränge, der innere Gerichtshof. Erzwungen von der Pflicht des Menschen gegen sich selbst, als dem angeborenen Richter über sich selbst.“

Ónytjungur: „Du überrascht mich. Du bist der Ansicht, dem Menschen sei ein Richter über sich selbst angeboren, der ihn zu einer Pflicht gegen sich selbst zwinge?“

Tilvera: „Um dies zu verstehen, müsstest du erst verstehen, was Philosophie ist.“

Ónytjungur: „Nun, du sagtest, dass du kein Dichter bist, und es ist Aufrichtigkeit mit Aufrichtigkeit zu vergelten. Ich muss dir daher eingestehen, dass ich weder Dichter noch Philosoph bin.“

Tilvera: „Ist dir kein Richter über dich selbst angeboren, der dich zu einer Pflicht gegen dich selbst zwinge?“

Ónytjungur: „Woher sollte ich das wissen? Verhält es sich nicht so, dass „Natur“ durch das Wort „Gewissen“ ersetzt wurde, es demnach kein Naturrecht gebe, nicht natürliches und unnatürliches Sein, sondern nur gewissenhaftes und gewissenloses?“

Tilvera: „Dem Naturrecht waren Grenzen aufzuzeigen.“

Ónytjungur: „Nun, das erklärte, dass bei all vorhandener neu entstandener Gewissenhaftigkeit der Gewissenloseste der erfolgreichste ist.“

Tilvera: „Es wird behauptet, im modernen Gewissensbegriff sei die Individualität und Nichtübereinstimmung normativer Entwürfe institutionalisiert worden, dabei wären jene Mechanismen außen vor geblieben, die für soziale Anpassung sorgten.“

Ónytjungur: „Und was ist soziale Anpassung?“

Tilvera: „Unter sozialer Anpassung wird die Einordnung des Individuums in die Rollenstrukturen und das Normengefüge der Gesellschaft und gesellschaftlicher Gruppen verstanden.“

Ónytjungur: „Und was habe ich mir unter Rollenstrukturen und Normengefüge der Gesellschaft vorzustellen?“

Tilvera: „Zum Beispiel, dass du dich heute dem technikzentrierten Leitbild unterwerfen …“

Ónytjungur: „Und was wird durch ein technikzentriertes Leitbild ermöglicht?“

Tilvera: „Engineering.“

Ónytjungur: „Und was ist Engineering?“

Tilvera: „Die Anwendung von Ingenieurslogik.“

Ónytjungur: „Wurde beim ersten bemannten Flug ins All von den Amerikanern nicht ein Stift entwickelt, der auch in der Schwerelosigkeit nicht auslaufen konnte? Die Entwicklung soll sage und schreibe eine Million Dollar verschlungen haben.“

Tilvera:Intelligenz ist nun mal nicht billig.“

Ónytjungur: „Und war nicht davon zu lesen, dass andere das Problem mit einem Bleistift lösten? Wie viel kostet ein Bleistift?“