Schlagwort-Archive: Absicht

Für das Fremdwort „Absicht“ gibt es im Isländischen keine Entsprechung, es wird daher über drei Wörter abgebildet:

tilgangur: Zweck
ásetningur: Beschluss, Vorhaben, Vorsatz
áform: Plan, Beweggrund. Motiv

Das Wort “Zweck” wird abgebildet über die Wörter

augnamið: Zielvorgabe
markmið: Gebrauch, Verwendungszweck

Begriffsstutzig

troll-imadeWEB-1Tilvera: Es wird gesagt, Begriffe beruhten auf Übereinkunft, und ihre Bedeutung ergebe sich aus ihrem Gebrauch.“

Ónytjungur: „Du willst mir also erzählen, dass im Falle, Diebe kommen darin überein, das Fahrrad sei kein Diebesgut, sondern nur eine Ausleihung auf unbestimmte Zeit, dann …

Tilvera:Bist du heute von Begriffsstutzigkeit geplagt?

Ónytjungur: „Falls ja, dann mag das vielleicht daran liegen, dass mich die festgestellten Veränderungen im Gebrauch der Begriffe stutzig gemacht haben. Denn ich finde keine Übereinkunft mehr, keine einzige.“

Tilvera: „Als da wären? Ich meine die Veränderungen im Gebrauch der Begriffe.

Ónytjungur: „Wo soll ich anfangen, angesichts der großen Zahl an Veränderungen? Ich frage nur, denn das könnte dann etwas dauern.“

Tilvera: „Dann nimm das Unveränderte, also jene Begriffe, die auf Übereinkunft beruhen. Das müsste bei der großen Zahl an Veränderungen, und jener Begriffe, zu denen keine Übereinkunft besteht, ja kürzer werden.“  

Ónytjungur: „Als da wären?

Tilvera: „Wie wäre es zum Beispiel mit den Begriffen Absicht und Zweck. Nur um ein Beispiel zu nennen.

Ónytjungur: „Bist du heute von Begriffsstutzigkeit geplagt?

Tilvera: „Keineswegs. Bei beiden Begriffen herrscht Übereinkunft, sowohl was die Begriffe bedeuten, als auch deren Gebrauch.“

Ónytjungur: „Soso. Ich hörte aber davon, dass nun Absicht für Zweck ausgegeben, und wo Zweck vorhanden, dieser entweder auf Absicht oder auf Zufall beruhe.

Tilvera: „Es kann nicht anders sein.“

Ónytjungur: „Wie verhält es sich dann bei einem Neutron eines Uran-235-Atomkerns, und einer Person, die das Neutron aus dem Atomkern herausschießt? Das Neutron eines Uran-235-Atomkerns erfüllt nur einen bestimmten Zweck, es wäre sonst nicht an dieser Stelle, und wie wir wissen, das auch noch sehr erfolgreich, die Person hingegen verfolgt eine bestimmte Absicht. Beruht die Anwesenheit dieses Neutron nun auf Zufall, oder auf Notwendigkeit?”

Tilvera: „Wäre es nicht dort, wo es sich aufhältdann wäre schon längst geschehen, was geschehen wird, wenn die Absicht der Person in die Tat umgesetzt. Dann wäre aber auch nicht möglich, dass wir beide hier nun sitzen,  und du könntest auch nicht deine Begriffsstutzigkeit offenbaren.”

Ónytjungur: „Es ist auch davon zu lesen, die Gestalt der menschlichen Hand, die Anzahl ihrer Finger und deren Maße seien entweder aus Zufall oder aus Notwendigkeit so, wie sie sind.“

Tilvera: „Du schweifst ab. Es geht um Absicht und Zweck.“

Ónytjungur: „So ist es. Die Aussage über die menschliche Hand ist mittlerweile auch bereits 800 Jahre alt. Verhält es sich deiner Ansicht nach so, dass die Aufgabe der menschlichen Hand das Ergreifen ist, auch das Erfassen verschiedener Gegenstände, oder für die Angemessenheit, Werkzeuge zu halten?

Tilvera: „Deine Flucht in Trivialitäten macht deine Abschweifung nicht besser.“

Ónytjungur: „Das mag sein. Die Frage wäre doch, ob alles, was die menschliche Hand kann, was ja vom Wortsinne her Möglichkeit voraussetze – und ich hoffe, wir beide können wenigstens diesbezüglich auf eine Übereinkunft zurückgreifen -, auf deren Gestalt, der Anzahl ihrer Einzelteile und deren Maße beruhe – und ich hoffe, wir beide können auch hier auf eine Übereinkunft zurückgreifen -, …

Tilvera: „In beiden Fällen genehmigt.“

Ónytjungur: „ … und ob dies nun alles auf Zufall zurückzuführen wäre, oder auf Notwendigkeit.“

Tilvera: „Was hat das mit den Begriffen Absicht und Zweck zu tun? Willst du deine Abschweifung nicht langsam einstellen?

Ónytjungur: „Immer der Reihe nach. Vergiss nicht, wir beide bewegen uns im Augenblick auf der Ebene der Sprache, sind demnach dem Vokabular, der Grammatik, der Syntax und der Semantik dieser Sprache unterworfen. Da ist notwendig, diese einzuhalten, es sei denn, einer wolle nicht verstanden werden. Dann stellte sich jedoch die Frage, wozu er dann die Stille durch Geräusche störe, oder das Sichtbare durch Geschreibsel.

Tilvera: „Und?

Ónytjungur: „Wenn es also so ist, dass die menschliche Hand so ist wie beschrieben, und damit die Aufgabe erfülle, Dinge zu ergreifen, verschiedene Gegenstände zu erfassen, oder angemessen Werkzeuge zu halten, ist es dann nicht so, dass sie ihren Zweck erfülle, und dies nur darauf zurückzuführen ist, dass sie so ist, wie sie ist?

Tilvera: „Wäre sie anders, zum Beispiel so, dass es die Daumen nicht gäbe, sie erfüllte nicht …

Ónytjungur: „Willst du mir  gerade erzählen, dass zur Erfüllung der beschriebenen Aufgaben die menschliche Hand notwendig sei so wie sie ist?

Tilvera: „Sie wäre sonst für die Erfüllung der beschriebenen Aufgaben nicht so brauchbar, also für solche Zwecke.“

Ónytjungur: „Und aus welchem Grund kommt dann einer auf die Idee, es beruhe nur auf Zufall, dass die Hand so ist wie sie ist? Denn beruhe sie auf Zufall, dann würde es keinen Unterschied machen, ob den Menschen die Hand eigentümlich ist oder etwa Hufe oder irgendwelche anderen Körperteile, die den verschiedenen Tieren eigentümlich sind. Denn der Zufall benötigt keinen Grund, und benötige er einen, so wäre er nicht Zufall. Ist es nun die Aufgabe, also der Zweck, welche die menschliche Hand so formte wie sie ist, oder der Zufall? Denn der Zufall hätte auch zu einem Huf führen können.

Tilvera: „Die Form könnte auf Versuch und Irrtum beruhen.“

Ónytjungur: „Ein Huf wäre aber kein Irrtum, wie die Pferde belegen. Kein Zweifel möglich, es schätzt der Mensch die Logik; so sie nicht mit einer Idee kollidiere. Womit du auch noch unweigerlich bei der Absicht angekommen.“

Tilvera: „Ich bin nur bei Versuch und Irrtum angekommen.“

Ónytjungur: „Setzt Versuch nicht Absicht voraus? Beschreibt der Begriff Versuch doch, dass da etwas sei, was nicht so hingenommen, und daher zu probieren sei, wie probiert werde, einen anderen Zustand herzustellen, statt sich damit abzufinden. Setzt probieren nicht Absicht voraus? Ist doch etwas, was nicht so hingenommen werde, und daher ein anderer Zustand herbeigeführt werden solle, ein Beweggrund. Oder herrscht auch bei dem Begriff Beweggrund mittlerweile keine Übereinkunft mehr, und dessen Bedeutung ergebe sich nur nun aus seinem Gebrauch?“   

Tilvera: „Dann sage, es sei ein Motiv.“

Ónytjungur: „Wie auch immer. Vom logischen Standpunkt aus betrachtet würde es stets darauf hinauslaufen, dass der Zufall eine Absicht verfolgen müsse, also einen Beweggrund habe, du kannst es auch gerne Motiv nennen. Dumm nur, dass probieren dann nicht auf Zufall beruhe, da Beweggrund vorhanden, daher Zufall sich nur für einen solchen ausgebe.“

Tilvera: „Du sprichst in Rätseln.“

Ónytjungur: „Beweggrund ist eine Schranke, und ich hoffe, dass dazu wenigstens noch eine Übereinkunft existiere. Wenn alles Zufall ist, dann kann es auch keine Notwendigkeit geben, schließt doch das eine das andere aus. Da bei Notwendigkeit noch Möglichkeiten existierten, die nicht Notwendigkeit, da Notwendigkeit ja genau nur eine der Möglichkeiten, so wie auch Unmöglichkeiten existierten, so sind es die Unmöglichkeiten, die den Möglichkeiten – damit auch der Notwendigkeit – Schranken setzen, denn sonst ergäben alle drei Begriffe keinen Sinn. Dem Zufall hingegen können keine Schranken gesetzt sein, denn gäbe es da auch nur eine einzige, so wäre Zufall auch nicht mehr Zufall.“

Tilvera: „Na, dann bleibt mir wenigstens erspart, Zufall zu sein. Denn mir sind eine Fülle von Schranken gesetzt.“

Ónytjungur: „Nun verhält es sich aber auch noch so, dass Absicht eine Entscheidung voraussetze, und Entscheidung vorhandene Alternativen, denn wo keine Alternative, ist auch nichts zu entscheiden, und wo keine Entscheidung möglich, ist auch keine Absicht möglich. Wird probiert, so müssen zwar Alternativen gegeben sein, also mindestens zwei, allerdings ist bei probieren keine Entscheidung erforderlich, welche der Alternativen jetzt versucht, welche nicht, und welche später. Dabei wird aber übersehen, dass davor eine Entscheidung erfolgt sein muss, denn …

Tilvera: „… dies ergibt sich daraus, dass da etwas war, was nicht so hingenommen, und daher probiert wurde, einen anderen Zustand herzustellen, statt sich damit abzufinden, was einen Beweggrund konstituiere, ich weiß. Du weißt, was ein Korinthenkacker ist?

Ónytjungur: „Wer sagt, dass ich rechthaben möchte? Das genaue Gegenteil ist der Fall, ich bin nur ein Opfer meiner eigenen Begriffsstutzigkeit.“

Tilvera: „ Na, dann.

Ónytjungur: „Absicht setzt zudem vorhandenes Interesse voraus. Es sei denn, es wäre möglich, dass eine Absicht hinsichtlich etwas verfolgt werde, an dem gar kein Interesse bestehe. Das wäre aber meines Erachtens ein sehr merkwürdiges Gebaren. Führte es doch dazu, dass Zufall auch noch ein Interesse habe. Schon erstaunlich, welche Eigenschaften Zufall aufweist. Wenn also Absicht eine Entscheidung voraussetze, Entscheidung wiederum alternative Angebote voraussetze, so ist zu sagen, dass Zweck im Gegensatz hierzu weder alternative Angebote noch Entscheidung erfordere. Er ist einfach erfüllt, oder eben nicht. Können wir beide dahingehend zu einer Übereinkunft kommen?

Tilvera: „Meinetwegen. Falls sie dazu geeignet, die Angelegenheit zu verkürzen. Bist du nun mit deinen persönlichen Erkenntnissen über Wirklichkeit und Wahrheit fertig?

Ónytjungur: „Es gibt solche, die aussagen, Erkenntnis von Wirklichkeit und Wahrheit sei nicht möglich, und solche, die aussagen, sie verfügten über Erkenntnis von Wirklichkeit und Wahrheit. Beide Aussagen sind von gleicher Qualität. Denn die einen können es nicht wissen, und die anderen sich nur irren.“

Am Schwarzen Raucher

troll-imadeWEB-1Ónytjungur: „Ist die Annahme Unsinn, dass sich Lebendes von Lebendem ernähre?“

Tilvera: „Es stellte sich die Frage, was Lebendes sei, und was nicht.“

Ónytjungur: „Sagen wir, die Fähigkeit, sich selbst zu erhalten und zu reproduzieren.“

Tilvera: „Demnach Bakterien, Archaeen, Pilze, Pflanzen, Tiere und Menschen. Womit wir bei anorganischer und organischer Chemie angelangt …““

Ónytjungur: „… und im weiteren Verlauf bei Individuen, denen allen gemein ist, dass sie voneinander unterscheidbaren Wesen angehören, zu jedem Wesen mehr als ein Individuum existiert, allesamt das Vermögen aufweisen, sich reproduzieren zu können, wobei mit Reproduktion das Wesen gemeint, und nicht das Individuum.“

Tilvera: „Falls du unter Wesen nichts anderes als Gattung verstehst. Wobei anzumerken wäre, dass das konkrete Individuum etwas ist, und sein Wesen etwas anderes.“

Ónytjungur: „Wir beide sitzen im Augenblick vor dem Geburtskanal alles Lebendigen.“

Tilvera: „Da ist nur das Meer, und nichts weiter.“

Unbenannt-28
Weißer Raucher

Ónytjungur: „Du vergisst, dass du hier am Rand einer tektonischen Platte sitzt, vor dir der Mittelatlantische Rücken liegt, und dort unten Schwarze Raucher zugange sind.“

Tilvera: „Demnach beim Verursacher einer Wirklichkeit dergestalt, in welcher das konkrete Individuum etwas ist, und sein Wesen etwas anderes.“

Ónytjungur: Es also sinnvoll wäre zu sagen, dass zwei Absichten vorliegen müssten, und dass in beiden Absichten entweder zwei verschiedene Vermögen erfasst sind, wobei jede der beiden für sich zu erfassen wäre, oder aber mit einem einzigen Vermögen, dann jedoch in zwei verschiedenen Zuständen.

Tilvera: „Nun wirst du kryptisch. Was ist Absicht? Was hat dies alles mit der Fähigkeit der Menschen zu tun, ihre Gedanken auf etwas richten zu können?“

Ónytjungur: „Ich kann mich nicht erinnern, von Menschen gesprochen zu haben. Dein Problem ist, dass du bei dem Wort Absicht annimmst, über den Bezeichner wäre die Fähigkeit des Menschen bezeichnet, seine Gedanken auf etwas richten zu können, und daraus schließt, es müsse sich demnach um Vorhaben, Vorsatz, Plan oder Beweggrund handeln.“

Tilvera: „Nun, das Wort Absicht benennt, dass nach etwas gestrebt werde, das Gerichtetsein auf etwas, demnach Vorhaben, Vorsatz, Plan oder Beweggrund.“

Ónytjungur: „Du übersiehst, dass es genauere Wörter als intendere geben könnte.“

Tilvera: „Als da wären?“

Ónytjungur: „Wie wäre es mit tilgangur, im Sinne von Zweck? Denn wenn ich Absicht sage, meine ich keineswegs ásetningur im Sinne von Beschluss, Vorsatz und Vorhaben, auch nicht áform im Sinne von Plan, Beweggrund und Motiv.“

Tilvera: „Nun wirst du aber pingelig.

Ónytjungur: „Wie du willst. Es kann aber durchaus sein, dass es triftige Gründe dafür gebe, diese sechs Wörter nicht in einen Topf werfen zu wollen, und dann solange umzurühren, bis daraus ein Brei entstehe, der dann als intendere aufgetischt. Wie dem auch sei, ich meine Absicht ausschließlich im Sinne von Zweck, und nicht darüber hinaus. Und wenn ich Zweck sage, dann nicht im Sinne von finis, da dies ja wieder der Beweggrund für eine zielgerichtete Tätigkeit. Mehr im Sinne von markmið, also vom Gebrauch oder Verwendungszweck her betrachtet, und nicht von augnamið her, was eine Zielvorgabe bezeichne.“

Tilvera: „Nun gut, einigen wir uns darauf, dass immer dann, wenn du Absicht sagst, du nur Zweck im Sinne von Gebrauch und Verwendungszweck meinst, und nichts darüber hinausgehendes. Und weiter?“

Ónytjungur: „Bekanntlich lassen sich ja Prozesse in zwei Richtungen betrachten. Die eine verfolgt die Richtung vom Beschluss her bis zum Erreichen des beabsichtigten Ziels, thematisiert daher diese Form der Bewegung, die andere verfolgt die Richtung vom Ergebnis ausgehend zurück zu dessen Ausgangspunkt. Die Frage ist, zu welchen Erkenntnissen kommen beide, und im Falle, diese wären nicht identisch, widersprächen sich vielleicht sogar, welche wäre dann die richtige, und welche die falsche?“

Tilvera: „Und von welchem Ergebnis sprichst du?“

Ónytjungur: „Von dem, das sich uns beiden zeigt, dem Gebrauch und Verwendungszweck. Ist es nicht so, dass es die unterschiedlichsten Wesen gibt?“

Tilvera: „Begnügte ich mich damit, Form mit Inhalt gleichzusetzen, beginge ich dann nicht den logischen Fehler, von Ähnlichkeit auf Gleichheit zu schließen, diese irrtümlich anzunehmen, und bei vorhandenen Abweichungen diese einzufordern?“

Ónytjungur: „Und verhält es sich nicht so, dass sich reproduzierende Wesen von reproduzierenden Wesen ernähren, und ohne reproduzierende Wesen, die als Ernährung dienen würden, es das reproduzierende Wesen, das sich durch diese ernähre, gar nicht geben könnte, niemals gegeben hätte?

Tilvera: „Die Produzenten einmal davon ausgenommen. Es war davon zu lesen, dass Wasser allein auf Dauer nicht genüge.“

Ónytjungur: „Einmal davon ausgehend, das Biotop dort unten im Meer, am Schwarzen Raucher, ist der Ursprung des Lebenden, es gebe uns nicht, und auch sonst nichts Lebendes. Nur dieses Biotop dort unten im Meer am Schwarzen Raucher. Wovon wäre dann auszugehen, damit jenes, was nun ist, auf jenes zurückgeführt werden kann, was dort beginnt?“

Tilvera: „Dass sich irgendwann einmal die Bakterien wohl sich nicht mehr damit begnügt haben, organische Verbindungen aus anorganischen Stoffen aufzubauen, dazu nicht mehr die Oxidation von Schwefelwasserstoff nutzen wollten oder konnten, sich zu voneinander unterscheidbaren Wesen entwickelt haben müssen, in der Art, dass vom Produzenten ausgehend das eine Wesen das andere über Nahrungsnetze ernähre?“

Ónytjungur: „Dazu müssten sie sich aber erst soweit zueinander unterschieden haben, dass das eine Wesen das andere ernähren könne, und dies genau auf eine solche Art und Weise, dass dabei keine Lücken auftreten, denn eine Lücke …“

Tilvera: „… hätte dazu geführt, dass ein Wesen keine Nahrung gefunden hätte, oder ein Wesen nicht als Nahrung für irgendein Wesen tauglich war.“

Ónytjungur: „Im ersten Fall hätten die Voraussetzungen gefehlt, dass dieses Wesen überhaupt entstehe, im zweiten Fall wäre es nur ein Schmarotzer. Alle anderen wären aber einer negativen Rückkoppelung unterworfen. Denn es wird von einer Regel erzählt, der zufolge ein Überangebot an Nahrung zu einer größeren Population führe.“

Tilvera: „Was wiederum einen größeren Bedarf an verfügbarer Nahrung nach sich ziehe. Dies setze sich dann solange fort, bis mit der Zeit immer weniger Nahrung zur Verfügung stehe, da von immer mehr verzehrt, worüber ein Punkt erreicht werde, wo die Dauer, noch Nahrung zu finden, größer ist als die Dauer, die einer ohne Nahrung überlebe.“

Ónytjungur: „Was die Entwicklung der Nahrungssuchenden umkehre, da deren Zahl nun nicht mehr steige, sondern sich reduziere.“

Tilvera: „Was der Nahrung wiederum die Gelegenheit gebe, sich so weit zu erholen, dass deren Population wieder zunehme. Denn es ist davon auszugehen, dass der letzte Nahrungssuchende verendet bevor er die letzte noch vorhandene Nahrung findet.“

Ónytjungur: „Womit zwar nur das Ergebnis beschrieben, das aus diesem Biotop dort unten im Verlauf der Zeit entstehen wird, gesetzt den Fall, es gebe weder dich noch mich, noch sonst irgendetwas Lebendes. Womit aber auch die Absicht beschrieben, im Sinne von markmið, dem Gebrauch und Verwendungszweck, denn das Ende ist bereits in den Anfang gesteckt. Nicht aber geklärt wäre, ob in beiden Verwendungszwecken, da das konkrete Individuum ja etwas ist und sein Wesen etwas anderes, die beiden Verwendungszwecke mit zwei verschiedenen Vermögen zu erfassen sind, wobei jede der beiden für sich zu erfassen wäre, oder aber mit einem einzigen Vermögen, dann jedoch in zwei verschiedenen Zuständen.“

Tilvera: Was aber nur für dich gilt, da du mit dem Intellekt das Wesen und die Form der Sache erfasst, und mit dem Sinn das Individuum jenes Wesens. Zu diesem Unfug neigt bekanntlich nicht jedes Ende der Nahrungskette.“

Ónytjungur: „Nun, dafür ist mir wenigstens aufgefallen, dass das konkrete Individuum etwas ist und sein Wesen etwas anderes. Ist dir eigentlich aufgefallen, dass jenes Ende der Nahrungskette, von dem du vermutlich sprachst, wenigstens in einem Punkt einer Meinung ist, da alle dessen Exemplare ausnahmslos davon ausgehen, die Krönung der Schöpfung zu sein, und dies unabhängig davon, ob sie von einer vorhandenen  Letztbegründung ausgehen oder eine solche in Abrede stellen?“

Tilvera: „Nicht nur das. Es ist mir zudem aufgefallen, dass alle Exemplare dieses Endes der Nahrungskette in diesem Punkt sich einig sind, obschon die einen davon ausgehen, dass dieses Ergebnis durch Zufall entstanden sei, und die anderen vom Vorhandensein einer Determinierung. So gegensätzlich ihre Ansichten auch sein mögen, in dem einen Punkt sind sich seltsamerweise alle Exemplare ausnahmslos einig. Da ist es gut, dass wir beide erfreulicherweise nur Trolle geworden sind, die zu nichts taugen.“

Ónytjungur: „Du vergisst ein altes Lied. Dort wird gesagt

Haltur riður hrossi,
hjörd rekur handarvanur,
daufur vegur og dugir,
blindur et betri
en brenndur sé,
nýtur manngi nás.“ 1)

Tilvera: „Kenne ich. Es überliefert Wissen, erzählt davon, dass der Hinkende reiten könne, der Handlose hüten, und der Taube noch zum Kampf tauge.“

Ónytjungur: „Und dass blind sein besser sei als verbrannt werden, denn der Tote tauge zu nichts.“

1) entnommen aus „Hávamál og Völuspá“, Gísli Sigurðsson, SVART Á HVÍTU, Reykjavik 1986, S. 27